Ein Kölner, der Düsseldorf liebt

Was viele Düsseldorfer schon immer geahnt haben, das bestätigt sich jetzt: Der Kölner an sich hat nichts gegen Düsseldorf, auch wenn er immer wieder so tut. Im Gegenteil – es gibt da durchaus Respekt und Zuneigung, vielleicht sogar noch mehr. Den Beweis trat nun "der" Kölner schlechthin an: Kabarettist Jürgen Becker (51). Kölscher als er kann man kaum sein: Im Schatten des Doms geboren, Ausbildung bei "4711", Studium und schließlich legendäre Erfolge mit der Stunksitzung, den Mitternachtsspitzen, dem Dritten Bildungsweg und, jeden Freitagvormittag, dem frechen Frühstück "Becker und Jünnemann" in WDR 2. Selbiger Sender, sonst der Stadt Düsseldorf eher fern (trotz Hauptstadtstudio), kam nämlich auf die Idee, ausgerechnet den Ur-Kölner Becker in einem Sympathie-Trailer über Düsseldorf auftreten zu lassen.

Becker schlendert in diesem 30-sekündigen Filmchen durch die Stadt, steht vor den Gehry-Bauten, betrachtet die bunten Wände der Kiefernstraße, ist in der Altstadt und am Rhein – und lässt allerlei Spitzen los Richtung "Kölle, ming Stadt am Rhing". Offenbar mag dieser Kölner die Schwesterstadt rheinabwärts, betont das gleich mehrfach, sagt am Ende aber auch – Köln kann beruhigt sein –, dass er seine Heimatstadt natürlich nicht verlassen wird. Dort seien seine Wurzeln, und seine Mutter lebe dort auch noch.

Aber eins ist klar: Becker, durch spitze Zunge und flotten Wortwitz berühmt geworden, sieht Köln offenbar durchaus differenzierter. Vor allem die Band "Höhner" scheint er nur eingeschränkt zu akzeptieren, ihren Gesang eher für gefühlsduseliges Gegacker zu halten. Und deren schnauzbärtigen Frontmann Henning Krautmacher hat er offenbar schon länger im Visier: "Endlich mal kein Schnauzbart, der jetzt was von der schönsten Stadt der Welt singt," witzelt Becker, als er die Düsseldorfer Rheinpromenade betrachtet. Becker über die Höhner: "Die Geflügelpest der Volksmusik. Aber seitdem Tommy Engel nicht mehr dabei ist, ist es schon besser geworden. . ."

Auch anderen Kölner Kabarettisten, die in der (sehr hohen) Becker-Liga spielen, ist das selbstverliebte Köln-Bild ein Gräuel, das Bands wie Höhner, Paveier, De Räuber oder Bläck Fööss zeichnen. Das vermeintlich offene "kölsche Häzz" erweichend (und damit viel Geld verdienend), haben sie einen Musik-Stil entwickelt, der in Köln und dem Umland zigtausende zu Tränen rührt. Schunkelnd liegt man sich in den Armen, wenn Höhner und Co auch kurz vor Weihnachten bei der Eröffnung eines Einkaufszentrums "Viva Colonia" singen. "Üvverall ob de Welt jit et Kölsche" – mit viel Gefühl bedienen diese Bands die Überzeugung vieler Kölner, etwas Besonderes zu sein. Eine bundesweit einmalige Musikszene.

(RP)
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