Düsseldorf Im Karneval sagt man "Moin"

Düsseldorf · Die Band "Big Maggas" kommt aus Hamburg und wirbelt jedes Jahr im Fastelovend. Der Karneval ist ihr Ding, ihr Herz schlägt längst rheinisch - außer beim Fußball.

"Big Maggas": Bilder von der Tour
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Foto: Anke Backhaus

Howard Carpendale war's, dem die Schlagerwelt die Schnulze "Ti amo" verdankt. 40 Jahre später ist es ein restlos begeistertes Karnevalspublikum im ausverkauften Bonner Telekom-Dome, das diesen Song bei "Bonn steht Kopp" begeistert singt, ja geradezu feiert. Minutenlang. Verantwortlich dafür ist die Band "Big Maggas", die man nicht unbedingt im rheinischen Karneval erwarten würde. Ihre Heimat: Hamburg. Ihr Genre: die härtesten Schlager der Welt.

Schon seit 2012 rocken die Big Maggas die Fastelovendsbühnen mit Erfolg. Die Bandmitglieder sind Roy "Rakete" Ostermann (Gesang), Bum Bum Boxleitner (Schlagzeug), GoGo Günther (Gitarre) und Der flotte Otto (Bass). Und Horst. Das ist ein Unterhaltungsroboter, vollwertiges Bandmitglied, das bei Bedarf sogar singt. Die Band hat nicht nur schräge Namen, sondern auch ein schräges Auftreten - und ist deshalb außergewöhnlich. Frontmann Ostermann fährt immer mit einem Puch Maxi, einem uralten Mofa, auf die Bühne. Sie singen Schlager mit eigener Note, tanzen Schuhplattler und machen so ziemlich alles anders als andere Musikgruppen. Für den nordischen Gruß "Moin" lassen sie schon mal die Hosen runter: Auf ihren Kehrseiten stehen die vier Buchstaben. In Gold.

Können Hanseaten die Mentalität des Rheinlandes verstehen? Das wollen wir herausfinden, und die Band macht für ein Treffen gerne Platz in ihrem Bus, um einen Tag und einen Abend mit ihr durch die Säle zu ziehen. Wir treffen uns gegen Mittag in Bonn. Ein Hotel ist das Quartier der Musiker, wenn sie im Karneval unterwegs sind. Eine der zentralen Fragen: Wie viel Rheinländer steckt nach all den Jahren in den Nordlichtern? Sehr viel. Wenn Ostermann sich verabschiedet, sagt er mit rheinischem Zungenschlag: "Bis morje!" Kölsch und Alt haben sie im Rheinland längst schätzen gelernt. Bei der Ordensverleihung wird gebützt, und sie wissen, wo und wann sie Alaaf und Helau zu rufen haben. Wenn der Sänger etwas nicht glauben mag, sagt er: "Dat jitt et nit!"

Ostermann war es auch, der seine Band in den Karneval brachte. Mit einer früheren Band spielte er immer am Nelkensamstag in Bonn. So lernte er Wolfgang Lutter kennen, Chef der Kölner Kölschagentur. "Ich war von den Auftritten der Big Maggas begeistert", so erinnert Lutter sich. Seitdem arbeiten sie erfolgreich zusammen, und die Hamburger, das ganze Jahr als Profimusiker unterwegs, werden für die ersten Adressen des Fastelovends gebucht: Auftritte in Sälen wie Gürzenich und Sartory in Köln oder auch in der Rheinterrasse in Düsseldorf gehören selbstverständlich dazu.

Gegen 15 Uhr steuert der Bandbus, den an diesem Tag Bum Bum Boxleitner fährt, eine Festhalle in Elsdorf an. Auf dem Plan steht eine Herrensitzung. Die Musiker tragen Kostüme, die weder alltäglich noch von der Stange sind. Roy Ostermann trägt eine extravagante. mit funkelnden Steinchen besetzte Gürtelschnalle mit "MAGGA" - auf Hochdeutsch: Macker. So viel zum Bandnamen. Der Frontmann wirft einen Blick in Saal, "liest" die Stimmung, danach werden die Lieder zusammengestellt. Dass eine Boygroup eine Herrensitzung rockt, passiert nicht so häufig. Den Maggas aber gelingt es an diesem Abend. Sie bringen Schlager wie "An der Nordseeküste" und "Ich liebe das Leben". Ja, die Band covert, aber sie verpasst ihren Versionen immer eine spezielle Note. Und sie nimmt ihre eigene Zunft aufs Korn.

Beim nächsten Auftritt in Nörvenich wartet das, was die Jungs wohl am meisten schätzen - eine Mädchensitzung. Kaum angekommen in der Halle, werden sie von den Närrinnen umgarnt. "Ihr seid sooo geil", wird ihnen entgegengerufen. Ostermann beobachtet genau den Saal und setzt gezielt die Requisiten ein, die seine Show ausmachen: Schilder, auf denen Wörter wie "Begeisterung" und "Ekstase"sehen, hält er dem Publikum entgegen. Die Band wird ohne Ende gefeiert. Zugabe-Rufe sind nicht die Ausnahme, sondern die Regel. "Qualität setzt sich im Karneval immer durch, egal ob aus dem Rheinland oder einem anderen Teil Deutschlands", sagt Stefan Kleinehr, Vizepräsident des Comitees Düsseldorfer Carneval und Präsident der Fernsehsitzung. "Das Konzept muss stimmen, und das stimmt bei den Big Maggas zu 111 Prozent."

Weiter geht es mit der Band nach Kerpen, Roy Ostermann gibt auf der Bühne wieder alles. "Hach, der könnte jetzt auch die Bedienungsanleitung einer Waschmaschine vorsingen - solange er diese Show macht, ist alles egal", sagen drei Frauen. Ihnen ist auch egal, dass die Band aus Hamburg kommt. "Sie passt hierher." Das Trio sieht die Maggas schon zum dritten Mal. "Sagen Sie ihnen bitte, dass sie sehr cool sind." Wird gemacht.

Warum das Rheinland, warum Karneval? "Weil diese besondere Feierkultur unserer Show sehr entgegenkommt", sagt Roy Ostermann. "Die Mentalität hier ist schon sehr geil." Auf dem Weg zum Auftritt in Bergisch Gladbach ist es ruhig im Bandbus. Die Jungs nutzen die kurze Fahrt, um etwas runterzukommen. Doch die Ruhe hält nicht lange, denn der Hamburger SV hat in der Fußball-Bundesliga verloren - ausgerechnet gegen den 1. FC Köln. "Das macht ja alles gar keinen Spaß mehr", findet Gitarrist GoGo Günther. Trotz ihrer neuen Liebe zum Rheinland bleibt zumindest diese enge Bindung zur Heimat bestehen.

(RP)
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