Süßes Paradies in Radevormwald In diesem Atelier werden Torten zur Kunst
Serie | Radevormwald · Im „Tortenatelier“ in Radevormwald erschafft Konditormeister Stefano Gallus seit 2012 kreative Hochzeitstorten und andere Leckereien.
Manchmal sind es Kleinigkeiten, die dafür sorgen, dass etwas ganz Eigenes entsteht. „Eigentlich wollte ich Koch werden. Weil ich den Umgang mit Lebensmitteln immer schon geliebt habe“, sagt Stefano Gallus und lacht. Dann habe er allerdings die Arbeitszeiten gesehen, zu denen Köche in der Regel tätig seien. „Das war durchaus abschreckend“, sagt er. Über ein Praktikum in einer Bäckerei kam er dann 1985 als 17-Jähriger ins Café Noll in der Nachbarstadt Remscheid.
„Dort habe ich dann meine Ausbildung zum Konditorgesellen gemacht“, sagt er. Das sei sein großes Glück gewesen, wie er rückblickend feststellt. „Denn in den 1980ern sind die ganzen Convenience-Produkte modern geworden – nur bei Café Noll nicht. Dort haben wir das Handwerk noch von der Pike auf gelernt – und das gebe ich heute auch an meine Azubis weiter“, sagt Gallus. Mit 26 Jahren hat er dann in Heidelberg seinen Meister gemacht. „Dort war ich für fünf Monate und bin dann zurück ins Bergische gekommen“, sagt er.
Für die folgenden zehn Jahre hat er in Wuppertal die Konditorei in einer Bäckerei geleitet. „Dann habe ich eine Elternpause gemacht – ehe ich mich im Januar 2012 mit dem ‚Tortenatelier‘ an der Kaiserstraße selbstständig gemacht habe“, sagt Gallus. Bis zum vergangenen Jahr hat er noch ein Café in Halver betrieben – das habe er allerdings wegen Personalmangels aufgeben müssen.
„Wir waren zu den besten Zeiten 25 Mitarbeiter in beiden Standorten – jetzt sind wir im ‚Tortenatelier‘ in Rade 13 Mitarbeiter, inklusive Fahrer und Auszubildende“, sagt Gallus. Er bilde aus, aktuell habe er drei Auszubildende. „Wir haben tatsächlich keine Probleme, neue junge Menschen zu finden, die bei uns die Ausbildung zum Konditor machen zu wollen – übrigens sind es heutzutage praktisch nur junge Frauen, das hat sich zu meiner Zeit vor gut 30 Jahren deutlich geändert“, sagt Gallus.
Im „Tortenatelier“ ist der Name Programm. „Wir bieten zum einen ganz traditionelle Torten, Kuchen und Konditoreiprodukte an“, sagt Gallus. Das zweite wichtige Standbein, für das sein Betrieb auch weit über die Grenzen Radevormwalds hinaus bekannt ist, sind die Hochzeitstorten. „Über das Jahr gesehen halten sich beide Bereiche ungefähr die Waage, wobei natürlich die Hochzeitstorten in der warmen Jahreszeit deutlich gefragter sind“, sagt der Konditormeister.
Für seine Hochzeitstorten hat er 2021 den „Wedding King Award“ bekommen, Brautpaare kommen mittlerweile bis aus Köln, Düsseldorf, Bochum oder auch noch weiter nach Radevormwald, um für den schönsten Tag im Jahr auch noch die schönste Torte zu bestellen. „Am weitesten sind meine Fahrer einmal bis Hamminkeln an den Niederrhein gefahren“, sagt er.
Für den Konditormeister sind die Hochzeitstorten die größere Herausforderung. „Man ist deutlich individueller als zu der Zeit, als ich den Beruf gelernt habe. Heute kommen die Brautpaare mit ganz genauen Vorstellungen zu uns, nach denen wir dann die Torten gestalten“, sagt Gallus. Im Gespräch würde sich da alles ergeben – und letztlich würde es nichts geben, was es nicht gebe. „Oft kommen Brautpaare mit dem Wunsch, die Torte in den Farben der Einladungskarten zu gestalten. Es ist sehr schön und auch ein sehr kreativer Prozess, miteinander in den Austausch zu kommen“, sagt Gallus.
Immer öfter gebe es auch den Wunsch nach themenbezogenen Torten – etwa mit Superhelden als Thema. „Man kann sich hier wirklich verwirklichen, wobei ich schon sehr großen Wert darauf lege, dass wir es immer noch mit Lebensmitteln zu tun haben. Ich achte sehr auf die Qualität der Rohstoffe – wir arbeiten etwa mit 25 bis 30 Prozent weniger Zucker im Vergleich zu meiner Ausbildungszeit“, sagt Gallus.
Es sind zwei Torten, die dem Konditormeister in seiner Zeit im „Tortenatelier“ besonders im Gedächtnis geblieben sind. „Zum einen muss ich hier natürlich die Klopapier-Torte nennen, die Idee dazu hatte meine Tochter, die wir in der Corona-Zeit entwickelt und wirklich sehr oft verkauft haben. Diese Torte hat uns buchstäblich durch die Pandemie gebracht“, sagt Gallus. Die andere besondere Torte ist eine Hochzeitstorte gewesen.
„Das Paar kam aus Köln zu uns nach Radevormwald – es hatte die Hochzeit unter das Motto ‚Dia de los Muertes‘ gestellt und wollte dafür eine passende Torte mit Verzierungen und Totenköpfen haben. Die haben wir hier auch hergestellt – es hat mehrere Tage gedauert, bis sie fertig war. Und der Transport nach Köln war auch durchaus eine echte Aufgabe. Es ist auch nicht einfach, die Torten in unseren Kühlwagen zu transportieren, denn man fährt sehr defensiv, gerade wenn man plötzlich bremsen muss oder ein Schlagloch passiert hat. Da hält man auch unterwegs mal an, um nachzusehen, ob noch alles heil ist“, sagt Gallus und lacht.
Obwohl er jeden Tag mit Torten zu tun hat, isst der Konditormeister sie doch gerne auch noch selbst, wie er lachend sagt. „Gerade mag ich besonders unser Retro-Bananen-Dessert – das ist ein Marzipan-Makronen-Boden mit einer Schicht Buttercreme, dann Bananenscheiben und Kuvertüre drüber – und unsere vegane Schoko-Nugat-Torte. Um unsere veganen Produkte, die immer beliebter werden, kümmert sich eine Mitarbeiterin, die auch diese Torte entwickelt hat“, sagt Gallus.