Karneval in NRW Frauen im Kölner Dreigestirn – was dagegen spricht

Köln/Düsseldorf · In Köln wird im Männerdominierten Karneval über den Bruch einer langjährigen Tradition diskutiert: nämlich ob Prinz, Bauer und Jungfrau - das Kölner Dreigestirn - immer von Herren verkörpert werden müssen. Was dagegen spricht.

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Weiberfastnacht in Köln – die schönsten Kostüme

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Foto: dpa/Florian Gut

Um es gleich klar zu sagen: Der rheinische Karneval (und vermutlich auch der anderswo) ist eindeutig zu männlich. Traditionscorps wie die Roten Funken aus Köln lassen bis heute keine Frauen als Mitglieder zu. Das ist veraltet und hat nichts mit Traditionspflege zu tun. Auch die Präsidentenämter des Comitees Düsseldorfer Carneval (CC) und des Festkomitees in Köln sollten endlich einmal von Frauen besetzt werden. Sie können, da hat der Kölner Mundart-Rocker Peter Brings recht, durchaus witziger und schlagfertiger sein als die Männer.

Wenn man so argumentiert, dann sollte doch auch das Kölner Dreigestirn, die zentrale Institution des Karnevals in der Domstadt, weiblicher werden – entweder alle drei oder doch zumindest eine der beteiligten Figuren. Das ist auch die Forderung der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker.

Das ist sicher eine grundsätzlich berechtigte Forderung. Aber bevor man sie umsetzt, sollte man auch vorurteilsfrei prüfen, was dagegen spricht. Das Dreigestirn, der Stolz des Kölschen Fasteleers, hat eine ganz spezielle Tradition. Es ist im Grunde eine Persiflage auf die Obrigkeit und stellt das närrische Gegenstück zur offiziellen Stadtregierung dar. Der Prinz regiert nur im verrückten Ausnahmezustand. Ihm zur Seite stehen der Bauer als Symbol der Wehrhaftigkeit und die Jungfrau als Zeichen der Uneinnehmbarkeit der Freien Reichsstadt Köln. Darin schwingt aber jede Menge Ironie mit.

Die spezielle Form hat sich erst im Lauf der Geschichte herauskristallisiert. Vor rund 150 Jahren kamen Bauer und Jungfrau dazu. Dabei wird die Jungfrau, auch das ein Stück Ironie, von einem Mann repräsentiert. Man mag im männlichen Trifolium eine maskuline Dominanz sehen. Doch genauso gut kann man es als ironisch bewerten, dass eben drei verrückte Männer die Stadt regieren. Keine guten Aussichten.

In Köln macht die Besonderheit, dass die Jungfrau ein Mann ist, sogar die Diversität zur Tradition. Davon wollten die Nazis nichts wissen, weil sie in der männlichen Jungfrau eine Anspielung auf Homosexualität sahen und in den Jahren 1938 und 1939 die Rolle prompt durch eine Frau besetzen ließen. Das schien aus ihrer verqueren Logik das Natürlichere zu sein. Aber Karneval ist dem Wesen nach anarchisch und anders, aber auch traditionell. Aus dieser Spannung bezieht das närrische Treiben seine Anziehungskraft.

Gerade die Diversität des Dreigestirns in einer Zeit, die alle Abweichungen von der Norm strikt ablehnte und sogar verbot, spricht für die Beibehaltung der jetzigen Form. Und diese Tradition wird zerstört, wenn die Besetzung der Figuren beliebig wird. Im Karneval ist grundsätzlich alles erlaubt. Damit das aber wirkt, sind einige wenige Traditionen umso wichtiger. Das Dreigestirn gehört dazu. Man sollte es so lassen, aber alles Andere viel weiblicher und diverser machen. Dann macht die Anarchie umso mehr Spaß.

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