„Anständige Männer-Portionen“ Wie das Wisseler Schnitzelhäuschen zum Renner wurde
Kalkar · Das Wisseler Schnitzelhäuschen ist bei seinen Gästen nicht nur für Portionen bekannt, bei denen selbst jene mit großem Hunger satt werden. Deflef Schaale betreibt hier seine Pommesbude – und will auch genau das.
Volker Zitzke und Christoph Berson sind Polizeibeamte. In ihrer Mittagspause sitzen sie im Wisseler Schnitzelhäuschen. Wer hier die Spezialität des Hauses bestellt, muss vor allem eins haben: Hunger. Und das haben die Ordnungshüter. Zitzke ist ein Hüne. Zwei Meter groß und Sportler. „Während ich sonst schon mal leicht zwei Schnitzel bestelle, reicht mir hier eins vollkommen. Mehr schaffe ich nicht“, sagt er. Sein Kollege nickt und betont: „Das sind anständige Männer-Portionen.“ Die Schnitzel nebeneinandergelegt begraben hier den Teller unter sich. Doch ist es nicht allein die Fläche, die das Duo begeistert. Es schmeckt auch, wie beide versichern.
42 Plätze gibt es im Wisseler Schnitzelhäuschen. Mindestens in drei Durchgängen sind jeden Freitag, Samstag und Sonntag die Stühle mit Gästen besetzt. Im Sommer gibt es auf der Terrasse zusätzlich 25 Plätze. Hinzu kommt die Reihe von Wartenden an der Theke, die sich ihr Essen mitnehmen.
Das Haus steht in der Kalkarer Ortschaft Wissel an der Dorfstraße. Chef der Stube ist Detlef Schaale (55). Während andere Lokale dies als Herabwürdigung betrachten, ist für ihn die Beschreibung Pommesbude genau richtig. „Das will ich auch sein“, sagt er. Einst ein Stück deutscher Esskultur, schrumpft die Zahl der Buden immer weiter, in denen es um Pommes, Currywurst und Schnitzel geht. Wer das nicht will, ist hier nicht richtig. Schaale ist den Weg gegen den Trend gegangen und hat mit seinem Lokal ein Angebot wiederbelebt. Entgegen der Flut von Pizza-, Döner- oder Hamburger-Läden.
Der Pommesbuden-Besitzer ist gebürtiger Klever und von Beruf ausgebildeter Koch. Die Lehre absolvierte er beim damaligen Hotel Heek an der Lindenallee. Im Schweizerhaus arbeitete er ebenso, anschließend in Frankfurt oder auch im Ausland. „Es ging ständig eine Etage höher“, blickt der 55-Jährige zurück. Aus familiären Gründen zog es ihn dann zurück in die Heimat. Nachdem Schaale mit seinem ersten Lokal vor Ort Schiffbruch erlitt, entschloss er sich, die Pommesbude zu eröffnen. In seiner beruflichen Laufbahn eine der wohl besten Entscheidungen.
Vier festangestellte Mitarbeiter und zwölf Minijobber gehören zu seinem Team. Stolz ist der Chef darauf, dass er sie alle während der Corona-Zeit weiter beschäftigen und bezahlen konnte. Auch weil er sich, neben dem Häuschen mit einem Catering-Angebot ein zweites Standbein aufgebaut hat.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis zieht die Menschen nicht allein aus dem Kreis Kleve an. „Hier sitzen regelmäßig Gäste aus Krefeld, Duisburg oder Düsseldorf. Etliche von denen kenne ich mittlerweile gut“, sagt Schaale. Allein das Innere der Pommesbude hat nichts mehr mit denen von früher gemein. Bestimmten einst dunkel lackierte Bänke aus Eiche rustikal das Interieur, so sind es im Wisseler Haus ausrangierte historische Bauerntische und Stühle.
Beim Blick auf die Speisekarte wird schnell klar, dass das Haus seinen Namen zu Recht trägt: 21 verschiedene Schnitzel-Gerichte werden aufgeführt. Darunter auch ein Klassiker, das sogenannte „Zigeunerschnitzel“. Heute heißt es häufig Puszta- oder Schnitzel nach Balkan-Art. Der 55-Jährige sagt: „Ich habe das weiter so auf der Karte. Bei mir fragt niemand nach einem Pusztaschnitzel. Alle wollen eins nach Zigeuner-Art.“ Wer das in der Pommesbude in der Größe „normal“ bestellt, zahlt dafür 13,30 Euro und muss großen Appetit mitbringen. Was Schaale von seinen Kunden regelmäßig hört: „Das sind die größten Schnitzel, die es weit und breit gibt.“ Und wer hier eine Frikadelle bestellt, der bekommt gleich zwei. Warum? „Die ist so groß, da kann man besser zwei draus machen. Die meisten verdrücken die erste direkt an der Theke“, erklärt der Chef.
Mittlerweile spiele der Markt jedoch verrückt, was etwa die Einkaufspreise für Fleisch betrifft. „Dann muss ich manchmal Tagespreise nehmen. Was ich nicht mache, ist die Größe ändern. Wie es Verbraucher etwa von Geschirrspültabs kennen. Derselbe Preis, aber weniger im Karton.“
Hier wird Wert darauf gelegt, möglichst alles so zu belassen, wie es ist und die Kunden es erwarten. „Ich muss hier nur ein anderes Fett nehmen, das merken die Leute sofort. Und genau das wollen sie nicht“, sagt der 55-Jährige. Deshalb lässt er alles, wie es seine Kundschaft gewohnt ist. Detlef Schaale hat die Pommesbude erfolgreich wiederbelebt. Ein Fall von moderner Marktwirtschaft.