Kolumne Studentenleben Stipendien öffnen Horizonte

Begabtenförderung ist in Deutschland ein hohes Gut, das nicht nur Studierenden viele Möglichkeiten bietet. Dabei geht es um mehr als bloße finanzielle Unterstützung. Das Miteinander und der gemeinsame Blick über den Tellerrand stehen im Mittelpunkt.

Sebastian Klomp studiert Medien- und Kulturwissenschaft an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Sebastian Klomp studiert Medien- und Kulturwissenschaft an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Foto: Sebastian Klomp/privat

Kann man mit dem Thema „Bergbautechniken am Tiefseeboden“ besser eine Seminarwoche füllen als mit der Frage „Wie viel Einfluss hat der europäische Adel noch heute?“ Dies diskutiere ich mit den anderen Stipendiaten und Stipendiatinnen von Villigst, dem evangelischen Begabtenförderungswerk. Wir müssen uns nämlich gemeinsam auf Vorschläge für die nächste Sommeruniversität einigen. Diese findet jährlich in Form von einwöchigen Seminaren statt, in denen Stipendiaten und -innen interdisziplinäre Einblicke in andere Studienfelder und Nischenthemen erhalten. Die Themen werden dabei von den Teilnehmern selber vorgeschlagen und akquiriert.

In diesem Jahr findet neben der jährlichen Sommeruniversität im Haus Villigst bei Schwerte auch die Sommerakademie der Werke statt, auf der sich Stipendiaten und -innen aller Bildungswerke treffen, sich gemeinsam austauschen und über die Werte der Demokratie diskutieren.

In Deutschland gibt es 13 sogenannte Begabtenförderungswerke, bei denen sich sowohl Studierende als auch Promovierende um ein Stipendium bewerben können (und sollten). Die Werke sollen laut dem Bundesministerium für Bildung und Forschung die Vielfalt der deutschen Gesellschaft spiegeln und die verschiedenen weltanschaulichen, religiösen, politischen und wirtschaftlichen Strömungen im Land abbilden. So gibt sechs parteinahe Stiftungen, welche formal eigenständig sind, die aber meist den Werten einer Partei nahestehen und von deren Mitgliedern gegründet wurden. Vier weitere Werke stehen jeweils einer der großen Religionsgemeinschaften nahe – also dem jüdischen oder muslimischen Glauben beziehungsweise der katholischen oder der evangelischen Kirche. Dazu kommt ein Werk, das dem deutschen Gewerkschaftsbund nahesteht und eines der Stiftung der deutschen Wirtschaft. Das letzte fehlende Werk ist die Studienstiftung des deutschen Volkes. Die Studienstiftung ist das älteste und größte Werk und ist nicht weltanschaulich gebunden. Die finanzielle Unterstützung, die man mit dem Stipendium erhält, ist aber bei allen Werken dieselbe. Die Studienkostenpauschale, früher Büchergeld genannt, beträgt für alle Geförderten 300 Euro pro Monat. Zusätzlich können Geförderte ein Grundstipendium erhalten, welches ans Bafög und die damit verbundenen Richtlinien angelehnt ist. Das Geld kommt dabei nicht von den Konten der Parteien oder aus dem Topf der Kirchensteuer, sondern wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert.

Die Werke und ihre Stipendien leben aber vor allem durch die ideelle Förderung. Darunter fallen Exkursionen, Alumni-Netzwerke, Weiterbildungsangebote sowie Orts- und Unigruppen, in denen man andere Teilnehmer kennenlernen und neue Freundschaften knüpfen kann. Und natürlich die zu Beginn angesprochene Sommeruni, die für mich nicht nur ein Highlight im Stipendium, sondern mittlerweile ein fester Termin im Kalender ist, auf den ich mich das ganze Jahr über freue.

Und wer weiß, wenn alles gut läuft und mein Vorschlag durchkommt, lerne ich als Medienkulturwissenschaftler im nächsten Sommer tatsächlich etwas über Bergbau am Tiefseeboden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort