Volle Gotteshäuser Kirchen platzen aus allen Nähten - Heiligabend stellt Gemeinden vor Probleme

Düsseldorf · Sicherheitsleute vor der Tür, Einlass nur mit Ticket: An Weihnachten sind die Kirchen in NRW extrem voll, der Besucherandrang stellt viele Gotteshäuser vor Probleme. Um dem Ansturm Herr zu werden, greifen einige Gemeinden zu ungewöhnlichen Maßnahmen.

 Weihnachtlicher Gottesdienst (in Dormagen, Archiv).

Weihnachtlicher Gottesdienst (in Dormagen, Archiv).

Foto: LH

Ohne sorgfältige Planung wagt sich Uwe Vetter an den Heiligabend nicht heran. Nicht nur, weil er als Pfarrer der evangelischen Johanneskirche in Düsseldorf an diesem Tag besonders gefragt ist. Sondern weil die drei Gottesdienste eine besondere Logistik verlangen. Rund 1200 Menschen passen in die Kirche, und die kommen an Heiligabend schnell zusammen. So schnell, dass die Gemeinde eigens einen Sicherheitsdienst engagiert hat, um den Ansturm zu kontrollieren. Draußen wird gezählt, und irgendwann ist Schluss. „Wir müssen für die Sicherheit der Besucher sorgen“, sagt Vetter. „Ab einem bestimmten Punkt geht das eben nicht mehr.“

Mit diesem Problem steht der Pfarrer nicht alleine da. In der evangelischen Gemeinde in Essen-Haarzopf hat das Presbyterium beschlossen, kostenlose Eintrittskarten für die Heiligabend-Gottesdienste auszugeben. Anlass für die Regelung seien unschöne Diskussionen im vergangenen Jahr am Eingang gewesen, weil zu viele Menschen in die Kirche strömten und sich nicht damit abfinden wollten, abgewiesen zu werden. Aber auch die Neuregelung passt nicht jedem Kirchenbesucher. Jens-Peter Iven, Sprecher der Evangelischen Kirche im Rheinland, hat aber vollstes Verständnis für die Aktion. „Ein Gottesdienst ist eine Großveranstaltung wie andere auch“, sagt Iven. „Dabei muss die größtmögliche Sicherheit gewährleistet sein.“

Dazu gehört zum Beispiel, Notausgänge und Fluchtwege frei zu halten und bei einem medizinischen Notfall den Rettungskräften freien Zugang zu ermöglichen. „Eine Rettungsgasse muss auch in der Kirche funktionieren“, erklärt Iven. Pfarrer Vetter berichtet zudem von Angetrunkenen und Störern, die sich immer wieder unter die Kirchgänger mischten. Die Küster alleine seien mit diesen Konflikten überfordert, und die Polizei werde erst gerufen, wenn die Situation eskaliere. Vetter: „Bei uns sorgt eben ein Sicherheitsdienst dafür, dass der Gottesdienst nur von gesitteten Menschen besucht wird.“ Allerdings dezent, wie es sich für ein Gotteshaus gehöre.

So weit ist es in der katholischen Pfarrgemeinde Sankt Christophorus in Krefeld zwar noch lange nicht. Aber mehr als gut besucht seien die Gottesdienste an Heiligabend schon, erzählt Pfarrer Karlheinz Alders. Viele Kirchgänger müssten stehen. „Abgewiesen wurde bei uns noch kein Besucher“, sagt der Geistliche. Allerdings lässt die Gemeinde speziell für diesen Tag zusätzliche Liedblätter drucken, weil die Gebetbücher für den Andrang nicht ausreichen.

Ähnlich sieht es auch in den katholischen Gemeinden in Korschenbroich aus. Dort seien die zwölf Gottesdienste in fünf Kirchen allesamt „rappelvoll“, heißt es aus dem zentralen Pfarramt. Draußen bleiben müsse deshalb niemand, in der Kirche stehen aber schon. Das sei aber an Heiligabend eben so, und das würde von den Besuchern auch akzeptiert.

Selbst für Geistliche kann es an diesem Tag schwierig werden, erzählt Pfarrerin Esther Immer aus der evangelischen Kirchengemeinde Alt-Duisburg. Einen an Heiligabend eigens für sie reservierten Stuhl in der Salvatorkirche habe sich auch schon einmal ein Besucher geschnappt. Der Andrang für das Krippenspiel und die Christmetten sei enorm, die 600 Menschen fassende Kirche voll besetzt. „Da gibt es dann schon mal Diskussionen unter den Besuchern, dass man vom Seitenschiff aus nicht so gut sieht“, sagt Immer. Und kurz nach einem Gottesdienst würden bereits die nächsten Besucher kommen, um Plätze zu reservieren. Vor diesem Hintergrund sei die Sicherheit auch immer ein Thema in kircheninternen Gesprächen gewesen. „Tickets wollen wir aber nicht anbieten.“

Das will auch Pfarrer Vetter nicht. Der logistische Aufwand wäre einfach zu groß. „Wir können keine Platzanweiser beschäftigen, dafür fehlt uns das Personal“, sagt Vetter. Zudem müssten die Karten ja vorab verteilt werden. Stattdessen setzt Vetter lieber auf die Absprache mit anderen Innenstadtkirchen. So gebe es im Ein-Stunden-Rhythmus Gottesdienste, die fußläufig erreichbar seien. „Eine Familie, die bei uns nicht unterkommt, kann also weiterziehen“, sagt er. „Schließlich ist das ein wichtiger Tag, den angemessen zu feiern wir ermöglichen wollen.“

Pfarrer Karlheinz Alders hat noch einen anderen Tipp. Weihnachten bestehe nicht nur aus Heiligabend, sagt er. Am ersten und zweiten Feiertag sei es schon deutlicher einfacher, einen Platz in der Kirche zu ergattern. „Danach sind wir dann wieder unter uns, scherze ich manchmal“, sagt Alders. Aber frustriert darüber, dass die Kirchgänger sich außer an Heiligabend eher rar machen, ist keiner. Iven: „Natürlich wäre es toll, wenn sie auch sonst auftauchen würden. Aber es ist doch schön, dass dieses Fest so gefeiert wird.“

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