Karneval in NRW Frauen im Kölner Dreigestirn – was dafür spricht

Köln/Düsseldorf · Der Karneval wird von Männern dominiert. Um diese Dominanz zu brechen, wird in Köln über das Ende einer langjährigen Tradition diskutiert: nämlich ob Prinz, Bauer und Jungfrau immer nur Herren sein müssen. Eine gute Idee? Was dafür spricht.

Karneval Köln 2024: Bilder Weiberfastnacht - So feiert Köln
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So feiern die Jecken Weiberfastnacht in Köln

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Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Solange (aus voller Lust) im Kölner Karneval gesungen wird, „Donnerstag wird die Ahl jepopp und Freitag gibt es Fisch“, braucht Mann sich über Emanzipation keine Gedanken zu machen. Alle noch so zaghaften Versuche, Frauen in die erste Reihe und aufs Treppchen zu lassen, blieben bislang erfolglos. Die Damen sollen vor allem eins sein, lecker Mädsche, dürfen als solche bützen und tanzen oder in der Rolle der couragierten Mamm frechfrivole Reden halten. Auch lustige Lieder können durchaus zur Aufführung kommen. Mehr ist derzeit nicht drin. Hier zählt allein die Tradition. Da sind die Kölner Karnevalisten konservativer als die katholische Kirche. Im Dreigestirn oder am Altar haben Frauen in Köln nichts verloren.

Insoweit haben Kuckelkorn und Woelki viel gemeinsam. Der eine sitzt als Präsident dem Festkomitee vor, der andere als Kardinal der Kölner Kirche. Was in Köln bedeutsamer ist, kann in diesen Zeiten eindeutig beantwortet werden: Der Karneval hat mehr Zulauf, die Kirche vor allem Abgänge. In der Abteilung schlechte Witze ließe sich deshalb über Kuckelkorn und Woelki trefflich lästern, beide seien Totengräber – der eine von Beruf, der andere für seine Institution. Zur Erklärung: Der Präsident des Festkomitees ist Inhaber eines Bestattungsunternehmens.

Zurück zum förmlichen Frohsinn: Bis auf das wirklich wunderbare Motto „ov krüzz oder quer“ läuft zum 200-jährigen des Kölner Karnevals alles in gleichen geordneten Bahnen. Dabei hätte ein Buchstabe gereicht, um mit „queer“ die Weltoffenheit zu präsentieren, die der doch so liberale Kölner Fastelaerl für sich in Anspruch nimmt. Es reicht halt nicht, eine selbstbewusste Dragqueen auf die Bühne des Gürzenich zu stellen und eine rockige Karnevalsröhre aus Grevenbroich ins glitzernde Abendkleid zu stecken und über Ihren Traum vom (weiblichen) Prinzsein singen zu lassen. Zitat; „Ich wünsch´mir nur, eimol Prinz ze senn, in ´nem Dreijesteen voll Östrogen“. Das wird wohl dauern. Der Präsident vertröstete auf „irgendwann“, Kölns Oberbürgermeisterin kann sich einen weiblichen Prinzen zwar vorstellen, sieht aber auch die Hemmnisse. Der Kölner Karneval hat da ein strukturelles Problem, anders als viele Vereine im Umland.

Letztlich scheitert die weibliche Narrenherrschaft vor allem daran, dass viele Vereine gar keine Frauen aufnehmen. Lieber schmort man weiter im Treibhaus rustikalen (männlichen) Humors. Selbst Peter Brings von „Brings“ sieht im Fastelovend die unveränderte allgemeine Männerdominanz. Das ließe sich ändern, wie einmal ein Priester als Präsident einer großen Gesellschaft bewiesen hat: Die Satzungsänderung wurde mit Mehrheit verabschiedet. Eine solche Revolution ist jüngst in Neuss bei den Schützen gescheitert, obwohl der dortige Präsident so sehr um die Öffnung zumindest der passiven Mitgliedschaft geworben hatte. Vormals wurde doppeldeutig argumentiert: Das Prinzenamt sei für eine Frau nicht passend – mit 450 Auftritten viel zu anstrengend fürs schwache Geschlecht und deutlich zu extrovertiert, um für eine Dame als schicklich zu gelten. Beides haben die wilden Wiever längst widerlegt.

Es gilt eine Kölner Überzeugung zu überwinden, die jeder Veränderung entgegen steht: Kenne mer nett, bruche mer nit, fott damött. Am Ende kann die Jungfrau ruhig Mann bleiben. Das zeigt die gewünschte Diversität. Wichtiger erscheint, dass Prinz Charming auch mal weibliche Züge zeigt. Es ist an der Zeit, die Auswahlkriterium für Prinz und Dreigestirn anzupassen - allein Herz und Humor sollten entscheidend sein. Etwas Hirn kann auch nicht schaden, schon das spricht für mehr Frauen. Letztlich darf die Frage nach der sexuellen Identität ruhig unbeantwortet bleiben. Beim Spaß an der Freud ist das ganz egal.

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