Das erforschen die 15 Unesco-Lehrstühle in Deutschland Netzwerken für Nachhaltigkeit

Um nachhaltige Lösungen für die großen Probleme unserer Zeit zu finden, arbeiten Wissenschaftler weltweit an mehr als 850 Lehrstühlen der Unesco zusammen. Deutschland hat 15 dieser Lehrstühle – die vier in NRW stellen wir genauer vor.

Flutkatastrophen wie im Sommer 2021 im Ahrtal könnte es künftig häufiger geben.

Flutkatastrophen wie im Sommer 2021 im Ahrtal könnte es künftig häufiger geben.

Foto: dpa/Boris Roessler

Wie können wir besser auf Starkregenereignisse und ihre Folgen reagieren? Wie sieht nachhaltige Unternehmensgründung aus, und wie kann man speziell Frauen bei der Gründung eines eigenen Unternehmens fördern? Wie können wir mit unserem Wissen Entwicklungsländer unterstützen – sei es, wenn es um die Berufsausbildung von Jugendlichen geht, oder darum, wie man der Versalzung von Böden entgegenwirken kann? Mit Fragen wie diesen beschäftigen sich die Unesco-Lehrstühle an verschiedenen Hochschulen weltweit. „Das Netzwerk der Unesco-Lehrstühle vereint brillante Köpfe auf der ganzen Welt, um nachhaltige und kreative Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit zu entwickeln“, sagt Maria Böhmer, Präsidentin der deutschen Unesco-Kommission. „Die Lehrstühle spielen eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung der globalen Nachhaltigkeitsziele, indem sie Ideen, Innovationen, Wissen und gegenseitige Unterstützung bieten.“

Kerngedanke der Unesco ist, dass kulturelle Zusammenarbeit und gemeinsame Ideen in Bildung, Forschung und Kultur den Frieden fördern können. Inzwischen sind 195 Mitgliedstaaten in der Unesco vertreten. Um die Ziele der Unesco in Wissenschaft und Bildung zu verankern, sind inzwischen 850 Lehrstühle weltweit entstanden, die die Kooperation mit Hochschulen, Forschungseinrichtungen und gesellschaftlichen Akteuren in Ländern des Globalen Südens, den Entwicklungs- und Schwellenländern, stärken sollen. Bei den Unesco-Lehrstühlen – 15 von ihnen gibt es in Deutschland – handelt es sich um nicht-finanzielle Auszeichnungen von bereits bestehenden Lehrstühlen, die besondere gesellschaftsrelevante Aufgaben erfüllen. Das sind die vier Unesco-Lehrstühle in NRW:

Unesco-Lehrstuhl für Entrepreneurship und Interkulturelles Management, Uni Wuppertal

Der Unesco-Lehrstuhl für „Entrepreneurship und Interkulturelles Management" an der Bergischen Universität Wuppertal ging bereits im Jahr 2005 an den Start. Er verfolgt einen interdisziplinären Ansatz in der Entrepreneurship-Forschung und -Ausbildung. Nachhaltige Entwicklung im unternehmerischen Kontext, die sich auf der Basis von ethischen Normen und Werten vollzieht, ist ein Kernthema. Bei allen Tätigkeiten des Lehrstuhls wird ein besonderes Augenmerk auf die soziale Verantwortung im unternehmerischen Kontext gelegt. So werden etwa seit 2020 Gründerinnen und Gründer auf dem Weg zu ihrer nachhaltigen Unternehmensgründung durch ein Start-up Center unterstützt. Neben der Gründungsberatung werden vielseitige Veranstaltungen angeboten, um Wuppertal zu einem Mittelpunkt für sozial verantwortliches Unternehmertum weiterzuentwickeln. Ein weiterer Schwerpunkt im Sinne der Geschlechtergerechtigkeit wird mit dem Aufbau eines NRW-weiten, hochschulübergreifenden Netzwerks für Gründerinnen gesetzt. Für das Start-up Center und das Projekt „Women Entrepreneurs in Science" konnte der Unesco-Lehrstuhl insgesamt rund vier Millionen Euro an Drittmitteln einwerben.

Unesco-Lehrstuhl für Hydrologischen Wandel und Wasserressourcen-Management, RWTH Aachen

Im Sommer 2010 wurde an der RWTH Aachen ein Unesco-Lehrstuhl zum Themenbereich hydrologischer Wandel und Wasserressourcen-Management eingerichtet. Damit können beispielsweise Studierende der Studiengänge Bauingenieurwesen, Umweltingenieurwissenschaft, Georessourcenmanagement oder Entsorgungsingenieurwesen mehr über die nachhaltige Nutzung von Wasser erfahren. Ein Schwerpunkt ist es, das Thema des lebenslangen Lernens (vom Kindergarten über die Schule und Universität bis zum berufsbegleitenden Lernen) zu unterstützen und gezielt Angebote für die Medien gestützte Wissensvermittlung zu erstellen. Dazu bietet der Lehrstuhl das Schülerlabor „Waterlab“ für die Mittelstufe und die Kinderuni „Rund ums Wasser“ an. Wichtiges Thema des Lehrstuhls ist auch das Starkregenrisikomanagement. Denn Starkregen ist ein Phänomen, welches klimabedingt in Zukunft immer häufiger auftreten und höhere Schäden verursachen wird. Dazu wurde ein Projekt entwickelt, das Studierenden, Ehrenämtlern und Betroffenen die Möglichkeit bietet, fachspezifisches Wissen spielerisch, kollaborativ, mobil und anhand realer Starkregenereignisse zu erlernen.

Unesco-Lehrstuhl für berufliche Bildung, Kompetenzentwicklung und Zukunft der Arbeit, TU Dortmund

Der Dortmunder Unesco-Lehrstuhl für „berufliche Bildung, Kompetenzentwicklung und Zukunft der Arbeit“ entwickelt die Berufsbildungsforschung und die Ausbildung von Berufsschullehrkräften auf nationaler und internationaler Ebene weiter. Er fördert den praxisorientierten Dialog zwischen Wissenschaft und Politik, um die Entwicklung von Berufsbildungssystemen weltweit voranzutreiben. Der Lehrstuhl – der im Jahr 2020 Unesco-Lehrstuhl wurde – kooperiert besonders eng mit Hochschulen in Ost- und Südostasien. Die Wissenschaftler untersuchen, wie die Berufsausbildung in unterschiedlichsten Ländern der Welt funktioniert und welche guten Ideen wiederum für andere Nationen interessant sein könnten.

Unesco-Lehrstuhl für Mensch-Wasser-Systeme, Uni Bonn

Mit dem Unesco-Lehrstuhl für Mensch-Wasser-Systeme an der Universität Bonn soll die nachhaltige Nutzung der Ressource Wasser mit einem besonderen Schwerpunkt auf der Beziehung zwischen Klima-, Wasser- und Ernährungsfragen sowie hydrologischer Extreme wie Dürre und Hochwasser in Südost-Asien sowie im östlichen und südlichen Afrika erforscht werden. „Die Forschung zu Mensch-Wasser-Systemen ist komplex, die inter- und transdisziplinären Zugänge sind zentral für ein besseres Verständnis und die nachhaltige Umsetzung von Wissen“, erläutert die Lehrstuhl-Inhaberin Mariele Evers. So forschen Wissenschaftler der Uni Bonn gemeinsam mit einem internationalen Team beispielsweise in Myanmar: Das Land steht vor Herausforderungen wie Dürreperioden, Überschwemmungen und fortschreitender Versalzung der Böden.

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