Johanna von Koczian zurück am Rhein

Die Schauspielerin probt derzeit für das Stück "Königin der Nacht – Glorious" in Düsseldorf. Am Mittwoch hat es Premiere in der Komödie an der Steinstraße. Für von Koczian bedeutet das Engagement die Rückkehr nach dem triumphalen Solo in "Oskar und die Dame in Rosa".

"Es sind so schöne Erinnerungen, die ich an Düsseldorf habe", schwärmt Johanna von Koczian. "Ich freue mich sehr, wieder hier zu sein. Für ganze sechs Wochen!" Nach ihrem triumphalen Solo mit "Oskar und die Dame in Rosa" (40 ausverkaufte Vorstellungen) kehrt die Schauspielerin mit "Königin der Nacht – Glorious" an die "Komödie" zurück. "Ich liebe dieses Theater und sein wunderbares Publikum", sagt sie. Und, nach kurzem Zögern: "Ob es mich wohl auch in dieser Rolle mag?"

Nimmt man Hamburg und Berlin zum Maßstab, wo von Koczian in dem musikalischen Bühnenstück monatelang umjubelt wurde, muss sie sich um ihre Getreuen am Rhein erst recht keine Sorgen machen. Sie werden eine neue, überraschende Facette der vielseitigen Künstlerin kennenlernen.

"Glorious" blättert die absonderliche Geschichte der Amerikanerin Florence Foster Jenkins auf, die als "schlechteste Sängerin der Welt" in die Geschichte einging. Beharrlich verfolgte sie ihre Leidenschaft, studierte die kompliziertesten Arien ein. Und trotzte allen Spöttern, weil ihre Konzerte zum begehrten Gesellschaftsereignis wurden. Die feinen New Yorker vergötterten sie für jede missratene Koloratur. Mit einem Konzert in der voll besetzten Carnegie Hall hatte Florence Foster Jenkins 1944 ihren Olymp erreicht – vier Wochen später starb sie mit 76 Jahren.

"Sie ist mir sehr ans Herz gewachsen", sagt Johanna von Koczian. "Es war mir wichtig, sie nicht der Lächerlichkeit preiszugeben. Natürlich gab es Kritiker, die sie verrissen haben und Leute, die über sie spotteten. Aber die meisten liebten sie, und das muss einen Grund gehabt haben. Gewiss nicht den, dass sie schlecht sang. Sonst würde ja jeder, der die Töne nicht trifft, Karriere machen!" Johanna von Koczian ist ausgebildete Sopranistin. Es muss ein ungeheurer Kraftakt sein, sich "zu verstellen". Wie nähert man sich diesem aberwitzigen Part – erst alles richtig lernen und dann falsch? "Genau das", bestätigt sie. "Anders geht es nicht. Denn die falschen Töne dürfen nur haarscharf an den richtigen vorbeigehen. Die Proben waren verkehrte Welt. Eigentlich übt man doch, um perfekt zu sein. Diesmal war es umgekehrt." Aber irgendwann, berichtet sie zufrieden, hätten die Arien jedes Mal übereinstimmend schräg geklungen.

"Ich bin grundsätzlich sehr präzise. Mein Pianist Horst Maria Merz ist ein fabelhafter Partner. Er weiß, wann ich als Florence das Tempo verschleppe, Tonfolgen in den Sand setze oder mir der Rhythmus entgleist. Mit dem stand sie ja auch auf Kriegsfuß." Über ihre Heldin spricht sie mit Respekt und Zuneigung. "Ich bewundere sie sogar. Florence Foster Jenkins konnte Freude vermitteln. Aber da war noch viel mehr. Ich habe mich eingehend mit ihrem Leben beschäftigt. Sie unterstützte junge Künstler und engagierte sich politisch."

Dazu fällt Johanna von Koczian eine Anekdote ein. Es gibt ein Foto der Sängerin, auf dem sie bei der Arie der "Königin der Nacht" Engelsflügel trägt. "Ich wollte wissen warum, denn ein übliches Bühnenkostüm war es ja nicht. So fand ich heraus, dass sie als Engel der Verkündigung auftrat, zum Gedenken an den Angriff der Japaner auf Pearl Harbour." Das tiefere Geheimnis um die sagenhafte Karriere dieser Frau glaubt Johanna von Koczian gelüftet zu haben: "Sie hat den Menschen Mut gemacht, dass Träume in Erfüllung gehen, wenn man nur fest genug daran glaubt."

Hier sieht sie eine Parallele zum eigenen Leben. "Ich wollte unbedingt Schauspielerin werden, schon als Kind. Meine Eltern waren dagegen, das Studium musste ich mir erkämpfen. Aber ich habe immer die Fäuste geballt und mir geschworen, dass ich es eines Tages allen zeigen werde."

(RP)
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