Tipps für den Urlaub nebenan Eine Tour mit Krefelds Schluff

Serie | Krefeld · Mit Krefelds prachtvoller historischer Dampfeisenbahn lassen sich wunderbare Tagesausflüge gestalten – auch als Kombination mit Radtour, Spaziergang, Spielplatz- und Biergartenbesuch. Wir stellen Krefelds schönste Lok vor.

Prachtvoll, schön und mit der Kraft von 650 PS: die historische Lok.

Prachtvoll, schön und mit der Kraft von 650 PS: die historische Lok.

Foto: Strücken,Lothar/Strücken, Lothar (slo)

Wenn der Schluff kommt, lernt man zu staunen, und das Staunen ist bekanntlich der Ursprung aller Philosophie. Der Schluff hat eine einzigartige Ausstrahlung – er ist ein Wesen irgendwo zwischen Tier und Maschine, lebendig und mechanisch zugleich. Obwohl er jede Menge Dampf ausstößt, hat er nichts von einem Drachen – er wirkt im Gegenteil sanftmütig, obwohl stark und schwer und mächtig. Eine gute Mischung, wohl dem, der solche Freunde hat. So löst der Schluff eine Fülle von positiven Gefühlen aus – kein Wunder, dass diese Lok und der Zug, den sie zieht, in Krefeld und der Region viele Freunde haben.

Der Schluff ist eine klassische Dampflok. Sie pendelt über mehrere Haltepunkte zwischen St. Tönis und dem Hülser Berg in Krefeld hin und her und ermöglicht wunderbare Tagesausflüge in ganz verschiedener Länge oder Ausgestaltung: Für Familien mit Kindern ist der Hülser Berg ein schönes Ziel, wo man spazieren gehen oder sich auf einem Spielplatz austoben kann, der wiederum zur Bergschänke gehört, einem Ausflugslokal mit Biergarten. Erwachsene können ihre Räder mitnehmen und vom Hülser Berg aus entweder eine Rundtour machen und mit dem Schluff zum Ausgangspunkt des Ausflugs zurückfahren oder nur die Hin-Tour mit dem Schulff absolvieren und mit dem Rad zurückfahren. Oder von St. Tönis aus in einer knappen Stunde zum Hülser Berg fahren, dort einen schönen Spaziergang samt Biergarten-Stopp machen und nach knapp zwei Stunden wieder nach St. Tönis zurückfahren.

 Die Fahrgäste können beim Schluff im Gepäckwagen auch Fahrräder mitnehmen.

Die Fahrgäste können beim Schluff im Gepäckwagen auch Fahrräder mitnehmen.

Foto: Peter Kamp

Eine Überlegung wert ist es auch, auf halber Schluffstrecke einen Stopp beim Nordbahnhof einzuplanen oder gar den Ausflug dort beginnen und enden zu lassen. Der Nordbahnhof ist einerseits ein echter kleiner historischer Bahnhof, andererseits eines der beliebtesten Lokale Krefelds – mit einer Speisekarte, die garantiert ebenso kinder- wie erwachsenenkompatibel ist. Man kann selbstredend draußen sitzen – passend zum Schluffausflug auf dem ehemaligen, sehr schön hergerichteten Bahnsteig an der früheren Strecke, die heute nur noch für den Schluff in Betrieb ist.

Nicht nur die Lok ist ein Erlebnis, sondern auch die Eisenbahnwagen für die Fahrgäste des Schluff, die aus den Jahren 1900 bis 1915 stammen und auf besondere Weise eine Eisenbahnepoche spiegeln, in der die erste Klasse noch über Plüschsessel verfügte.

Aber der Star ist und bleibt die mächtige Dampflok selbst, die in Krefeld voller Respekt und aus historischen Gründen die Graf Bismarck heißt. Die Dampflok wurde 1947 in Kassel gebaut und ist dem Typ nach eine „Henschel D 600“. Ab 1948 tat sie ihren Dienst in der Zeche Fürst Bismarck, einem Steinkohlebergwerk in Gelsenkirchen, das bis 1966 das „schwarze Gold“ förderte. Hier liegt der Grund, warum die Lok nicht auf Tempo, sondern auf Kraft ausgerichtet ist: Mit ihren 650 PS und dem Gewicht von gut 66 Tonnen musste sie auf dem Gelände der Zeche Kohle transportieren. Sie war auf eine Höchstgeschwindigkeit von 40 Stundenkilometer ausgerichtet und zuckelt heute mit 20, 25, höchsten 30 km/h zwischen St. Tönis und Hülser Berg hin und her.

 Zum Saisonstart des Schluff gibt Schaffner Dominic Greven auf dem Nordbahnhof das Signal zum Start der Saison.

Zum Saisonstart des Schluff gibt Schaffner Dominic Greven auf dem Nordbahnhof das Signal zum Start der Saison.

Foto: Peter Kamp

Die Strecke, auf der der Schluff heute unterwegs ist, ist der Rest einer der ältesten privaten Bahnstrecken in Deutschland, die 1868 als Krefelder Eisenbahn gegründet worden war, bis 1951 als reguläre Personenverkehrslinie und bis 1985 als Güterverkehrsstrecke betrieben wurde. Parallel dazu entwickelte sich ab 1979 eine Ausflugsstrecke, bis 1979 von einer Diesellok und ab 1980 von der Graf Bismarck bedient wurde. Fahrräder konnten in einem Packwagen mitgeführt werden.

Der Zugname Schluff spielt auf das zischende Geräusch der Lok an, das an einen schlurfenden Pantoffel – auf niederrheinisch „Schluffe“ – erinnert. Betrieben wird der Schluff heute als Museumseisenbahn – unterstützt von den Krefelder Stadtwerken, von den Vereinen „Schluff und historische Verkehrsmittel Krefeld“, „Freunde der Eisenbahn Krefeld“ und „Interessengemeinschaft Schienenverkehr Krefeld“, von der „Hafen Krefeld GmbH & Co. KG“, die den Krefelder Rheinhafen betreibt, und von der Sparkassenstiftung Krefeld, die die Pflege der Graf Bismarck mitfinanziert, denn alte Dame ist seit 1995 Bewegliches Denkmal und muss immer wieder sorgfältig überholt werden. Wie jedes Auto muss die Graf Bismarck zum TÜV, sprich alle sechs bis acht Jahre zur Hauptuntersuchung (HU). Die jüngste HU ist gerade überstanden, die vorletzte war 2014 fällig und hat seinerzeit 390.000 Euro gekostet.

 Schluff Hülser Berg

Schluff Hülser Berg

Foto: SWK

Die Lok wird dabei im Dampflokwerk Meiningen in ihre Einzelteile zerlegt und begutachtet bis hin zu der Frage, ob im Metall Haarrisse auszumachen sind. Wurde die Lok früher mit Kohle befeuert, wird heute Dieselöl zur Dampfherstellung verwendet – denn Wasserdampf ist bekanntlich die Kraftquelle für die Lok, jene Kraft die auch in der Küche den Deckel über einem Topf mit brodelndem Wasser flattern lässt. Kohle wäre wegen des Funkenflugs zu gefährlich – früher haben diese Funken auf den Feldern durchaus Brände ausgelöst.

Heute löst der Schluff kein Feuer mehr aus – es sei denn das Feuer der Begeisterung bei seinen kleinen und großen Fahrgästen. Versprochen: Der Urlaub nebenan fängt schon an, wenn die Graf Bismarck sich unter Dampf dem Bahnsteig nähert.

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