Kolumne Studentenleben Alle Jahre wieder

Das Jugendwort des Jahres ist stets in aller Munde. Und dies häufig bei Menschen, die dem jugendlichen Alter längst entwachsen sind, findet unser Autor.

Joshua Poschinski studiert Germanistik und Politikwissenschaften in Düsseldorf an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Joshua Poschinski studiert Germanistik und Politikwissenschaften in Düsseldorf an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Foto: Poschinski

Im öffentlich-medialen Raum gibt es gewisse Themen, nach denen sich die Uhr stellen lässt. Zyklisch bedingt oder auch mal im Sommerloch ausgekramt, ploppt gut Diskutierfähiges wieder auf. Jahr für Jahr. Sicher kommt jedem Leser da schnell das eine oder andere Thema in den Sinn.

Eine dieser jährlichen Wiederausgrabungen ist das „Jugendwort des Jahres“, über das sich kürzlich mal wieder ausgelassen echauffiert wurde. Wenn man den Herbst nicht an den herabfallenden Blättern erkennen würde, dann spätestens daran, dass sich Leute im nicht-jugendlichen-Alter öffentlich über den gerade gekürten Jugend-Begriff auslassen. Meist fängt ein solcher Monolog damit an, dass man ihn nicht kenne. Und überhaupt habe man die ganze Debatte gar nicht verfolgt. Und dann fällt einem das Wort plötzlich doch ein, man habe es aber noch nie aus dem Mund eines Jugendlichen gehört. Unerhört.

Ob in der Bahn, in Studios oder in Podcasts: Über Nichtsagendes wird heutzutage gerne diskutiert und Unverständnis demonstriert. Aber anscheinend sind solche Themen doch immerhin so interessant, dass man in allen Kanälen darüber spricht. Ich habe mal eine Doku über Globuli gesehen, und (Pardon: subjektive Meinung!) das hat mich so wenig interessiert, dass ich nie wieder darüber sprach.

Zurück zum Jugendwort: Womöglich ist also doch ein gewisses Interesse da? Schwingt vielleicht sogar ein gewisser Jugendneid mit? Warum sonst sollten sich beispielsweise erwachsene Menschen darüber aufregen, dass sie das Jugendwort noch nie gehört haben? Als wäre das ein Ausschlusskriterium. Das Jugendwort ist vielmehr ein Joke – nein (noch mal Pardon!), ein Wettbewerb, der nicht immer einer Grundsatzdiskussion bedarf. Er kann einfach kommentarlos zur Kenntnis genommen werden.

Und wenn man schon darüber sprechen möchte, wieso dann nicht auf Augenhöhe? Jugendsprache triff den Zeitgeist für gewöhnlich authentischer als so manches Feuilleton. Es gab während meiner Jugend bereits Jahre, in denen ich mit dem „Jugendwort“ wenig anfangen konnte, in anderen aber schon. That’s it. Die Jugend ist auch kein homogener Kloß Menschen, so wie auch Erwachsene keine einheitliche Masse sind. Alle haben verschiedene Interessen und dementsprechend unterschiedliche Sprachgebräuche. Aber was soll’s. In jedem Fall wird sich die Uhr nächstes Jahr im Herbst wieder danach stellen lassen, dass man zum Thema Jugendwort einmal mehr jede Menge gehaltloser Meinungen zu hören bekommt.

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