Gesetz über Inklusion spaltet das Land
Während Befürworter der schulischen Inklusion durch den gestern verabschiedeten Gesetzentwurf eine bessere Förderung der behinderten Kinder sehen, fürchten Kritiker vor allem einen Qualitätsabfall für den gesamten Unterricht.
Ich wüsste nicht, was gegen die Inklusion spricht. Eine meiner Töchter hat das Down-Syndrom und wollte selbst auf die Regelschule. Das war in jeder Hinsicht richtig. Menschlich, weil sie mit nicht behinderten Klassenkameraden aufgewachsen ist, das Miteinander gelebt hat. Schulisch, weil sie heute einen Arbeitsplatz hat und weiter sehr ehrgeizig ist. Fördern durch fordern, das ist für mich ein wichtiger Aspekt. Menschen wollen eben Dinge nachmachen. Dass nicht behinderte Schüler in der Klasse dadurch ausgebremst würden, kann ich nicht feststellen. Denn es ist in einer gemischten Klasse auch für Schüler ohne Behinderung beruhigend zu wissen, dass jeder nach seinem Tempo lernen kann. Und ein Lehrer, der mit einem Lernbehinderten umgehen kann, der schafft das mit jedem Schüler. Ich mag dieses Argument des Schonraums nicht. In einer Regelschule lernen behinderte Kinder auch, mit ihrer Behinderung umzugehen. Meine Tochter ist glücklich, dass sie diesen Weg gegangen ist.
Was mich an der Diskussion auch empört, ist die Tatsache, dass es seit 30 Jahren inklusive Schulen in Nordrhein-Westfalen gibt. Jede dritte Grundschule hat behinderte Kinder. Die Kritik an der Inklusion kommt oft aus einer Ecke, die bestimmte Interessen vertritt. Dabei bleibt doch ein großer Teil der Förderschulen bestehen, für Kinder etwa mit schwerer geistiger oder motorischer Behinderung, für Blinde oder Gehörlose. Da ändert sich nichts, den Eltern wird nichts weggenommen. Und für alle anderen gilt: Kinder an einer Regelschule werden leistungsmäßig und kognitiv einfach besser gefördert.
Das Thema Inklusion markiert das Versagen der rot-grünen Landesregierung. Es zeigt die unfassbare Art und Weise, wie mit unseren Kindern umgegangen wird. Denn nicht die Kinder stehen im Mittelpunkt, sondern Sparmaßnahmen, die keine sind. Als Elternverein stellen wir nicht in Frage, dass behinderte Kinder in Regelschulen unterrichtet werden dürfen. Wir müssen diesen Schülern aber helfen, mit ihren Defiziten fertig zu werden. Dies geht am besten in den dafür vorgesehenen Einrichtungen, den Förderschulen. Dort sind entsprechend qualifizierte und spezialisierte Lehrer verfügbar. Das ist die beste Form von Inklusion, die man behinderten Kindern bieten kann. Wenn behinderte Kinder aus der Förderschule in eine Regelschule geschubst werden, wird das unglaublich schwer für sie. Vor allem dann, wenn es große Unterschiede bei der geistigen Aufnahmefähigkeit gibt. Das schadet allen, weil der Unterricht nicht mehr voran geht.
Eltern werden von der Landesregierung systematisch hinters Licht geführt. Es heißt immer, Kinder würden dadurch stigmatisiert, dass sie auf eine Förderschule gehen. Tatsächlich gibt es genug Eltern behinderter Kinder, die ihren Nachwuchs von der Regelschule nehmen, weil sie sehen, dass das nicht funktioniert. Förderschulen sind nicht diskriminierend, sie ermöglichen den Zugang zu einer Berufsausbildung. Das Thema Inklusion aber ist nur weiterer Hebel, um unser hervorragend differenziertes Schulsystem zur Einheitsschule umzuwandeln. Es geht aber darum, unseren Kindern die besten aller Möglichkeiten zu eröffnen. Jedes Kind hat nur eine Schulzeit.