Fantastisches Kindertheater im FFT

Die arme Murmel hat noch nie das Meer gesehen. Dabei ist sie doch ein Meerschweinchen, noch dazu ein besonders schönes mit langen Haaren. Das Meer muss man gesehen haben, findet ihr Freund, der alte Polizeihund Polter. Der ist zwar schon in Rente und hat seit einem Unfall nur noch drei Beine, aber ein Abenteurer ist er immer noch. Und so machen sich die beiden Freunde auf den unbekannten Weg zur Küste. Dumm nur, dass es unterwegs so köstlich nach Suppe riecht. Das bringt die Wanderer ab vom Weg – und mitten hinein in den dampfenden Kessel, dessen duftender Inhalt verzaubert ist.

Wenn die Düsseldorfer Gruppe "half past selber schuld" Theater macht, dann betreten bunte Fantasiegestalten die Bühne und erzählen doppelbödige Geschichten, die fließend zwischen Sprache und Musik wechseln. Comictheater könnte man diesen ungewöhnlichen Stil nennen, haben "half past selber schuld" für Erwachsene doch auch schon Comics für die Bühne adaptiert, durchaus schwere Stoffe darunter wie den Manga-Comic "Barfuß durch Hiroshima"

Ihre Kinderstücke dagegen spinnen die beiden Künstler von "half past selber schuld", die aus Israel stammende Musikerin Ilanit Magarshak-Riegg und der Comiczeichner Frank Römmele, komplett selbst. So schickten sie im FFT bereits zwei Roboter auf die "Suche nach dem Allerbesten". Im neuen Stück "Das Haar in der Suppe" geht mit dem dreibeinigen Hund und dem ängstlichen Meerschweinchen ein leicht versehrtes Paar auf Reisen. Diesmal in einer märchenhaften Geschichte, die von Freundschaft handelt und davon, wie man Angst um der Freundschaft willen überwindet. Denn in der Suppe schwimmen auch unappetitliche Gestalten, wie ein übelgelaunter, muskelbepackter Suppenwächter und sogar ein paar Monster.

Fürchten müssen sich auch Zuschauer ab fünf Jahren nicht, denn obwohl etwa die Monster mit ihren toten Augen durchaus grimmig aussehen, setzen "half past selber schuld" nie auf Schockeffekte oder billigen Grusel, sondern stimmen lieber ein fröhliches "Uhh-Ahh"-Mutmachlied an, mit dessen Hilfe sich Ängste kurzerhand hinwegsingen lassen. Dazu haben die Zuschauer viel zu bestaunen, denn wieder hat sich die Theatergruppe mit größter Liebe zum Detail fantastische Figuren ausgedacht, die sie zum Teil so vor dem Körper tragen, dass die Figuren den Rumpf ergeben, die realen Köpfe der Darsteller die Häupter. Das fordert auf spielerische Art die Vorstellungskraft junger Zuschauer und ist gerade in den Kleinigkeiten komisch. Wenn Polizeihund Polter etwa seinen Reiseproviant aus dem Umhängebeutel holt, was ist das dann? Ein winziger ausgetretener Herren- Pantoffel.

Auch textlich und in den Liedern gibt es solche Feinheiten, was durchaus Geduld fordert von den Zuschauern und eigene Fantasie, um erzählerische Lücken zu füllen. Das Kindertheater von "half past selber schuld" ist fordernd, einfallsreich, lustig, nie albern. Das beste, was man über Jugendtheater sagen kann.

(RP)
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