Tipps für den Urlaub nebenan Wer wird Legionär?

Serie | Haltern · Das LWL-Römermuseum in Haltern blickt auf vielfältige Art und Weise zurück in die Zeit kurz nach Christi Geburt. Die Verantwortlichen suchen ständig neue Wege, um Besucher anzulocken – etwa mit einem Römer-Escape-Room oder einer App, in der man Fischhändler und Kämpfer kennenlernt.

 Kinder betrachten in einer Vitrine Mini-Legionen.

Kinder betrachten in einer Vitrine Mini-Legionen.

Foto: LWL-Römermuseum/J. Hähnel

Nein, langweilig oder gar angestaubt kommt das vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) betriebene Römermuseum in Haltern am See so gar nicht rüber. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass an diesem Ort mehr als 2000 Jahre zurückgeblickt wird. Also in die Zeit unmittelbar nach Christi Geburt, als die Römer immer wieder ins westfälische Hinterland zogen und dabei ihre Militärlager unter anderem auch in Haltern aufschlugen. Sogar das römische Kastell Aliso, das die Römer während der berühmten Varusschlacht nutzten, wird in Haltern vermutet.

Das überregional bedeutende Museum bietet lebendige Geschichte, die nicht nur in Vitrinen ausgestellt ist. „Es ist als Mitmach-Museum konzipiert. Anfassen und Ausprobieren ist ausdrücklich erwünscht“, sagt Museumsleiter Josef Mühlenbrock. Und so ist das seit 1993 als Zentralstandort für römische Geschichte in Westfalen festgelegte Museum, das mehr als 1200 Originalfunde aus der gesamten Region ausstellt, sowohl für Erwachsene als auch für Kinder ein beliebter Anziehungspunkt.

 Ein alter Töpferofen.

Ein alter Töpferofen.

Foto: LWL-Römermuseum/J. Hähnel

Die neue Sonderausstellung „Rom in Westfalen 2.0“, die aktuell in Haltern zu sehen ist und die in die Dauerausstellung integriert wurde, passt da bestens ins Bild. Sie ist Teil der Archäologischen Landesausstellung Nordrhein-Westfalen 2021/2022. Im Juli des vergangenen Jahres wurde der Niedergermanische Limes zum Unesco-Welterbe erklärt. Er war eine der wichtigsten Grenzen des Römischen Reiches. Rund 230 Kilometer verliefen auch durch Nordrhein-Westfalen. An fünf Ausstellungsorten werden noch bis Oktober 2022 Neufunde, Modelle und Aktionen aus dem Alltag der ehemaligen römischen Provinz Niedergermanien präsentiert. Neben Haltern ist dies noch in Detmold, Xanten, Bonn und Köln der Fall.

Das LWL-Römermuseum gibt seinen Besuchern jetzt die Gelegenheit, in die Welt der damals beteiligten Personen einzutauchen. Und das auf attraktive und moderne Weise. Da wäre beispielsweise die Entdeckungskarte „Tierisch gefragt“ oder die App „Wer wird Legionär?“ Bevor sich die Besucher diesen Herausforderungen stellen, können sie auf einem Rundgang erst einmal einige der Protagonisten kennenlernen. Und zwar genau so, wie es junge Menschen in den sozialen Medien gewohnt sind.

Vom Händler Ambiorix erfahren sie zum Beispiel dessen Motto „Geld stinkt nicht, Fisch schon!“, seinen Status, ob er in einer Beziehung ist, und was ihm gefällt. Wer sich die App herunterlädt, kann den Pionier Caius begleiten oder dem Bauhandwerker Marcus beim Errichten des Römerlagers über die Schulter schauen. Und er wird bei der Beantwortung der kniffligen Fragen herausfinden, ob er sich eher als Legionär oder doch mehr als Händler oder germanischer Widerstandskämpfer eignet.

 In dem im im Bau befindlichen Wachhaus wird künftig ein Escape-Room sein.

In dem im im Bau befindlichen Wachhaus wird künftig ein Escape-Room sein.

Foto: Michael Elsing

Das Halterner Römermuseum kann im Zuge der Landesausstellung aber noch mit einer weiteren Neuerung aufwarten. Der Nachbau eines Wachhauses ist in vollem Gange. Und dabei wird auch darauf geachtet, dass das Gebäude, dessen Existenz bei Ausgrabungen im Jahr 2013 zu Tage trat, originalgetreu rekonstruiert wird: Das Ständerwerk steht bereits, der Lehmbewurf ist ebenfalls so gut wie abgeschlossen, wobei sich auch Besucher an dieser Arbeit beteiligen konnten. Nun soll auch die Inneneinrichtung 1:1 nachgebaut werden.

 Josef Mühlenbrock ist Museumsleiter des LWL-Römermuseum in Haltern.

Josef Mühlenbrock ist Museumsleiter des LWL-Römermuseum in Haltern.

Foto: Michael Elsing

Und noch einen Clou verrät Josef Mühlenbrock in diesem Zusammenhang: „Im Innern wird es einen Escape-Room geben, in dem Rätsel rund um das Thema ‚Aliso‘ gelöst werden müssen. Das wird Deutschlands erster Römer-Escape-Room werden. Und es ist ein weiterer Beweis dafür, dass wir andere Wege gehen wollen, um neue Besucher für uns zu gewinnen“, sagt er.

Die Corona-Krise hat ein weiteres Thema ganz automatisch in das LWL-Römermuseum gespült: die Digitalisierung. Man muss längst nicht mehr vor Ort sein, um die Vorzüge des Museums genießen zu können. Und so stellte das Goethe-Institut in Südkorea eine Anfrage, und wenig später nahmen die dortigen Schüler an einer digitalen Führung teil.

Spektakulär wird es bald auch auf dem Außengelände. Dort bekommt man auf der 2016 errichteten Holz-Erde-Mauer, die gemeinsam mit dem Westtor einen Teil der Befestigung des römischen Hauptlagers darstellt, eine VR (Virtuelle Realität)-Brille gereicht. Aufgesetzt, werden sogleich nicht nur alle modernen Gebäude ringsherum ausgeblendet, sondern es erscheint auch ein Centurio, der direkt das Gespräch mit dem Träger der Brille sucht.

Authentizität gibt es in Haltern aber auch aus Fleisch und Blut. Dafür sorgt eine etwa 20-köpfige Römer-Truppe, die sich mittlerweile gebildet hat und die bei Veranstaltungen des Museums regelmäßig in entsprechenden Kostümen in die Rollen der Römer schlüpfen. Auch einen eigenen Blog, der über die Website des Museums zu erreichen ist, betreibt diese Gruppe. Aktuell geht‘s dort natürlich um Aliso 2.0.

Die beste Gelegenheit, um die römische Geschichte in Haltern hautnah zu erleben, ergibt sich schon am 6. und 7. August. „Da finden unsere Römertage statt. 200 Darsteller werden dabei sein, und wir erwarten rund 10.000 Besucher. Darauf freuen wir uns schon sehr“, sagt Mühlenbrock.

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