Kämpfer für ein lebendiges Flingern

Die Bürgerinitiative Flingern ist mit 33 Jahren eine der ältesten Gruppen in der Stadt. Sie hat über Jahrzehnte die Entwicklung und Veränderung des Viertels mitgeprägt. Dabei sind die Flingeraner ein gutes Beispiel dafür, wie Bürgerinitiativen ein neues Element der Demokratie wurden.

Flingern hatte es besonders schlimm getroffen. In den 70er Jahren litten fast alle Großstädte unter Bevölkerungsschwund. Auch Düsseldorf verlor Einwohner. Zwischen 1970 und 1980 sank ihre Zahl von mehr als 650 000 auf unter 600 000. Und ausgesprochen dramatisch war die Lage in alten Arbeitervierteln wie Flingern, wo viele Häuser noch nicht saniert waren. Wer konnte, zog fort. Vor allem Familien wollten lieber im Grünen wohnen.

Heute ist nicht allein Düsseldorf ein gefragter Wohnort. Auch Flingern ist wieder beliebt. Junge Leute leben dort gerne, aus dem alten Arbeiterviertel ist ein lebendiger Mode- und Szenestadtteil geworden. Und das liegt auch an Leuten wie Eberhard Kentrup. Der 68-Jährige gründete mit dem damaligen SPD-Ratsherrn Karl Wagner 1979 die Bürgerinitiative Flingern. "Wir wollten etwas für den Stadtteil tun", sagt Kentrup, der lange an der Flurstraße eine Apotheke führte und nach dem Tod Wagners 1996 den Vorsitz der Bürgerinitiative übernahm. Noch im Gründungsjahr 1979 organisierte die Gruppe das erste von inzwischen 33 Straßenfesten, setzte sich später für die Wiederbelebung des Hermannsplatzes ein, organisiert dort seit 13 Jahren die Spielplatzbetreuung – und schuf so im Lauf der Jahre ein neues Gemeinschaftsgefühl in Flingern.

Dabei war es 1979 kein Zufall, dass mit Karl Wagner ein Sozialdemokrat die Idee zur Bürgerinitiative hatte. Denn es war in den Jahren zuvor vor allem das linke politische Spektrum gewesen, das Initiativen als neue Formen direkter Demokratie entdeckt hatte. In einigen Großstädten kümmerten sich Jungsozialisten um Jugendliche und Kinder, Gegner der Atomenergie schlossen sich auf dem Land zu Gruppen zusammen und schufen so ein politisches Klima, in dem Engagement – auch jenseits politischer Parteien – selbstverständlicher wurde.

Allerdings: Unrealistische linke Utopien hatten in den Gruppen keinen Platz. Die Menschen interessierten sich für die Lösung von Problemen, die ihnen in ihrem Umfeld zu schaffen machten. Ideologen hatten keine Chance. Auch nicht in Flingern, wo die Initiative von Beginn an "politisch und religiös neutral war", wie Sprecherin Gisela Bach sagt. Dies ist stets so geblieben. Heute engagieren sich auch CDU-Mitglieder wie Irene Stengel in der Bürgerinitiative Flingern. Stengel ist seit 22 Jahren Mitglied in der Bezirksvertretung 2 und kam mit der Initiative über ihre Arbeit im Stadtteilladen der Diakonie in Kontakt. Für sie ist die Bürgerinitiative die Möglichkeit, "Menschen zu helfen".

Durch Leute wie Irene Stengel fällt es der Bürgerinitiative leicht, Bürger und Politik zusammenzuführen. Die Sorgen der Menschen gelangen direkt zu den Entscheidungsgremien. Und die Politik bekommt Rückmeldungen, wenn es um Projekte geht. "Wir werden uns zukünftig stärker um den Stadtwerkepark kümmern", sagt Vorsitzender Eberhard Kentrup. Hier waren Glastafeln aufgestellt worden, die jedoch Ziele von Randalierern wurden. Das Problem will die Initiative nun angehen. Parallel dazu läuft aber auch die andere Arbeit weiter. "Wir haben mit den Vorbereitungen des Straßenfests 2012 begonnen", berichtet Sprecherin Bach. Wichtig ist dafür, dass alle Aktiven hinter dem gemeinsamen Ziel stehen. Gisela Bach: "Bei uns wird viel diskutiert. Aber am Ende herrscht ein großes Miteinander."

(RP)
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