Tipps für den Urlaub nebenan Schatzkammer für Fußball-Fans in Dortmund

Serie | Dortmund · Eintauchen in die kunterbunte Welt des Fußballs – ein Besuch im Deutschen Fußballmuseum lässt die großen Triumphe des Sports lebendig werden. Mit Pokalen, legendären Livekommentaren und Stadionwurst-Memory.

 Der Originalball aus dem WM-Finale 1954.

Der Originalball aus dem WM-Finale 1954.

Foto: DFM/Kobow

Im Sommer wird mein Sohn Samuel seinen sechsten Geburtstag feiern. Einen Fußball schießen kann er. Sehr gut sogar. Aber das runde Ding und Namen wie Leroy Sané, Robert Lewandowski oder Mats Hummels interessieren ihn eigentlich nicht besonders. Ideale Voraussetzungen also, denke ich, um sich zusammen mit ihm nach Dortmund aufzumachen. Ins Deutsche Fußballmuseum am Platz der Deutschen Einheit. Denn: Einen besseren Kritiker wird es nicht geben.

Lage, Lage, Lage. Ich bin Reporter und kein Immobilienmakler. Aber das ist einfach: Der DFB (Deutscher Fußballbund) hat keine Kosten und Mühen gescheut, um sich mitten der Dortmunder Innenstadt und einen Katzensprung vom Hauptbahnhof entfernt ein Denkmal zu setzen. 2015 wurde der Museumsneubau von der Düsseldorfer HPP-Architektengesellschaft mit der Prämisse errichtet, die Dynamik und die Emotion des Fußballs architektonisch abbilden zu wollen. Samuel versteht von so etwas nichts. Aber wie ein riesiger Spielklotz sehe das Museum aus und übersehen könne man es nicht, meint er und bleibt beeindruckt auf dem Vorplatz stehen.

 Das Museum liegt unweit des Dortmunder Hauptbahnhofs.

Das Museum liegt unweit des Dortmunder Hauptbahnhofs.

Foto: DFM/Hannappel

Die Kasse im Eingangsbereich wirkt fast etwas verloren in der Weite und Höhe der unteren Museumsebene. Und am anderen Ende der Halle: ein Kunstrasenfeld. Von zwei Seiten durch Betontribünen umgeben. Dazwischen ein paar Kickertische und eine kleine Bühne. Eine lange Rolltreppe führt uns direkt auf die zweite Ebene des Museums. Zum Ausgangspunkt des Rundgangs. Hunderte Fußballfans, in den unterschiedlichsten Vereinsfarben gekleidet und an die Wände gemalt, säumen unseren Weg. Wir halten uns an den Händen und tauchen ein in die kunterbunte Welt des Fußballs.

Den Atem jedenfalls halten wir an. In der Mitte eines an zwei Seiten zugänglichen Kreises steht er, (wahrscheinlich) irgendwann 2015 behutsam in die für ihn vorgesehene Plexiglasröhre hineingelegt: Der Endspielball der WM 1954. Er trage die Unterschriften der damaligen Spieler, steht auf der Röhre. Erkennen kann man die nicht. Nicht die von Helmut Rahn oder die von Toni Turek. Trotzdem: Der beinahe golden strahlende Lederball zieht uns in seinen Bann. Samuel legt seine Hände vorsichtig an das Glas. So richtig berühren wolle er ihn gerne mal, flüstert er. Das geht leider nicht.

 Autor Jörg Klemenz und Samuel und der WM-Pokal 2014.

Autor Jörg Klemenz und Samuel und der WM-Pokal 2014.

Foto: Jörg Klemenz

Berühren kann er dafür den alten Fernseher aus den 50ern. Auf ihm zu sehen: Packende Originalszenen aus dem WM-Endspiel ´54 Deutschland gegen Ungarn. Samuel meint, das habe damals aber alles sehr traurig ausgesehen mit so wenig Farbe. So richtig cool finde er nur den Sportmoderator (Herbert Zimmermann), weil der so laut ist. „Aus! Aus! Aus! Das Spiel ist aus! Deutschland ist Weltmeister!“

Aber aus ist jetzt und hier noch lange nichts. Wir kommen vorbei an den Pokalen der Frauen-Nationalmannschaft und lernen etwas über das Thema „Frauen im Abseits“. Ich erkläre Samuel, was damit gemeint ist: Schon immer wollten auch Frauen Fußball spielen. So einfach war das aber für sie früher nicht. Es gab sogar ein Frauenfußball-Verbot. Denn: Viele Menschen wollten Frauen nicht auf dem Fußballfeld sehen. Dieser Sport sei für Frauen zu brutal, zu schnell und viel zu kompliziert, behaupteten sie. Und auch beim DFB erfuhr der Frauenfußball lange Zeit keine ernsthafte Unterstützung. Mittlerweile ist er gut organisiert, auch wenn er in vielen Ländern noch immer um gesellschaftliche Anerkennung kämpft. Für Samuel ist das alles fremd, Linda aus der Papageiengruppe sei die Beste im Fußball, ruft er mir zu. Er steht in der gelben Telefonzelle mit der Aufschrift „Fußballrivalitäten“. Wählt man hier eine bestimmte Ländervorwahl (z.B. 0039 für Italien), dann kann man über den Telefonhörer berühmte Live-Spielkommentare aus einzelnen Länderspiel-Klassikern hören und gleichzeitig durch eine geschickte Körperdrehung auf das hinter der Telefonzelle aufgebaute römische Olympiastadion im Miniaturformat schauen. „Der Triumph von Rom“.

 In dieser Telefonzelle lassen sich legendäre Livekommentare anhören.

In dieser Telefonzelle lassen sich legendäre Livekommentare anhören.

Foto: Jörg Klemenz

Wem das alles zu nostalgisch erscheint, dem sei versichert: Es wird noch nostalgischer. Und damit gemeint sind weder Krake Paul, der als Orakeltier für die „Vorhersage“ von Spielergebnissen bei internationalen Fußballturnieren bekannt wurde und dem eine kleine Ecke in einer der zahlreichen Glasvitrinen des Museums gewidmet ist, noch Mario Götzes rechter Schuh aus dem WM-Finale 2014 (das entscheidende Tor hinein ins Glück schoss er allerdings mit dem linken Fuß). Gemeint ist die sogenannte „Schatzkammer“ des Museums, die eine schwer in Worte zu fassende Magie ausstrahlt: Die vier Weltmeister- und die drei Europameisterpokale Deutschlands gleichsam grazil wie auch königlich in Szene gesetzt. Samuel spürt die Einzigartigkeit dieses Raumes und der Exponate. Er schleicht ein paar Minuten behutsam um sie herum. Sagen muss ich nichts.

 Die Stadionwurst als Memory-Spiel.

Die Stadionwurst als Memory-Spiel.

Foto: Jörg Klemenz

Nur am Ende des Rundgangs, am „Stadion-Snack“ – Memoryspiel, bei dem man sich die Bratwurst eines jeden Bundesligavereins irgendwie visuell einprägen muss, um auch nur den Hauch einer Gewinnchance gegen sein Kind haben zu können, sage ich: „Das ist genug Fußball für heute. Lass uns gehen. Ich habe Hunger.“

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