Köln: Eulen verhindern Laternen

Seit elf Jahren streiten sich in Köln Politik und Verwaltung um die Aufstellung von Laternen an einer Laufstrecke. Vorläufiger Höhepunkt der Posse: Eulen und Fledermäuse könnten sich durch die künstlichen Lichter gestört fühlen.

Köln Es ist eine einleuchtende Idee, die der Kölner FDP-Politiker Ulrich Breite als Antrag in den Stadtrat einbringt: An der beliebten Joggingstrecke am Adenauerweiher sollen Laternen aufgestellt werden, damit die Läufer abends nicht weiter im Dunkeln durch den Wald laufen müssen. Das Vorhaben wird genehmigt. Sportler und Spaziergänger freuen sich. Die Politiker klopfen sich gegenseitig auf die Schultern, haben sie doch mit ein paar einfachen Laternen Tausende Kölner glücklich gemacht. Die Beleuchtung soll schnellstmöglich aufgestellt werden. Das ist jetzt elf Jahre her. Die Laternen stehen immer noch nicht. Nun verhindern Eulen und Fledermäuse das Vorhaben. "Wir machen uns lächerlich", sagt Breite.

Mit dem Schulterklopfen war es nach dem Ratsbeschluss schnell vorbei. Es folgten unzählige Ausschusssitzungen und Wortgefechte zwischen Politik und Verwaltung. Besonders Sport- und Umweltamt streiten sich bis heute wie die Kesselflicker. Vorläufiger Höhepunkt der Posse, die selbst für Kölner Verhältnisse ungewöhnlich erscheint, ist ein Einwand der Unteren Landschaftsbehörde. Waldohreule, Waldkauz, Steinkauz und Fledermäuse könnten sich durch die künstlichen Lichter gestört fühlen, erklärt das Amt. Besonders Fledermäuse mieden Bereiche, in denen nachts Laternen stehen. Aber auch für Menschen hätte die nächtliche Beleuchtung schädliche Auswirkungen, was wissenschaftlich dokumentiert sei, heißt es in einem Schreiben der Stadtverwaltung.

Dabei ist es keineswegs geklärt, dass die Tiere überhaupt im Stadtwald leben. Das räumt selbst die Umweltbehörde ein. Waldkauz, Waldohreule und Schleiereule seien dort lediglich zu vermuten. Auch mit dem Steinkauz sei in der Umgebung eher nicht zu rechnen, heißt es beim Umweltamt. Ein neues Gutachten soll endgültige Gewissheit bringen. Dabei kam erst vor zwei Jahren eine Machbarkeitsstudie (13 000 Euro) zu dem Ergebnis: "Der Stadtwald ist geeignet. Alle städtischen Fachämter einschließlich des Denkmal-, Landschafts- und Artenschutzes haben keine Bedenken."

Für FDP-Fraktionsgeschäftsführer Ulrich Breite, der sich nach wie vor für die Beleuchtung einsetzt, ist dieser neue Einwand nur so zu erklären: "Es kann der Landschaftsbehörde nicht ausschließlich um die Tiere gehen. Vielmehr sind die Laternen offenbar nicht mehr gewollt und sollen totgeprüft werden", sagt er. Diesen Riesenaufwand für eine kleine beleuchtete Laufstrecke könne man niemandem erklären. Das verstehe selbst er nicht mehr. "Zumal direkt nebenan das Fußballstadion mit den hellen Flutlichtmasten steht."

Spricht man Dieter Sanden auf das Thema an, fährt der sonst besonnene Leiter des Kölner Sportamts aus der Haut. "Dass die Laternen noch nicht stehen, liegt nicht an uns", blafft er. Die Hauptschuld an der Misere trage das Umweltdezernat, konkret die Untere Landschaftsbehörde. "Es darf nicht sein, dass sie uns ständig Steine in den Weg legen", sagt Sanden, der nicht ausschließen möchte, dass die Stadt die Eulen nur vorschiebt, um die Kosten für die Laternen, geschätzte 250 000 Euro, einsparen zu können.

Denn die Domstadt steckt in arger Finanznot und hatte erst vor kurzem mit einer ungewöhnlichen Idee für Aufsehen gesorgt: Die Stadt wollte von Disco-Besitzern Geld kassieren, weil Warteschlangen vor den Clubs öffentliche Bürgersteige in Anspruch nehmen. Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) griff telefonisch aus dem Urlaub ein und verhinderte den Vorschlag seiner Verwaltung. Im Streit um die Laternen ist ein solches Machtwort von ihm bislang ausgeblieben.

Dabei schienen erst kürzlich alle finanziellen Bedenken aus dem Weg geräumt. 50 000 Euro überwies die Stadt an den Verein Sportstadt Köln, der 2010 mit der Umsetzung des Projekts beauftragt und gleichzeitig verpflichtet wurde, die Streckenbeleuchtung innerhalb von drei Jahren zu errichten. "Wir haben das Vorhaben bewusst auf einen Verein übertragen. Denn Sponsoren sind eher bereit, einen Verein finanziell zu unterstützen als eine Kommune", sagt Sportamtsleiter Sanden.

Der Plan ging auf. Die Sparkasse Köln-Bonn stellte zusätzliche 80 000 Euro zur Verfügung. Auch der örtliche Energieversorger will sich finanziell beteiligen. "Deswegen ist es besonders ärgerlich, dass jetzt die Eulen und Fledermäuse alles auf Eis legen", sagt Sanden.

Das Umweltamt sieht sich der Kritik zu Unrecht ausgesetzt und erklärt, dass man stets darauf hingewiesen habe, dass an der Laufstrecke nachtaktive Tiere leben könnten und das dies überprüft werden müsse. Das Ergebnis der Untersuchung will die Behörde frühestens Ende 2013 bekanntgeben. Erst dann soll wieder über die Laternen entschieden werden – und zwar im Umweltausschuss, dessen Mitgliedern mehrheitlich Nähe zum Umweltamt nachgesagt wird.

(RP)
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