Kirche in NRW Gläubige sollen bald per Kreditkarte für Kollekte spenden

Düsseldorf · Die katholische und evangelische Kirche modernisieren sich – zumindest beim Generieren neuer Spendengelder. Opferstock und Kollektenkorb sollen per Kartenzahlung gefüllt werden können. Ein Pilotprojekt startet in Duisburg.

 In Berlin wurde dieser Klingelbeutel entwickelt und zurzeit getestet.

In Berlin wurde dieser Klingelbeutel entwickelt und zurzeit getestet.

Foto: dpa/Thorsten Wittke

„Geben ist seliger als nehmen.“ So steht es in der Bibel und die an die hält sich die Kirche für gewöhnlich. Damit die Gläubigen beim Kirchenbesuch künftig schneller, einfacher und potenziell auch mehr geben können, arbeiten aktuell fast alle kirchlichen Geldinstitute gemeinsam an neuen Bezahlmodellen per Kredit- oder Girokarte. Einen Opferstock mit Karten-Funktion gibt es bereits, ein entsprechender Spendenkorb für die Kollekte ist in der Produktion.

„Der Gottesdienstbesucher kann bei der Kollekte über ein Tastenfeld aus sechs voreingestellten Beträgen auswählen, hält seine Karte an das Gerät, wartet auf die Bestätigung und kann den Korb weitergeben. Für Beträge bis 25 Euro muss keine Pin eingegeben werden. Das Ganze dauert etwa drei bis fünf Sekunden“, so erklärt Eckhard Wilms den Vorgang. Wilms ist für die evangelische KD-Bank zuständig für das Projekt, an dem auch die katholische Pax-Bank beteiligt ist. Die Geräte funktionieren mit der sogenannten NFC-Technik, bei der die Karte nicht mehr direkt in das Zahlungsgerät eingeführt werden muss. Das erleichtert und beschleunigt den Prozess. Einen mittleren fünfstelligen Betrag investierten die Banken in die Entwicklung des Korbs, dessen Prototyp zurzeit in Kamp-Lintfort gefertigt wird. „Wir hoffen, dass wir im November die ersten fertigen Modelle bekommen“, sagt Wilms. In der Adventszeit soll ein Praxistest mit fünf Körben anlaufen.

Ein Testort in Nordrhein-Westfalen wird dann die evangelische Salvatorkirche in Duisburg sein. Dort soll das bargeldlose Spenden zunächst nach Ende des Gottesdienstes und außerhalb der Messfeiern an einem festen Platz an den Ausgangstüren möglich sein. Für Pfarrer Stephan Blank ist seine Gemeinde vor allem für den digitalen Opferstock ein geeigneter Versuchsort: „Anders als viele Ortskirchen haben wir auch unter der Woche geöffnet. Ich hoffe deshalb, dass die Geräte vor allem für Zuwendungen von Spontanbesuchern oder Touristen sorgen.“

Die Erfolgshoffnungen für die neuen Geräte beruhen auf Erfahrungen aus Frankreich, England und Nordeuropa, wo bargeldloses Spenden in Kirchen schon länger erfolgreich eingesetzt wird. Allerdings zeigt eine Studie der Europäischen Zentralbank aus dem Jahr 2017, dass die Deutschen im Schnitt 103 Euro Bargeld im Geldbeutel haben – mehr als irgendwo sonst in der EU. „In Deutschland ist man beim Thema Kartenzahlung vergleichsweise zurückhaltend. Aber die neue NFC-Technologie wird auch hier sehr gut angenommen. Darauf basiert unser Modell“, sagt Bank-Mitarbeiter Eckhard Wilms. Ein ähnliches Projekt der evangelischen Landeskirche in Berlin, die einen digitalen Klingelbeutel entwickelt hat, sei vielversprechend angelaufen.

Mit der neuen Technik will die Kirche aber nicht nur neue Spenden generieren, sondern sich auch modern zeigen. Besagte EZB-Studie zeigte, dass 18- bis 24-Jährige im Schnitt 25 Prozent weniger Bargeld-Zahlungen tätigen als ältere Altersgruppen. Der evangelische Pastor Blank aus Duisburg sagt: „Ich sehe es bei meinen Söhnen, die kaum noch Bargeld benutzen und mich schief anschauen, wenn ich Geld abhebe.“

Gründe für die Zurückhaltung beim Thema Kartenzahlung gibt es genug, darunter Gebühren, Sicherheit oder die Dauer der Zahlung. KD-Bank-Projektleiter Eckhard Wilms versucht die Vorbehalte abzubauen: „Jede Transaktion wird absolut anonym übermittelt. Die Kirche kann nicht nachvollziehen, wer wie viel gespendet hat.“ Auch eine Zahlungsgebühr für die Kartennutzung soll nicht vom Spendenbetrag abgezogen werden, „die trägt die Kirche aus eigenen Mitteln“, sagt Wilms. Er sieht für die Spender sogar einen positiven Effekt: „Die Spende wird auf den Kontaktauszügen ausgewiesen und kann so für die Steuer geltend gemacht werden. Das ist bei der bisherigen Bargeld-Kollekte natürlich nicht möglich.“

Ob das Projekt in naher Zukunft aber wirklich Verbreitung findet, in dieser Frage ist man sich bei den Kirchen selbst nicht sicher. Zumal die Banken mit einem Anschaffungspreis von 800 bis 1000 Euro pro Korb oder Opferstock rechnen. Von katholischer Seite heißt es aus den Bistümern Essen und Aachen, dass bislang keine Einführung der Technik geplant sei. Das Bonner Münster wiederum war 2006 die erste Kirche mit einem entsprechenden Angebot. Bis zur sanierungsbedingten Schließung im Jahr 2017 konnte dort über ein Terminal im Eingangsbereich per Karte gezahlt werden. „Da kam einiges zusammen, gerade in akuten Notsituationen nach Katastrophen oder zur Adventszeit wenn für soziale Zwecke zu Spenden aufgerufen wurde“, sagt Münster-Sprecher Reinhard Sentis.

Trotz der Bonner Erfahrung wird eine ähnliche Installation im Kölner Dom zurzeit nicht geprüft. Im Erzbistum Köln wiederum experimentierte die Leverkusener St. Stephanus-Gemeinde in ihren fünf Kirchen seit Dezember 2017 mit einem bargeldlosen Opferstock – ohne Erfolg. Pfarrer Ralf Hirsch sagt: „Wir haben eigentlich schon nach den beiden hohen Festen zu Weihnachten und Ostern gemerkt, dass das Angebot nicht angenommen wird.“ Im November werden die Geräte nun wieder abgebaut. Auf evangelischer Seite gibt sich der Duisburger Pfarrer Stephan Blank ebenfalls zurückhaltend: „Ob das Gerät wirklich für mehr Spendengelder sorgt, vor allem in der Kollekte, wage ich erstmal zu bezweifeln. Aber ich wurde bei neuen Projekten schon häufig überrascht und lasse es erstmal auf mich zukommen.“

Die Entwickler des digitalen Kollektenkorbs haben jedenfalls für alle Fälle und Skeptiker mitgedacht haben. Eckhard Wilms von der KD-Bank sagt: „Bargeld wird es natürlich weiterhin geben. Deshalb haben wir den Korb so konzipiert, dass beide Varianten diskriminierungsfrei möglich sind.“

(cbo)
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