Meerbusch Rückzugsort Obstwiese: Eine Heimat für Vögel

Meerbusch · Obstwiesen sind seit Jahrhunderten Teil der Landschaft am Niederrhein. Ohne den Zwang, hohe Ernten einfahren zu müssen, können sich Pflanzen und Tiere dort ungestört entwickeln. Wolf Meyer-Ricks vom Naturschutzbund erklärt, wieso das wichtig ist und was es dafür braucht.

Meerbusch: Rückzugsort Obstwiese: Eine Heimat für Vögel
Foto: Christian Albustin

Auf einem Fußballfeld großen Streifen zwischen zwei Feldern liegt die Obstwiese des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) in Ilverich. Das Gelände wurde 2007 vom Naturschutzbund gekauft und im Folgejahr um 35 Obstbäume erweitert. Wolf Meyer-Ricks (57), Gartenbauingeneur und seit 30 Jahren ehrenamtlicher Mitarbeiter des Kreisverbandes Neuss, pflegt das Gelände mit bis zu 15 Helfern an vier bis fünf Samstagen im Jahr. "Das Gelände stand auch davor schon als Obstwiese im Flurplan", so Meyer-Ricks. Mit dem Kauf wollte der NABU sicher gehen, dass das auch so bleibt.

Meerbusch: Rückzugsort Obstwiese: Eine Heimat für Vögel
Foto: Christian Albustin

"Ursprünglich als hofnahe Weideflächen angelegt, sind Obstwiesen schon seit Jahrhunderten Teil der niederrheinischen Kulturlandschaft." In der Nähe des Hofes konnte so seinerzeit die Obstwiese im Blick behalten werden und diente gleichzeitig als Weidefläche. Die grasenden Tiere fanden dort Schatten und düngten ganz nebenbei den Boden. Neben Kopfweiden seien die kleinen Biotope ganz typisch für die Gegend, die umliegenden Tiere hätten sich im Laufe der Zeit daran angepasst. Den Schwerpunkt setzt der NABU mit seiner Obstwieseninitiative dementsprechend auf Unterschlupf und Zuflucht für Vögel und Kleintiere. Diese versteckten sich auf der Obstwiese im Gehölz, nisteten in hohlen Bäumen und ernährten sich von Insekten und Früchten.

 Nicht alle Sorten sind gleichzeitig reif. "Zwei Apfelbäume warten noch auf ehrenamtliche Helfer für die Ernte", sagt Wolf Meyer-Ricks. Der 57-Jährige ist seit 30 Jahren ehrenamtlicher Mitarbeiter beim NABU. Das Foto links zeigt einen toten Baum, in dem ein Vogel nistet.

Nicht alle Sorten sind gleichzeitig reif. "Zwei Apfelbäume warten noch auf ehrenamtliche Helfer für die Ernte", sagt Wolf Meyer-Ricks. Der 57-Jährige ist seit 30 Jahren ehrenamtlicher Mitarbeiter beim NABU. Das Foto links zeigt einen toten Baum, in dem ein Vogel nistet.

Foto: chal

Eingerahmt wird die Obstwiese von vielen Altbäumen, die schätzungsweise an die 80 Jahre alt seien und schon vor dem Erwerb durch den NABU dort standen. Mirabellen, Birnen, Pflaumen und Walnüsse finden sich dort, einige sind abgestorben. Dies seien hervorragende Nistplätze für Vögel, die ihre Bruthöhle in den toten Baum hineinbauten. "Wir wollen hier vogelfreundliche Bedingungen schaffen, schließlich klauben die uns die Insekten von den Früchten." Chemie kommt hier schließlich keine zum Einsatz, Pflanzen und Tiere werden die meiste Zeit des Jahres in Ruhe gelassen.

In sechs Reihen wurden 2008 in der Mitte des Areals überwiegend Apfelbäume gepflanzt, die Äpfel werden auf dem Meerbuscher Ökomarkt als Tafelobst oder Saft vermarktet. Neben alten Apfelsorten wie dem Rheinischen Krummstiel, dem Dülmener Herbstrosenapfel oder der Roten Sternrenette wurden auch zwei Apfelbäume der Sorte Red Devil gepflanzt. Meyer-Ricks ist begeistert: "Der Red Devil ist zwar eine moderne Züchtung, aber robust und das Fruchtfleisch ist tiefrot. Das ergibt beim Pressen roten Apfelsaft." Die Erträge seien bisher überschaubar, die Bäume sind noch jung. Ein paar Fünf-Liter-Kanister Saft, einige wenige Kisten mit Äpfeln, mehr gibt die Obstwiese bislang nicht her. In ein paar Jahren könne man vielleicht über eine feste Vermarktung mit einem Bauernmarkt nachdenken, sollten die Erträge bis dahin steigen.

Viel Zeit koste es nicht, so eine Obstwiese zu pflegen. "Einmal im Jahr machen wir eine Schnittaktion, meistens samstags. Wir machen das ja alle ehrenamtlich." Neben Schneiden und Ernten müssen auch die Ränder hin und wieder ausgedünnt werden. Dies versorge die mittleren Baumreihen mit ausreichend Frischluft, besonders Birnenbäume liefen sonst Gefahr von Pilzen befallen zu werden. Gemäht werden nur einige Laufwege, die gesamte Fläche wird ebenfalls nur jährlich gestutzt. "So können auch Gräser und Wildblumen einmal im Jahr voll aufblühen".

Von Oktober bis Februar seien die meisten Mitglieder und Helfer des NABU mit der Pflege der ca. 1050 Kopfweiden im Stadtgebiet beschäftigt. Die Ortgruppe schneidet jeden Winter, immer Samstags von 10-14 Uhr, die Kopfbäume, die vor allem in der Ilvericher Altrheinschlinge stehen. Die Äste der Kopfweide würden sonst zu schwer und die Baumkronen auseinanderbrechen.

Bei einigen Bäumen ist sich auch der Experte Wolf Meyer-Ricks nicht sicher. "Wir sind immer auf der Suche nach Experten für alte Sorten." Man vergleiche zwar nach bestem Wissen die Früchte mit der Literatur, aber im Altbestand könnte noch der ein oder andere Schatz verborgen sein.

(RP)
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