Die Furcht vor dem Blackout Wie man Prüfungsangst überwinden kann

Düsseldorf · Es ist eine Situation, die wohl jeder Studierende fürchtet: Die Prüfung steht bevor, und der Kopf ist plötzlich wie leer gefegt. Ein Gefühl der Angst macht sich breit. Psychologin Angelika Wuttke kennt dieses Problem und weiß, wie Betroffene damit umgehen können.

 Das Ende des Semesters ist gleichzeitig der Beginn der Prüfungszeit an vielen Universitäten. Eine Zeit, die für Studenten mit Prüfungsangst zu Herausforderung wird.

Das Ende des Semesters ist gleichzeitig der Beginn der Prüfungszeit an vielen Universitäten. Eine Zeit, die für Studenten mit Prüfungsangst zu Herausforderung wird.

Foto: dpa/Isabel Infantes

Das Herz rast, man beginnt zu schwitzen und Panik steigt auf: die typischen Anzeichen von Prüfungsangst. Wenn Nervosität und Anspannung die Überhand nehmen, wird die nächste Klausur, Hausarbeit oder mündliche Prüfung für manche Studierende zur unüberwindbaren Hürde. Psychologin Angelika Wuttke weiß, wie diese Angst das Studium erschweren kann – und was sich dagegen tun lässt.

Woran erkennt man Prüfungsangst?

„Es gibt nicht die eine Prüfungsangst, sondern sehr unterschiedliche Formen“, sagt die Psychologin. Doch um zu erklären, worum es sich dabei genau handelt, holt sie weiter aus: Was ist Angst überhaupt? Das Gefühl sei mit „eng werden“ zu umschreiben, Wuttke spricht von einer sich zuspitzenden Situation und nutzt dafür einen evolutionsgeschichtlichen Vergleich: die Angst vor dem drohenden Raubtier. In dieser Situation musste der Körper Höchstleistung bringen, das Herz raste und der Kopf konzentrierte sich nur noch auf die Flucht aus dieser Lage – Symptome, die typische Anzeichen für Prüfungsangst sind. Doch könne man laut Wuttke nicht sagen, dass Prüfungsangst grundsätzlich schlecht sei: „Es gibt durchaus auch positive Effekte, denn die Angst bringt uns dazu, zu lernen.“ Problematisch werde es allerdings, wenn die Studenten von der Angst überwältigt werden und an nichts anderes mehr denken können.

Was sind die Ursachen?

Wuttke beschreibt die Angst als ein Gefahrensignal, dass auf eine gefährliche Situation hinweist. Sie vergleicht dieses Gefühl mit einem Feuermelder, der anschlägt, wenn ein Feuer droht. Obwohl diese Warnung ernst genommen werden muss, sollte auch eine Realitätsprüfung stattfinden: „Gibt es überhaupt ein Feuer oder ist das ein Fehlalarm?“ Neben der Frage nach den Symptomen fragt sie in der Beratung deshalb auch nach den Ursachen. Worauf weist die Prüfungsangst hin? Die Antworten sind unterschiedlich: Während manche Studenten Angst vor dem Durchfallen haben, befürchten andere, nicht zu genügen oder beschämt zu werden. Eine typische Angst beim dritten und letzten Versuch ist die vor dem Versagen.

Was passiert bei einem Blackout?

Es ist wohl das Schlimmste, was während einer Prüfung passieren kann: ein Blackout. „Man denkt dann gar nichts mehr, so beschreiben es die Studenten“, berichtet Wuttke. Es handele sich dabei um einen seelischen Kurzschluss, eine Schutzreaktion des Geistes auf das innere Zerreißen. Denn wenn man genug gelernt habe, seien Selbstzweifel der Psychologin zufolge der Hauptgrund, warum man eine Prüfung nicht bestehe. Sie spricht von einem „inneren Kritiker“, der die eigenen Antworten und das Können hinterfragt, sobald man eine Frage nicht beantworten kann. Der Moment, in dem man dann anfängt, sich selbst zu beschimpfen und das Studium zu hinterfragen, ist der Beginn des Blackouts.

Welche Folgen kann das haben?

Prüfungsangst ist nicht nur ein Thema während des Studiums, sondern kann auch den Alltag beeinträchtigen: „Alles, was die Menschen tun, können sie als Prüfung erleben“, bemerkt Wuttke. Abstimmungen, Vorstellungsgespräche, Führerscheinprüfungen sind Prüfungssituationen, die sich im Laufe des Lebens immer wieder ergeben. Wenn Nervosität und Anspannung dann die Überhand nehmen, bleibe man stets hinter seinen Möglichkeiten zurück.

Wie kann man mit Prüfungsangst umgehen?

Die gute Nachricht ist, dass man lernen kann, mit der Prüfungsangst umzugehen. Dafür hat Wuttke fünf Tipps:

1. Den Stoff nicht nur lernen Die erste Frage sollte natürlich immer lauten: Habe ich auch genug gelernt? Andernfalls sei die Angst berechtigt, gibt Wuttke zu bedenken. Doch es gehe nicht nur darum, den Stoff auswendig zu lernen, sondern auch wiedergeben zu können – und das müsse geübt werden. Zum Beispiel in Lerngruppen. Auch negative Reaktionen der Prüfer können in Probeprüfungen durchgespielt werden, um Gelassenheit zu üben.

2. Positive Erfahrungen schaffen Eine gute Vorbereitung, bei der sich der Stoff laut vorgesagt wird, habe laut Wuttke auch einen weiteren Vorteil: Die eigenen Aussagen bleiben im Gedächtnis. In der Prüfungssituation könne sich der Student schließlich daran erinnern, dass er die Antwort kenne und sich durch diese Erfahrung beruhigen.

3. Realistische Ziele setzen Der Stoff sollte während der Vorbereitung in realistische, kleine Blöcke aufgeteilt werden. Diese zu schaffen, motiviere die Studierenden und verschaffen ihnen kleine Erfolge – ein gutes Gefühl.

4. Das Lernen nicht zum Straflager machen Alles, was beim Lernen hilft, sei gut und wichtig, so Wuttke. Dazu gehören auch bewusste Auszeiten in der Lernphase, währenddessen sich die Prüflinge entspannen können. Egal ob ihnen das mit Sport, Meditation oder autogenem Training gelingt. „Durchatmen ist wichtig und lässt auch Angst kleiner werden.“

5. Die Angst akzeptieren Angst helfe, sich in Prüfungssituationen zu fokussieren. Eine nicht beantwortete Frage sei nichts weiter als eben das – eine nicht beantwortete Frage. Es bedeute nicht, dass man das Studium nicht schaffe oder gar blöd sei. Wuttke rät den Studierenden, Selbstzweifeln keinen Raum zu geben, den „inneren Kritikern“ nicht das Feld zu überlassen und mit sich selbst freundlich in der Prüfung umzugehen.

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