Gastprofessur in Düssedorf Gauck begeistert mit Vorlesung an der Heinrich-Heine-Uni

Düsseldorf · Der frühere Bundespräsident ist in diesem Jahr Gastprofessor der Uni Düsseldorf. Im voll besetzten Konrad-Henkel-Hörsaal sprach er am Mittwoch über "das Eigene und das Fremde".

Joachim Gauck an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf
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Joachim Gauck an der Heine-Universität

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Foto: Bretz, Andreas

Am Anfang stand wärmendes Lob für die Heinrich-Heine-Universität und für ihren Namensgeber: Der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck, diesjähriger Heine-Gastprofessor, war noch gar nicht beim eigentlichen Thema seiner Vorlesung angekommen - da hatte er die Zuhörer schon auf seiner Seite. Sie sei eine "profilierte Hochschule in der Hauptstadt eines Landes und gestiftet von einem Land, das für mich immer für etwas Besonderes stand", sagte er über die Uni. Und der Dichter? "Getröstet hat er mich nur selten. Aber eine eigene Haltung zu finden, dabei hat er mich bestärkt."

633 Plätze hat der Konrad-Henkel-Hörsaal, es ist der größte der Uni. Weit mehr Menschen - Studenten, Professoren, bekannte Vertreter der Stadtgesellschaft und viele andere - wollten Gauck sprechen hören: Sie konnten in den drei benachbarten Sälen (noch mal rund 1000 Plätze) die Vorlesung per Videoschaltung verfolgen. Alle wollten wissen, was der Staatsmann unter dem Titel "Nachdenken über das Eigene und das Fremde" zu sagen hatte. Das Verhältnis zwischen beiden, so Gauck, sei eines der schwierigsten politischen Probleme der Gegenwart.

Er beleuchtete die Ängste vor dem Fremden, die Entwicklung von Nationen und Nationalstaaten, und er warnte vor den Folgen der Diskriminierung von Muslimen: "Und sich diesem Ressentiment und dieser Generalisierung entgegenzustellen, sind nicht nur Schulen und Politik gefordert, sondern jeder Einzelne."

Wer aber kritikwürdiges Verhalten einzelner Migranten unter den Teppich kehre, bestätige Rassisten in ihrem Verdacht, die Meinungsfreiheit in Deutschland sei eingeschränkt, fügte er hinzu: "Und sie machen sich zum Verbündeten von Islamisten, die jegliche, auch berechtigte Kritik an Muslimen abblocken." Für eine gemeinsame Zukunft mit zugezogenen Menschen plädierte er für mehr Wissen übereinander, mehr Dialog und Streit: "Mehr Bereitschaft, im jeweils anderen und seinen eigenen Ängsten, aber auch neuen Chancen zu begegnen."

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Foto: Bretz, Andreas (abr)/Bretz,Andreas (abr)

"Das Drängeln hat sich gelohnt"

Der 78-jährige parteilose Gauck war von 2012 bis 2017 elfter deutscher Bundespräsident. Zu DDR-Zeiten war er evangelisch-lutherischer Pastor, nach der Wiedervereinigung kurzzeitig Bundestagsabgeordneter (Bündnis 90). Von Oktober 1990 bis Oktober 2000 leitete er die Behörde, die die Akten des Staatssicherheitsdienstes der DDR verwaltet und erforscht.

Die Gäste hörten Gaucks Ausführungen aufmerksam zu - und spendeten begeisterten Zwischenapplaus, als er leidenschaftlich für Selbstvergewisserung und Ich-Stärke als Mittel gegen Angst und Zweifel plädierte. Von einer zwischenzeitlichen Geräuschkulisse - ein Kind unter den Zuhörern machte sich bemerkbar - ließ er sich nicht aus der Konzentration bringen. Da zeige sich der geübte Großvater, befand Uni-Rektorin Anja Steinbeck später lächelnd. Sie hatte Gaucks Besuch in ihrer Begrüßung als besondere Ehre und sein Thema als "in der gegenwärtigen politischen und gesellschaftlichen Debatte von hoher Aktualität" gewürdigt. "Seit Anbeginn der Menschheit gab es Wanderungsbewegungen und kulturelle Wechselwirkungen. In unserer heutigen globalen Welt gilt mehr denn je, dass Kulturen keine homogenen und konsistenten Einheiten sind", sagte sie.

Am Donnerstag spricht Gauck bei einer Podiumsdiskussion mit Studenten. Moderieren wird Ulrich Wickert, Heine-Gastprofessor von 2016, der auch am Mittwoch dabei war und von einer "wunderbaren Rede" schwärmte. Überhaupt sei Gauck ein bemerkenswerter Präsident gewesen. Ein Student lobte (von den Umstehenden nickend bestätigt): "Ein richtig kluger Mann. Das Drängeln hat sich gelohnt." Im April kommt Gauck für eine weitere Vorlesung an die Uni.

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(RP)
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