Nachhaltige Studiengänge Studieren mit dem grünen Blick
Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind gerade für junge Menschen entscheidende Zukunftsthemen. Aber was kann ich studieren, um mich später in einem „grünen“ Job für Nachhaltigkeit und Ressourcenschutz einzusetzen?
Düsseldorf Früher wollten alle „etwas mit Medien“ machen, heute suchen Abiturienten oft Studiengänge, mit denen sie sich für die Umwelt und das Klima einsetzen können. Denn nicht umsonst haben vor allem junge Menschen bei der Bundestagswahl die Grünen gewählt, und tausende Schüler und Studenten engagieren sich bundesweit bei „Fridays for Future“. Durch Studien- und Berufswahl etwas für die Zukunft des Planeten zu tun, liegt im Trend, und darauf reagieren auch die Hochschulen. Das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) hat die Studiengänge unter die Lupe genommen, die im vergangenen Jahr neu an den deutschen Universitäten und Fachhochschulen angeboten wurden. Ergebnis: Die Zahl der Studiengänge, die Schlagworte wie „Nachhaltigkeit“ (oder in englisch „Sustainability“) enthalten, nehmen weiter zu. „Nachhaltigkeit oder Sustainability ist ein aktueller Modebegriff“, so das CHE. „Unter den 2020 und 2021 neu eingeführten Studienangeboten gibt es 47 Angebote mit einem der beiden Begriffe im Namen.“ Darunter beispielsweise „Nachhaltige Ingenieurwissenschaft“ (Uni Hannover), „Nachhaltiges Design“ (HS Fresenius), Nachhaltiges Management“ (CBS Köln), oder „Sustainable Chemistry“ (Uni Lüneburg), „Sustainable Fashion“ (BSB Berlin) oder „Sustainable Urban Development“ (TU Darmstadt). Insgesamt war das Begriffspaar 2021 in 166 Studienangeboten zu finden.
Tatsächlich gibt es diese Schlagworte auch in einigen Studienangeboten in der Region, etwa an der Hochschule Bochum. Dort kann man „Nachhaltige Entwicklung“ studieren. „Globale Problemlagen wie Klimawandel, Ressourcenknappheit, Verlust der Artenvielfalt, soziale Ungleichheit und volkswirtschaftliche Instabilität brauchen Menschen, die hierfür Lösungen entwickeln“, so die Hochschule. Studieninhalte sind Aufbau und Funktionsweise von Ökosystemen, sozialen und ökonomischen Systemen sowie deren ethische Grundlagen und Veränderungsmöglichkeiten. Mit der Frage, wie der Umstieg der Agrarwirtschaft auf nachhaltige Landwirtschaft gelingen kann, beschäftigt sich der Studiengang „Sustainable Agriculture“ an der Hochschule Rhein-Waal. Ebenfalls dort im Studienangebot: nachhaltiger Tourismus. Die angehenden Tourismusfachleute lernen dabei, Reisen umwelt- und sozialverträglicher zu gestalten.
Gemeinsam mit anderen Universitäten und Hochschulen aus dem Ruhrgebiet ist die Universität Duisburg-Essen Teil des „Forschungskolleg Future Water NRW“. Es forscht an einer der zentralen Herausforderungen unserer Zeit: einer nachhaltigen Wasserwirtschaft. Studieren kann man dort beispielsweise den Bachelor „Water Science: Chemie, Mikrobiologie, Analytik“.
Doch kann man sich in seinem späteren Beruf auch für Klima- und Umweltschutz einsetzen, ohne ein spezialisiertes Fach studiert zu haben? „Absolut!“, sagt Karin Wilcke, Studienberaterin aus Düsseldorf. „In vielen Studiengängen spielt der Nachhaltigkeitsgedanke inzwischen ohnehin eine Rolle, auch ohne dass sie ihn im Namen tragen.“ So haben ihrer Erfahrung nach sämtliche MINT-Studiengänge – also aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik – Studieninhalte, die sich mit Nachhaltigkeit, Klimagerechtigkeit oder Ressourcenknappheit beschäftigen. „Studiere ich Elektrotechnik, befasse ich mich natürlich mit erneuerbaren Energien. In der Biologie erforsche ich vielleicht alte Getreidesorten, die widerstandsfähiger bei Trockenheit sind. Als Chemiker beschäftige ich mich mit neuen, ressourcenschonenden Materialien und deren Recyclingfähigkeit“, nennt Wilcke einige Beispiele.
Aber auch in vielen anderen Studiengängen abseits der MINT-Fächer sei das Thema Nachhaltigkeit allgegenwärtig: „Selbstverständlich beschäftigen sich Architekten und Städteplaner in ihrem Studium mit dem Klimawandel. Schließlich muss die Stadt der Zukunft in ihrer Infrastruktur ganz anders geplant werden, wenn es beispielsweise weniger Autos gibt, oder Luftströmungen für die Kühlung der Städte berechnet werden müssen“, so Karin Wilcke. „Und auch in der BWL kann es um Umweltaspekte gehen, beispielsweise im Supply Chain Management, wenn eine nachhaltigere und ressourcenschonendere Lieferkette aufgebaut werden soll.“
Dass ein Studiengang das Label „Nachhaltigkeit“ im Namen trägt, ist laut Wilcke nicht entscheidend. „Ich werde überall Lehrveranstaltungen finden, die in diese Richtung gehen, und mit denen ich mich spezialisieren kann.“ Ein Beispiel dafür ist auch der Fachbereich Textil- und Bekleidungstechnik der Hochschule Niederrhein. Wissenschaftler wie Studierende beschäftigen sich dort etwa mit Nachhaltigkeit in der Modeindustrie, mit menschengerecht gestalteten Arbeitsbedingungen, Sozial- und Umweltstandards und deren Umsetzung in der textilen Kette. Sie forschen an der Wiederverwertbarkeit von Fasern und entwickeln Mode aus recycelten Kleidungsstücken.
Doch was ist, wenn ich mich nicht für einen naturwissenschaftlich-technischen Studiengang entscheiden möchte? Kann auch Germanistik nachhaltig sein? „Als Germanist kann ich beispielsweise in der PR Abteilung einer Umweltschutz-Organisation arbeiten. Als Jurist kann ich mich darauf spezialisieren, Klimasünder zu stoppen“, sagt Karin Wilcke. Wer für das Thema brennt, kann mit Praktika erste Erfahrungen sammeln und später beim Vorstellungsgespräch überzeugen.“