Experimente auf Tasten beim Approximation-Festival

Er wurde gestreichelt, geschlagen und angeschrien – und jedes Mal war es ein großes Vergnügen, dabei zu sein. Der Bechstein-Flügel im Salon des Amateurs hat beim siebten Approximation-Festival viele Künstler erlebt, die sich mit ihm auf ihre eigene Weise auseinandersetzten.

Nun endete die sechstägige Werkschau zeitgenössischer Musik mit einem Generationentreffen: Pianist Greg Haines, Perkussionist Sytze Priuksma, Sänger Jan Kleefstra und sein Bruder, der Gitarrist Romke, fanden zu einer gemeinsamen Poesie. Danach debattierten die im Sinne des Free Jazz seit über 40 Jahren verbundenen Irene Schweitzer und Pierre Favre am Piano und am Schlagzeug.

Der Auftakt des Festivals fand in der Tonhalle statt, wo die lebende Legende Steve Reich zeigte, dass Musik auf klassischen Instrumenten wie eine Band ohne Dirigent funktionieren kann. Für das Konzert von Francesco Tristano und Moritz von Oswald erschloss sich das Festival mit dem Auditorium des K20 einen neuen Ort, in dem das Duo zuletzt die Synergie von Klavier und elektronischer Musik beschwor.

Die intimsten Momente allerdings konnte man am Geburtsort des Approximation-Festivals, im Salon des Amateurs, genießen: Da eröffnete der kauzige Country-Musiker Howe Gelb den Künstlerreigen. Er provozierte sein Publikum mit der verstärkten Gitarre, verzauberte es am präparierten Klavier und stellte schließlich das harmonische Miteinander beider Instrumente wieder her. Man war ganz nah dabei, als Jan Jelinek und Masayoshi Fujita zwischen wummernden Bassflächen und Vibrafonschwingungen nach neuen Klängen suchten. Gefunden wurden sie von Andrea Neumann und Hanno Leichtmann aus Berlin auf ihrer elektronischen Klangexkursion.

In der virtuosen Performance des Schweizers Nik Bärtsch offenbarte sich die Schnittstelle von Tastenkunst und Kino; dies nahm das Wiederhören mit dem Filmkomponisten Dustin O'Halloran vorweg. Die bei der Livepremiere seiner Band A Winged Victory For The Sullen präsentierten Stücke erwiesen sich als ebenso oscarverdächtig wie die Pianistin Sarah Nicolls. Die Britin begleitete live einen Kurzfilm, dessen klaustrophobischer Stimmung sie mit Wut und Eleganz eine kongeniale Tonspur verlieh.

Der schwarze Flügel spielt nicht mehr die Hauptrolle. Es geht längst um mehr beim Approximation-Festival: um die Lust am Experiment und die Unterhaltung über die Hörgewohnheiten hinaus. So klingt die Zukunft.

(RP)
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