Lecker Essen in Remscheid Kein Stern (mehr), der seinen Namen trägt

Serie | Remscheid · Fast 20 Jahre lang war Ulrich Heldmann aus Remscheid Sternekoch, dann blieb die Auszeichnung aus. Doch der Maître ist glücklicher denn je.

Heldmann & Herzhaft-Inhaber: Ulrich Heldmann ist mit Leib und Seele Koch, ob mit oder ohne Stern.

Heldmann & Herzhaft-Inhaber: Ulrich Heldmann ist mit Leib und Seele Koch, ob mit oder ohne Stern.

Foto: Jürgen Moll

„Probieren Sie doch mal“, bittet Ulrich Heldmann und kratzt einen Löffel nougatfarbenes Eis aus einem Behälter. Dann schaut der 58-Jährige erwartungsvoll fast wie ein Kind auf die Reaktion. Und tatsächlich: ein nie vorher erlebter Geschmack zum Niederknien. Ein Hauch von Marzipan, von Kaffee und leicht rauchig, unaufdringlich süß. Hoher Suchtfaktor. „Mädesüß“, erklärt der Meister der gehobenen Küche und ganz offensichtlich freut er sich riesig über das positive Feedback, „eine Heilpflanze. Für dieses Eis kommen Gäste von ganz weit her“.

Natürlich stammt die Kreation vom Chef de cuisine höchstpersönlich und nicht nur das: „Die heimischen Kräuter sammele ich alle selbst, das ist mein Hobby, meine Möglichkeit zu entspannen, herunterzufahren.“ Ulrich Heldmann lacht, er ist in seinem Element. Dieser Mann, das steht nach wenigen Minuten fest, ist voller Leidenschaft für das, was er tut und: Er tut es ganz offensichtlich ziemlich gut. 2001 wurde der gebürtige Wuppertaler in seinem Restaurant „Heldmann & Herzhaft“ erstmalig vom Guide Michelin mit einem Stern ausgezeichnet, danach jedes Jahr aufs Neue, 18 Jahre lang.

Im Städtedreieck Remscheid, Solingen und Wuppertal war er der Einzige mit dieser Auszeichnung und damit das Aushängeschild der gehobenen Küche in der Region. „Man hat damals schon gemerkt, wie stolz vor allem Remscheid auf uns war und natürlich hat mich das auch immer wieder sehr glücklich gemacht“, erinnert sich Ulrich Heldmann gerne zurück und lächelt dabei. „So ein Stern zieht die Gäste an, es zeugt ja nun auch von wirklich hoher Qualität.“

Lange hatte Heldmann einen jungen, hochtalentierten Küchenchef an seiner Seite, Tobias Rocholl, mit dem er gemeinsam kreative Ideen erarbeitete, ausprobierte, kreierte und die Gäste immer wieder aufs Neue verzückte. Doch als Rocholl 2019 den Betrieb verließ, weil er eine Küche in Bad Neuenahr übernehmen konnte, musste Heldmann sein gastronomisches Konzept verändern: Zuvor konnten Gäste zwischen dem Sternerestaurant und dem Bistrobereich mit herzhaften Speisen wählen, doch mit dem Weggang Rocholls verkleinerte sich das Team, Heldmann musste beide Küchen zusammenlegen und erhielt seitdem keinen weiteren Stern mehr. „Ich sehe das nicht so eng, ich bin ja nach wie vor ein Sternekoch. Dass ich die Anforderungen erfüllen kann, habe ich ja lange genug bewiesen“, erklärt er augenzwinkernd. Und: Seit dem Wegfall der Auszeichnung würden noch mehr Menschen kommen als vorher. Heldmann lacht wieder. „Das ist witzig, oder? Ich glaube einfach, viele Leute hatten Berührungsängste.“

Heute, so sagt es der sympathische Gastronom mit fester Stimme, heute würde ihm die Arbeit viel mehr Freude bereiten, weil viel Druck von ihm abgefallen sei. „Wissen Sie, wenn man Sternekoch ist, wird erwartet, dass man immer einen Wolfsbarsch oder Ähnliches frisch vorrätig hat, weil, es könnte ja danach gefragt werden. Aber wir sind nicht das Adlon, das wirklich alle Wünsche jederzeit erfüllen kann.“ Heute könne er einem Gast problemlos erklären, dass ein gewünschtes Produkte gerade nicht vorhanden sei. „Ich bitte den Gast dann, Sonderwünsche künftig einige Tage vorher anzukündigen und erfülle sie natürlich liebend gern.“ Heldmann lehnt sich entspannt zurück: „Und ich bin viel weniger verbissen als früher, ich bin ruhiger und geduldiger, es tut im Ganzen mir und allen anderen richtig gut, dass uns der große Druck genommen wurde.“

Dennoch: Von seinem Ehrgeiz, seiner Leidenschaft für die anspruchsvolle Küche hat der Maître nichts verloren. Nach wie vor sucht er stets nach neuen Inspirationen und setzt diese gemeinsam mit seinen Mitarbeitern um. „Wenn meine Frau und ich zum Beispiel am Meer sind, dann fallen mir viele Ideen rund um Meeresfrüchte ein. Oft probiere ich sie direkt in unserer Ferienwohnung aus.“

Viel Wert legt Heldmann auf die regionale Küche und diese Bezeichnung nimmt der Küchenmeister auch wirklich ernst. „Ich beziehe das Fleisch aus der Umgebung und auch das Mehl. Und wir achten darauf, dass unsere Lebensmittel möglichst keine Konservierungsstoffe enthalten. Ganz vermeiden lässt sich das manchmal nicht, aber wir schauen da ganz genau hin.“

An diesem Tag hat das Restaurant geschlossen, Heldmann freut sich auf einen schönen Waldspaziergang. Er beeindruckt, weil er so bei sich angekommen zu sein scheint, weil er nicht abgehoben wirkt, weil er den Dingen mit so viel Begeisterungsfähigkeit und Leidenschaft begegnet, fast wie ein Kind. Eigentlich  ein Wunder, dass die beiden Kinder beruflich nicht in seine Fußstapfen getreten sind: die Tochter studiert Ökotrophologie, der Sohn Erneuerbare Energien. „Beide wohnen weiter weg. Wenn sie kommen, gibt es natürlich auch immer etwas besonderes zu essen. Aber glauben Sie mal nicht, dass die alles mögen, was ich zaubere“, erzählt der stolze Zweifachvater, „unser Sohn zum Beipiel hasst meine zubereiteten Nierchen und das, obwohl unsere Gäste sie lieben.“

Aber gibt es denn auch etwas, was der Meister himself verabscheut? „Oh ja, Kutteln“, platzt es aus Heldmann regelrecht heraus, „ich finde den Geruch absolut widerlich, das geht gar nicht.“ Dann macht er eine kurze Pause. Grinst. „Und naja, da gibt es noch etwas Bananen. Bananen jeglicher Art in jeglicher Zubereitungsform. Da kann man mich mit jagen. Die werden Sie bei uns auch nicht finden. Nirgends auf der Speisekarte. Niemals.“

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