Kämmerer kritisieren das Land

Der "Stärkungspakt Stadtfinanzen", mit dem die rot-grüne Landesregierung hoch verschuldeten Kommunen helfen möchte, sorgt in Düsseldorf und Nachbargemeinden für massive Verärgerung. Der Pakt sieht eine Umlage vor, die so genannte abundante Kommunen (erhalten keine Schlüsselzuweisungen), in einen Fonds zahlen sollen, aus dem etwa 34 Kommunen in Finanznot unterstützt werden. Der Topf soll vor allem gefüllt werden, indem das Land Geld, mit dem der Bund den Kommunen ab 2014 die Kosten für die Grundsicherung im Alter voll erstatten will, nicht an diese abundanten Städte weiterleitet.

Vor allem die Kämmerer üben Kritik. Für Verwunderung sorgt zudem eine Liste mit Stand Ende Juli 2011, die Gerhard Micosatt von der Forschungsgesellschaft für Raum-Finanzpolitik im Auftrag des Innenministeriums erstellt hat. Dort wird aufgeführt, wie viel einzelne Kommunen "vermutlich" ab 2014 sieben Jahre lang als Umlage zahlen müssten: 28,1 Millionen Euro wären es jährlich für Düsseldorf. Ratingens Kämmerer Klaus Konrad Pesch müsste jedes Jahr auf 26,5 Millionen Euro verzichten – fast so viel wie die Landeshauptstadt.

"Das erschließt sich mir nicht", wundert sich Pesch. Derzeit weist sein Haushalt bei einem Volumen von 350 Millionen Euro knapp unter 100 Millionen Euro Schulden aus. "Eine solche Umlage erreicht in vier Jahren mehr als die Höhe der heutigen Schulden." Bereits jetzt zahle Ratingen ein Viertel der Kreisumlage im Kreis Mettmann. "Mit den Plänen des Landes werden wir unter die Wasserlinie gedrückt."

Ähnlich argumentieren die Düsseldorfer CDU-Landtagsabgeordneten Jens Petersen, Olaf Lehne, Peter Preuß und Stefan Wiedon. Sie appellieren an Innenminister Ralf Jäger (SPD): "Legen Sie unsere gesunde Stadt nicht mit den bereits erkrankten ins Bett. Die Infektionsgefahr ist zu groß!" Sie unterstützen OB Dirk Elbers, der eine Klage gegen den Pakt prüfen lässt. Petersen rechnet vor: "Für Düsseldorf entspricht das den Kosten der ganzen Arena." Kämmerer Manfred Abrahams geht davon aus, dass der Anteil der Landeshauptstadt viel höher ausfallen wird: "Für 2014 rechnen wir mit 60 Millionen Euro für die Grundsicherung im Alter." Der Pakt sehe vor, die Erstattung des Bundes dafür komplett abzuschöpfen. "Ich erwarte vom Land, dass es Verantwortung übernimmt und das selbst finanziert", so Abrahams. Die rot-grüne Opposition im Rat sieht das "reiche Düsseldorf" hingegen in der solidarischen Pflicht.

Das Land gibt sich indes vage. Eine Ministeriumssprecherin betont, die Liste habe keine Relevanz. "Das war nur eine Beratungsgrundlage, wie viel Geld man bekommen könnte, und ist auf dem Stand alter Daten." Gutachter Micosatt widerspricht. Die Basis bildeten Daten aus dem Jahr 2010. Mit diesen werden die Steuerkraft und der Bedarf (Zahl Einwohner, Sozialhilfeempfänger, Beschäftigte und Schüler) der Kommunen in Relation gesetzt. Dass Ratingen mit einem so hohen Betrag in der Liste stehe, liege daran, dass die Steuerkraft der Stadt 73 Prozent über ihrem Bedarf liege. In Düsseldorf seien das 15 Prozent. Auch Micosatt warnt: "Abundant heißt nicht zwingend reich."

(RP)
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