Kreis Heinsberg Erhöhte Sicherheit für die Narrenzüge

Kreis Heinsberg · Nach Nizza und dem Berliner Weihnachtsmarkt-Attentat fließen in Sicherheitskonzepte für Karnevalszüge ganz neue Überlegungen ein. Die Heinsberger Polizei hat keine konkreten Gefährdungshinweise, sensibilisiert aber Kommunen.

 Die Polizeipräsenz an den tollen Tagen gilt nicht mehr nur angetrunkenen Jugendlichen und aggressiven Störenfrieden. Angesichts der abstrakten Terrorgefahr gibt es vielerorts überarbeitete Sicherheitskonzepte.

Die Polizeipräsenz an den tollen Tagen gilt nicht mehr nur angetrunkenen Jugendlichen und aggressiven Störenfrieden. Angesichts der abstrakten Terrorgefahr gibt es vielerorts überarbeitete Sicherheitskonzepte.

Foto: Christoph Reichwein (Archiv)

Wie sichert man Tausende Narren auf den Straßen? Die Kreispolizeibehörde hat kein Patentrezept, bittet aber in einem Rundschreiben an die Kommunen um erhöhte Vorsichtsmaßnahmen. "Wir haben allgemein eine hohe abstrakte Gefährdungslage durch den internationalen Terrorismus", erklärte Polizeisprecher Patrik Mensing. "Daher haben wir darum gebeten, dieses Szenario in Genehmigungsverfahren für Veranstaltungen mit einzubeziehen."

Bei der Erkelenzer Karnevalsgesellschaft von 1832, die den Rosenmontagszug in der Innenstadt veranstaltet, geriet man nach den Gesprächen mit dem Rechts- und Ordnungsamt sowie der Polizei gehörig ins Schwitzen, denn: Eine Auflage lautete, für den Martin-Luther-Platz, die Anton-Raky-Allee/Theodor-Körner-Straße, Konrad-Adenauer-Platz, Tenholter Straße/Goswinstraße, Aachener Straße/Wilhelmstraße für Straßensperren mit schweren Lkw zu sorgen. "Ich habe Verständnis dafür, wenn es aufgrund der Erfahrungen - etwa aus Berlin - diese Auflagen gibt", sagte EKG-Vorsitzender Franz Rick. Im Klartext bedeutete das, fünf Lkw zu organisieren. In diesem Zusammenhang sprach Erster Beigeordneter Dr. Hans-Heiner Gotzen von lösungsorientierten Gesprächen: "Als deutliches Signal haben wir vonseiten der Stadt Erkelenz drei Lkw zur Verfügung gestellt. Wir kommen insgesamt der Bitte der Polizei nach, wegen der allgemeinen Sicherheitslage diese Blockaden als zusätzliche Sicherung zu errichten." Innerhalb von einer Nacht hat es dann die EKG geschafft, für die beiden restlichen Lkw zu sorgen, so dass der Zug am Rosenmontag durch die Stadt ziehen wird. Wie in jedem Jahr ist die EKG von 1832 verpflichtet, ein Sicherheitskonzept vorzulegen.

In Wegberg dürfen sich die Jecken auf einen rekordverdächtigen Rosenmontagszug freuen. Etwa 60 Anmeldungen von Karnevalswagen und Fußgruppen liegen vor. "Das sind 20 mehr als beim Rosenmontagszug vor zwei Jahren", sagt Ordnungsamtsleiter Ulrich Schulz. Das liege wohl in erster Linie an den geänderten Teilnahmebedingungen beim Rosenmontagszug in Erkelenz, weswegen offenbar einige Gruppen, die bisher in der Erka-Stadt teilgenommen haben, diesmal in Wegberg mitmachen. Für die Verkehrssicherheit sorgt während des Rosenmontagszugs in Wegberg die örtliche Feuerwehr. An den großen Zufahrten entlang des Zugwegs wie an der Bahnhofstraße wird die Feuerwehr große Löschfahrzeuge quer auf die Straßen stellen und die Fahrbahn so für Fahrzeuge blockieren. Die Innenstadt ist, wenn sich der "Zoch" im Industriegebiet Große Riet um 13.11 Uhr in Bewegung setzt, komplett gesperrt. Eine Besonderheit gibt es in der Mühlenstadt: Der Rosenmontagszug muss an der Ecke Bahnhofstraße/Am Bahnhof die Bahngleise überqueren. Vermutlich zweimal wird die Regionalbahn auf ihrer Fahrt zwischen Mönchengladbach-Dalheim und zurück während der Zeit, in der sich der Rosenmontagszug durch die Innenstadt schlängelt, dessen Weg kreuzen. "Wir werden an den Bahngleisen Posten aufstellen, die dafür sorgen, dass die Gleisanlagen frei bleiben, wenn die Schranken runtergehen", erklärt Ulrich Schulz. So bleibt der Bahnverkehr während des Umzugs unbeeinflusst.

"Die neuen Sicherheitsauflagen gehen an die Grenzen dessen, was wir leisten können", sagt Heinz Wynen, Leiter des Tulpensonntagszugs der Wassenberger KG Kongo. "Container zur Straßensperrung wie in größeren Städten können wir uns als Verein nicht leisten." Die KG wird aber erstmals einen Sicherheitsdienst einsetzen, für den sie mit 1000 Euro Mehrausgaben rechnet. Auch zusätzliche Ordner, so Wynen, werde der Verein stellen, die an den sieben großen Sperrstellen bis nach Ende der Straßenreinigung dafür sorgen, dass kein Privatfahrzeug (nur Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst) durchkommt. Ende Januar besprachen Kreis-Straßenverkehrsamt, Polizei und Ordnungsamt der Stadt das Sicherheitskonzept, bei dem man auch auf Vorfälle in den Vorjahren reagiert, wo Autos aus Nebenstraßen den Zugweg gefährdeten und Wagen unmittelbar nach Zugende die Straßenreinigungskräfte durch Überholmanöver gefährdeten, wie Wynen erläutert. "Am Ende der Reinigungskolonne wird ein Wagen mit großem Transparent die Verkehrteilnehmer warnen", sagt der Zugleiter, der auf Gespräche mit der Stadt hofft, sollten die nicht endgültig feststehenden Zusatzkosten für das Mehr an Sicherheit höher werden als erwartet. Ordnungsamtsleiter Michael Steckel bestätigt ein neu erarbeitetes internes Sicherheitskonzept, das weiträumigere Absperrungen als bisher vorsieht. Komplett gesperrt werden Rurtal-, Turm- und Burgstraße sowie weitere Zufahrten zur Innenstadt mit Sperrböcken.

Das Hückelhovener Ordnungsamt setzt auf mobile Hindernisse wie Lkw. Da die Stadt selbst nicht so viele schwere Fahrzeuge hat, müssen die Vereine überlegen, wer sie unterstützen kann. Amtsleiterin Andrea Krebs gibt sich zuversichtlich: "Wir lassen uns nicht in die Knie zwingen!" Mit einer Aufstelllänge von rund zweieinhalb Kilometern ist der Ratheimer Tulpensonntagszug der größte im Hückelhovener Stadtgebiet. Peter Moll, seit 19 Jahren Zugleiter der Ratheimer KG All onger eene Hoot, erklärt, wie der Zugweg abgeriegelt wird: "Wir haben mit dem THW Rücksprache genommen. Helfer werden per Radlader Betonbarrieren am Sonntagmorgen aufsetzen, dafür gibt es eine Spende für die Jugendarbeit." Die Hauptzufahrtsstraßen ab Oberbruch, die Steinstraße und von Wassenberg kommend die L 117 werden so verbarrikadiert, dass eine Gasse für Rettungswagen in der Mitte der Fahrbahn bleibt, die Lücke wird mit einem Fahrzeug geschlossen. Außerdem bestellt der "Hoot" Security, 25 Personen aus Düren, für 2000 bis 2500 Euro, die an Schmitter-, Heer- und Buscher Straße stehen.

(RP)
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