Rosenmontag 2023 Das Rheinland feiert das Leben

Düsseldorf/Köln · Nach drei Jahren zogen erstmals wieder Rosenmontagszüge durch die Karnevalshochburgen. Besonders voll war es in Köln. Der Zug startetet dort erstmals in seiner 200-jährigen Geschichte von Deutz aus. Der Krieg in der Ukraine ist Thema auf den Persiflagewagen: Putin küsst auf einem Kölner Mottowagen den Teufel.

Rosenmontagszug Köln 2023: Das waren die Mottowagen - Bilder
25 Bilder

Rosenmontagszug 2023 in Köln – das waren die Mottowagen

25 Bilder
Foto: dpa/Oliver Berg

Während am Montagvormittag in Düsseldorf noch die Wagen in Position gebracht werden, rollt in Köln schon der größte deutsche Karnevalszug durch die Stadt. „Kölle alaaf!“, rufen die Jecken zum Start entlang der Zugstrecke. Der Kölner Zug ist in diesem Jahr zum ersten Mal auf der Schäl Sick, der rechten Rheinseite, in Deutz gestartet. Viele Deutzer nutzen die Gelegenheit und jubeln auf Balkonen und an Fenstern den Karnevalisten in den Fußgruppen und auf den Wagen zu.

Erstmals seit drei Jahren haben sich in den närrischen Hochburgen die Rosenmontagszüge wieder in Bewegung gesetzt – mit Hunderttausenden von Zuschauern entlag der Wegstrecken wie zum Beispiel in Duisburg, Hilden, Kleve, Krefeld oder Neukirchen-Vluyn. 2021 und 2022 waren die Züge wegen der Corona-Pandemie ausgefallen. Im vergangenen Jahr hatte es in Köln stattdessen eine Demonstration gegen den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine gegeben. Daran hatten sich eine Viertelmillion Menschen beteiligt. Diesmal ist der Krieg ein Thema auf den Persiflagewagen: Putin küsst auf einem Kölner Mottowagen den Teufel.

Das Comitee Düsseldorfer Carneval schätzte die Besucherzahl auf etwa 600.000. In Köln wollte man sich nicht festlegen. Eine Sprecherin des Festkomitees Kölner Karneval sagte, es sei unmöglich, die Zuschauerzahl seriös zu schätzen. Es herrsche aber „sehr, sehr großer Andrang“ – noch mehr als in den Jahren vor der Pandemie.

Karneval Düsseldorf 2024: Das war der bunte Rosenmontagszug
121 Bilder

So bunt war der Rosenmontagszug 2024 in Düsseldorf

121 Bilder
Foto: Anne Orthen (ort)
Karneval in Köln 2024: So schön war der Rosenmontagszug
30 Bilder

So schön ist der Rosenmontagszug 2024 in Köln

30 Bilder
Foto: dpa/Oliver Berg

In Düsseldorf setzte sich der Zug traditionell später als in Köln in Bewegung – aber mit nicht minder guter Stimmung. Wie immer hielt der Düsseldorfer Bildhauer und Designer Jacques Tilly, dessen Wagen oft internationale Beachtung finden, fast alle seine Entwürfe auch diesmal wieder bis zur Ausfahrt geheim. Auch die katholische Kirche – ein erklärtes Lieblingsthema von Tilly – war wieder vertreten: Der Missbrauchsskandal in Gestalt eines Teufels will den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki mit sich ziehen, doch der Geistliche klammert sich mit aller Kraft am Kölner Dom fest, wodurch er das Kirchengebäude zum Einsturz bringt.

In Köln konnten die Jecken zeitweise bei blauem Himmel und Sonnenschein feiern. Schon eine Stunde nach Start war die Zuschauerkapazität an der Zugstrecke in Deutz erreicht und die Stadt sperrte mehrere Zugangsstraßen. Auf den Wagen der Karnevalsgesellschaften fuhren auch zahlreiche Prominente und Politiker mit – NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) warf Kamelle und Strüßjer vom Wagen der „Großen Kölner“, Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) strahlte neben Sportreporterin Laura Wontorra und Model Papis Loveday auf dem Präsidentenwagen. Loveday hat gerade erst sechs Kilo im RTL-Dschungelcamp verloren. „Ich glaube: Jeder Zucker, den ich heute esse, wird mir helfen, wieder zuzunehmen“, sagte der 46-Jährige. Auch Moderator Johannes B. Kerner war in Köln mittendrin und verriet, für ihn sei damit ein Lebenstraum in Erfüllung gegangen. Der Kölner Rosenmontagszug hat dieses Jahr sein 200-jähriges Bestehen gefeiert. 1823 war er von reichen Bürgern initiiert worden, um die Fastnacht zu zivilisieren und dem Fest dadurch in Preußen mehr Anerkennung zu verschaffen.

In Düsseldorf merkt man den Menschen entlang der Zugstrecke an, wie sehr sie sich darüber freuen, dass nach drei Jahren endlich wieder Karneval gefeiert wird – darunter auch viele Kinder. Lotta steht mit ihren Großeltern am Carlsplatz und hält eine Stofftüte in der Hand, die voll mit Süßigkeiten ist. „Ich war am Samstag auch auf dem Kinderkarnevalszug. Aber der Rosenmontagszug ist noch viel schöner. Da habe ich mehr gefangen“, sagt die Sechsjährige, die als Astronautin verkleidet ist. Viele Jecken sind auch aus dem Umland in die Landeshauptstadt gekommen. „Wir sind mit der ganzen Familie aus Moers hierhin gekommen, um uns den Zug anzugucken“, sagt Elona Altenschmidt, die sich als „Unwetter“ verkleidet hat mit einer weißen Perücke und aufgeklebten gelben Blitzen und grauen Wolken. Ihr Mann, der ebenfalls als „Unwetter“ geht, ergänzt mit Blick zu den Wolken. „Hoffentlich bleibt es trocken und wir sind die einzigen Gewitterwolken.“ Tatsächlich haben die Düsseldorfer Karnevalisten Glück mit dem Wetter und bleiben von Regen verschont.

„Wir haben lange darauf gewartet. Karneval gehört in das Rheinland wie das Oktoberfest nach München“, sagt Anja, 52 Jahre alt, die in Düsseldorf am Zugweg steht. „Es ist ein besonderes Gefühl wieder hier zu sein, die Freude unter Menschen zu gehen, zu lachen, zu singen, das ist alles das, was den Rheinländer ausmacht.“ In der Landeshauptstadt nahmen auch wieder Pferde am Umzug teil – zum Missfallen einiger Tierschützer. So demonstrierte die Tierschutzorganisation Peta am Rande des Rosenmontagszuges dagegen. In diesem Jahr liefen aber schon wesentlich weniger Pferde mit als in den Jahren davor; auch die Auflagen waren strenger.

Gesichert wurden die Züge von teils großen Polizeiaufgeboten – insbesondere in den Hochburgen Köln und Düsseldorf. In Köln waren rund 2300 Polizeibeamte aus ganz Nordrhein-Westfalen im Einsatz. Dort mussten die Beamten auch Zuschauer zurückdrängen, weil die Straße entlang des Zugwegs teils zu voll war. Im Bereich der Domtreppe wurde laut Polizei ein Kostümierter mit einem Messer attackiert und verletzt. Der Täter konnte flüchten. Nach dem Zug waren in Köln Quartiere zum Teil so überfüllt, dass Zugänge wie zur bekannten Zülpicher Straße gesperrt werden mussten.

Die Jecken feierten größtenteils friedlich. Bis zum späten Nachmittag wurden jedenfalls keine größeren Zwischenfälle von der Polizei in NRW gemeldet. In Duisburg sprach die Polizei zum Beispiel von einem friedlichen Verlauf. Während in Düsseldorf der Zug noch rollte, wurde in Köln schon aufgeräumt und das Motto für die nächste Session bekanntgebeben – „Wat e Theater – wat e Jeckespill“ lautet es. Das Motto stehe für den Stoßseufzer der kölschen Jecken, die mit Fassungslosigkeit auf das Weltgeschehen blicken, erklärte das Festkomitee.

 Blick auf den Marktplatz vor dem Rathaus in Düsseldorf, wo die Zuschauer auf Tribünen das närrische Treiben verfolgten.

Blick auf den Marktplatz vor dem Rathaus in Düsseldorf, wo die Zuschauer auf Tribünen das närrische Treiben verfolgten.

Foto: Anne Orthen (ort)
Der Schöpfer der Düsseldorfer Mottowagen mit einem Bekenntnis zu Europa: Jacques Tilly.

Der Schöpfer der Düsseldorfer Mottowagen mit einem Bekenntnis zu Europa: Jacques Tilly.

Foto: AP/Martin Meissner
Mit einer bunten Fußtruppe und im Notenkostüm waren auch die Jecken des schwul-lesbischen Karnevalsvereins KG Regenbogen in der Landeshauptstadt dabei.

Mit einer bunten Fußtruppe und im Notenkostüm waren auch die Jecken des schwul-lesbischen Karnevalsvereins KG Regenbogen in der Landeshauptstadt dabei.

Foto: Anne Orthen (ort)

Der Straßenkarneval ist mit den Rosenmontagszügen aber keineswegs zu Ende. In einigen närrischen Kommunen finden noch Umzüge statt – etwa der Veilchendienstagszug in Mönchengladbach. Der Zug mit etwa 4000 Teilnehmern startet um 13.11 Uhr. Dabei sein werden 74 Festwagen, 80 Traktoren, etwa 37 Bagagewagen, 53 Fußgruppen, 27 Tanz- und Funkengarden, 17 Musikkapellen sowie eine Reitergruppe. In Attendorn beginnt zur selben Zeit wie in Mönchengladbach der größte Karnevalszug Südwestfalens. In Bad Honnef geht der Zug um 14 Uhr los. Am Aschermittwoch ist dann wieder alles vorbei. (mit dpa)

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort