Düsseldorf Ein Jahr auf Bewährung für Ex-Verfassungsschützer

Düsseldorf · Die Aufregung war immens, doch sie entpuppt sich gestern als Sturm im Wasserglas: Ein Islamist sollte es geschafft haben, das Bundesamt für Verfassungsschutz zu unterwandern. Die Infiltration sei nicht mehr zu stoppen, gibt der Angeklagte sogar zu Protokoll. Seine vermeintlichen radikalen Glaubensbrüder ermunterte er in Chats zu einem Anschlag auf die Geheimdienstzentrale in Köln -das wäre doch "im Sinne Allahs". Der Mann gerät dabei allerdings an einen verdeckt operierenden Mitarbeiter aus seiner eigenen Behörde. Dort glaubt man, in einen Abgrund von Landesverrat zu blicken.

Das Düsseldorfer Landgericht verurteilt den bis dato unbescholtenen 52-jährigen Vater von vier Kindern gestern zu einem Jahr Gefängnis auf Bewährung wegen versuchten Geheimnisverrats. Dabei stutzt der Vorsitzende Richter Jan van Lessen den vermeintlichen Hochverrat zur Agenten-Posse zurecht.

Schon als Banker in einer Volksbank und daheim an der Seite seines schwerbehinderten Sohnes habe sich der 52-Jährige so sehr gelangweilt, dass er sich im Internet in Scheinwelten geflüchtet habe. Unter Alias-Namen nimmt er im Netz Kontakt zu einem ukrainischen Söldner-Bataillon auf und zu einer rechten Rockergruppe namens "Nordic Brotherhood". "Das Ganze hat sich bei mir zu Hause auf dem Sofa abgespielt, während ich auf meinen schwerbehinderten Sohn aufgepasst habe", gesteht er im Prozess. Er wechselt trotz Einkommenseinbußen nach 35 Berufsjahren von der Bank zum Verfassungsschutz, als Beobachter der islamistischen Szene. Der Job gefällt ihm, doch die Langeweile am Wochenende bleibt: "Da sitzt man da mit dem Handy, kann nichts machen und ist wieder im Internet." Und so setzt er etwas in Gang, was ihn aus seinem bürgerlichen Leben erst aus seinem Beruf, acht Monate in Untersuchungshaft und schließlich auf die Anklagebank katapultiert.

Er habe immerhin versucht, Dienstgeheimnisse über Einsatzorte zu verraten, hält ihm der Richter vor. "Es gibt niemanden, der das Ganze mehr bereut als ich", sagt der 52-Jährige.

(dpa)
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