Doppelmord in Hassels vor Gericht

Mit dem Verlesen der Anklage wegen Doppelmordes begann vor dem Schwurgericht gestern der Prozess gegen zwei mutmaßliche Täter. Sie sollen wegen eines Erbstreits beschlossen haben, den 82-jährigen Stiefvater des älteren Angeklagten und seine Halbschwester (39) getötet zu haben.

Mit hängenden Köpfen, aber wortlos verfolgten die Angeklagten gestern vor dem Schwurgericht die Verlesung jener Anklage, die ihnen heimtückischen Doppelmord aus Habgier vorwirft. Mehr als ein Jahr nach dem Tod eines 82-jährigen Rentners und dessen 39-jähriger Tochter in ihrer Wohnung an der Altenbrückstraße in Hassels wird einem 56-jährigen Kaufmann aus Burghaun (nahe Fulda) vorgeworfen, wegen eines drohenden Erbstreits habe er mit einem für 3000 Euro eigens angeheuerten Komplizen (23) seinen Stiefvater und seine Halbschwester durch Kopfschüsse hingerichtet. Die 82-jährige Mutter des mutmaßlichen Anstifters war derweil in einem anderen Zimmer der Wohnung eingesperrt worden und blieb unbehelligt. Ob einer der Angeklagten dazu demnächst aussagen wird, ist noch ungewiss.

Zu Prozessbeginn hatte das Landgericht gestern verschärfte Sicherungsmaßnahmen angeordnet. So flankierten fünf Justizwachtmeister die Angeklagten während der Verhandlung. Im Zuschauerraum waren sämtliche Besucher durch übermannshohe, schussfeste Glasscheiben zusätzlich abgeschirmt. Immerhin werden dem 56-jährigen mutmaßlichen Mordanstifter enge Kontakte zum osthessischen Rotlichtmilieu nachgesagt. Bei seiner Festnahme waren mehrere Spezialeinsatzkommandos der Polizei aus Frankfurt und aus Kassel eingesetzt worden. Damals sollen in seinem Umfeld auch mehrere scharfe Schusswaffen gefunden worden sein.

Die Anklage geht jetzt davon aus, dass jener Mann 2010 davon erfahren habe, dass sein Stiefvater und seine Halbschwester bereits eine Anwältin konsultiert hatten, um den 56-Jährigen enterben zu lassen. Laut Anklage soll das für ihn der Auslöser zum Mordplan gewesen sein. Dazu habe er für 3000 Euro Belohnung seinen 23-jährigen Mitangeklagten angeworben, sei mit ihm dann in den Morgenstunden des 17. Juni 2010 in seinem Opel Kombi nach Hassels gefahren und habe den Komplizen dort für die Tat ausstaffiert: Mit einem Karton, der eine Pistole mit selbst gebautem Schalldämpfer enthielt, mit Handschuhen und Klebeband sollte der Handlanger an der Wohnung der Familie klingeln und sich als angeblicher Paketbote Zutritt verschaffen. Laut Anklage wurde die 82-jährige Mutter des mutmaßlichen Haupttäters dann sofort in eins der Zimmer eingesperrt, wo sie unverletzt blieb, während die Tochter und der Familienvater in einem anderen Raum erst gefesselt, dann durch Kopfschüsse getötet wurden. In ersten Vernehmungen soll der angebliche Todesschütze einen Teil dieser Vorwürfe eingeräumt haben. Ob der 23-Jährige aber auch vor Gericht aussagen und den 56-jährigen Stiefsohn belasten wird, ist noch nicht bekannt.

Zumal der 56-Jährige, wie seine Anwälte gestern erklärten, jetzt schwer getroffen sei von dem massiven Vorwurf, er habe zwei nahe Angehörige nur wegen einer Erbschaft töten lassen. Auch sei ihr Mandant "schwer krank", so dass dessen Verhandlungsfähigkeit nun fraglich sei. Das Gericht will den Prozess, bei dem die Hinterbliebenen der Mordopfer jetzt als Nebenkläger auftreten, zunächst am 5. Oktober fortsetzen. Dann soll auch jene Anwältin als Zeugin gehört werden, die in dem Erbstreit einst von der Familie beauftragt worden war.

(RP)
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