Leverkusen Fünf Wasserbüffel blockieren A 3

Leverkusen · Die ungewöhnlichen Hindernisse sorgten gestern für lange Staus auf der Autobahn 3. Stundenlang ging gar nichts mehr, weil die entlaufenen Tiere kreuz und quer über die Fahrbahn liefen. Schließlich betäubte eine Tierärztin die Büffel.

Für Elke Quanz aus Leichlingen-Witzhelden ist die Sache klar: Ihre Leitkuh Lotti wollte zu ihr nach Hause. Quanz ist die Besitzerin der fünf Wasserbüffel, die in der Nacht zu gestern die komplette Autobahn 3 bei Leverkusen lahmgelegt haben. Am Sonntagabend gegen 22.45 Uhr trafen erste Anrufe bei der Polizeileitstelle in Köln ein, dass sich große Kühe auf der Autobahn befinden. Schnell stellte sich heraus: Es handelte sich nicht um Kühe, sondern um Wasserbüffel.

Leitkuh "Lotti" hat offenbar einen ausgeprägten Freiheitsdrang und wollte von der Weide bei Leverkusen wieder heim nach Leichlingen. Bulle Prinz, Kuh Branca und zwei Kälber folgten Lotti vermutlich bis zur Autobahn. Die Weide sei zwar eingezäunt und mehrfach mit Stacheldraht gesichert worden, versichert Tierhalterin Quanz. Doch bei dem Unwetter am Sonntagabend sei ein Baum auf den Zaun gestürzt und habe eine Bresche hinein geschlagen. So war der Weg in die Freiheit für die Tiere frei.

Für viele Autofahrer bedeutete das eine Geduldsprobe, mussten sie doch wegen der Sperrung die ganze Nacht auf der Autobahn verbringen. Die Autobahn war zeitweise in beide Richtungen gesperrt. Bei dem Einsatz mussten Polizei und Feuerwehr improvisieren: Erst trieben sie die fünf Tiere mit Hilfe zweier Lkw, die ebenfalls im Stau standen, und Einsatzwagen vor einer Betonschrammwand in die Enge. Dann baten sie eine Tierärztin des Kölner Zoos, die Büffel zu betäuben. Die Feuerwehr Köln organisierte einen Kran mit einem Tragegeschirr für Vierbeiner. Ein Landwirt stellte einen Tiertransporter zur Verfügung. Erst am frühen Morgen konnte die Fahrbahn wieder freigegeben werden. Allerdings waren die Auswirkungen auch noch für die Pendler im Berufsverkehr spürbar.

Die Weide, von der die Wasserbüffel ausbüxten, liegt im Landschaftsschutzgebiet Pescher Busch unweit der Autobahn. Das Gebiet gehört der Stadt Leverkusen und dem Land NRW. Betreut wird es vom Naturschutzbund (Nabu), der dort eine Naturschutzstation betreibt. Dort werden die Wasserbüffel als Weidetiere eingesetzt, sagt der Geschäftsführer der Station, Sönke Geske. "Sie halten die Natur im Gleichgewicht."

Dass weder Mensch noch Tier etwas passiert ist, ist Glück im Unglück. Auch nachdem die Einsatzkräfte die Tiere eingekesselt hatten, versuchte ein Rind über die Betontrennwand zu klettern und verkeilte sich dabei. Wasserbüffel-Bullen bringen bis zu eine Tonne Gewicht auf die Waage. Außerdem sind die Tiere sehr agil. Sie können bis zu 40 Kilometer in einer Stunde zurücklegen, sagt Landwirt Martin Mölders, der seit 2004 Wasserbüffel züchtet. Die Situation auf der Autobahn sei gefährlich gewesen.

"Wasserbüffel sind sehr sensible und scheue Tiere. Wenn man lange mit ihnen arbeitet, werden sie anhänglich und treu. Doch in einer Stresssituation können die Büffel schnell auf stur stellen und aggressiv werden", erklärt der Leiter des Büffelhofs Kragemann in Bocholt. Wasserbüffel seien Herdentiere. "Die europäischen Wasserbüffel stammen von ihren umgänglicheren Artgenossen in Asien ab und nicht von der deutlich aggressiveren und gefährlicheren Büffel-Art in Afrika", sagt Mölders. "Wasserbüffel sind viel schlauer als Rinder und lassen sich nicht so einfach austricksen."

Es ist nicht das erste Mal, dass Tiere aus der Herde ausbrechen. Ende Mai 2013 überwanden schon einmal einige Exemplare den Zaun. Plötzlich standen sie auf dem benachbarten Reiterhof. Damals konnten sie allerdings eingefangen werden, bevor sie Schaden anrichteten. Zwei Jahre später, Anfang Mai 2015, schafften es dann drei Wasserbüffel bis zur Bahnstrecke zwischen den Stadtteilen Rheindorf und Opladen. Auch damals war Leitkuh "Lotti" verantwortlich für den Ausbruch.

Zur Frage, wer für die Kosten des Einsatzes aufkommen muss, wurden zunächst keine Angaben gemacht. Bei Nutztieren komme grundsätzlich der Halter dafür infrage, sagt der Anwalt Jens Dötsch, ein Experte für Verkehrs- und Versicherungsrecht. Es sei denn, dieser könne beweisen, keine Fehler gemacht zu haben.

Für die fünf Tiere hatte die Exkursion indes ein gutes Ende: Nachdem sie aus der Narkose aufgewacht waren, fanden sie sich in einem Kuhstall mit viel Heu wieder. Ab heute sollen sie dann wieder auf ihrer Weide grasen.

(RP)
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