Kolumne Studentenleben Groetjes aus Amsterdam

Unser Autor berichtet von seinem Austauschsemester in Amsterdam. Dort sammelt er viele neue Eindrücke und Erfahrungen. Aus der anfänglichen Angst, permanent etwas zu verpassen, ist mittlerweile Gelassenheit geworden.

 Sebastian Klomp studiert Medien- und Kulturwissenschaft an der Heinrich-Heine-Uni Düsseldorf.

Sebastian Klomp studiert Medien- und Kulturwissenschaft an der Heinrich-Heine-Uni Düsseldorf.

Foto: Sebastian klomp/Sebastian Klomp

„Ok, let’s wrap up for today. Thanks, and see you next week.” Mit diesen Worten beendet unsere Professorin die Vorlesung. Nach und nach leert sich der Vorlesungssaal. Im Flur wird sich noch auf ein Bier heute Abend so gegen „eight in de Pijp“ verabredet. Dann geht's runter in die geräumige Fahrradgarrage der Universität von Amsterdam. Hier unten sind rund 400 Fahrräder geparkt, die nun nach und nach von ihren Besitzern aus der Halterung gehoben und aufgeschlossen werden. Nach einer Weile finde ich auch mein Rad wieder. Verstaue Jacke und Rucksack in der Gemüsekiste, die ich vorne festgegurtet habe und radle hinaus auf die Straßen und entlang der nun begrünten Grachten von Amsterdam. Das ist jetzt so irgendwie Alltag geworden.

Mittlerweile sind bereits drei Monate meines Austauschsemesters in Amsterdam vergangen, nein vielmehr verrannt. Gefühlt vergeht die Zeit hier doppelt so schnell. Vielleicht weil man weiß, dass sie begrenzt ist. Und glaubt man dem Kalender, ist jetzt schon Halbzeit für mich, 50 Prozent meines Austausches sind herum. Dabei verfolgt mich immer wieder ein Gefühl: Fomo. Damit meine ich nicht den Berg im Südsudan, der einem jetzt vielleicht einfällt, sondern die „fear of missing out“: die Angst etwas zu verpassen. Es ist die Angst, wegen einer Klausur nicht bei diesem einen Ausflug dabei zu sein, auf dem die wildesten Geschichten passieren. Oder an diesem einen Abend nicht zu können und dann die legendärste Küchenparty zu verpassen, von der alle die nächsten Wochen sprechen und man ist der Einzige, der nicht mitreden kann.

Die ersten beiden Monate stand ich deshalb sehr unter Strom: bloß nichts verpassen, bloß die Zeit ausreizen, die ich hier habe, bitte jetzt sofort alles laut und viel und bunt und am besten gleichzeitig. Nur um zum Glück irgendwann zu erkennen, dass man eigentlich nie so richtig viel verpasst und es auch mal guttut, sich selbst etwas Ruhe zu gönnen.

Denn die Angst etwas zu verpassen, stresst nur und lässt einen nicht genießen, wie großartig es im Moment gerade ist. Und ich musste mir eingestehen, dass ich selbstverständlich nach fünf Monaten nicht jede Bar, jedes Restaurant, alle Clubs oder Straßen in Amsterdam kenne. Das ist auch völlig okay so. Schließlich soll es sich ja auch lohnen, wieder zu kommen.

Ja, vielleicht ist auch dieser Lernprozess Teil meines Austausches. Zudem bin ich immer noch in dieser wahnsinnig glücklichen Situation, dass mein größter Stress daraus besteht, dass ich zu viele tollen Sachen machen möchte. Und deshalb freue ich mich umso mehr auf die nächsten, nun nur noch zwei Monate. Und im Juli berichte ich dann, was ich erlebt und nicht was ich verpasst habe.

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