Dieter Nuhr "Der Islamismus ähnelt dem Faschismus"

Düsseldorf Kabarettist Dieter Nuhr beschäftigt sich seit vielen Jahren in seinen Bühnen-Programmen mit Islamismus. Vor Kurzem hat ein Muslim den 54-Jährigen für seine Äußerungen angezeigt.

Dieter Nuhr: Kabarettist, Fotograf, Fortuna-Fan
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Foto: Ilgner/Carstensen

Düsseldorf Kabarettist Dieter Nuhr beschäftigt sich seit vielen Jahren in seinen Bühnen-Programmen mit Islamismus. Vor Kurzem hat ein Muslim den 54-Jährigen für seine Äußerungen angezeigt.

Haben Sie Angst, dass jemand auf Ihre Zuspitzungen nicht mit einem Anwalt, sondern mit einem Sturmgewehr reagieren könnte?

Nuhr Huh... Nein. Ich beleidige ja nicht den Propheten. Da klappt die Zensur durch die Islamisten recht perfekt. Sie können über Jesus Witze machen oder über den Papst oder sogar Helene Fischer, aber wenn man nicht suizidgefährdet ist, lässt man den Propheten aus. Das ist ein Witz, dass es im 21. Jahrhundert noch mittelalterliche Irrationalisten gibt, die die Witzfreiheit einschränken können. Die Fähigkeit dazu haben sie in Paris eindrücklich nachgewiesen.

Nach der Anzeige haben Sie Tausende Kommentare im Internet und Zuschriften bekommen. Welchen Nerv hat diese Debatte getroffen?

Nuhr Offenbar gibt es bei uns eine relativ leise Mehrheit, die großen Wert auf Freiheit legt. Dann gibt es rechte Plärrer, für die der Ausländer immer Schuld ist. Und es gibt die Linke, die jede Kritik am Islamismus für islamophob hält. Also fühlen sich eine Menge Leute betroffen. Außerdem stehen sich plakative Gesellschaftsentwürfe gegenüber: Die islamische Welt im Nahen Osten, die ihre Legitimation aus einem mittelalterlichen Buch ableitet und sich mit Steinigungen und Enthauptungen hervortut. Und unsere offene Gesellschaft, die verschiedene Lebensentwürfe toleriert, aber dadurch verletzlich ist. Da kommen Ängste auf, dass Islamisten unseren Töchtern die Freiheit nehmen wollen, im kurzen Röckchen in die Disco zu gehen. Natürlich würden sie das gerne, aber soweit wird es kaum kommen. Dennoch: Es steht die berechtigte Angst im Raum, dass unsere freiheitliche Gesellschaft durch Attentate gefährdet ist. Das greift die Grundfesten unseres gesellschaftlichen Miteinanders an. Wen das nicht aufregt, der ist völlig stumpf im Kopf.

Trauen sich nach den Attentaten von Paris jetzt mehr Menschen, sich des Themas ohne Schaum vorm Mund zu widmen?

Nuhr Im Moment sieht es eher so aus, als hätte der Anschlag die Polarisierung verstärkt. Je emotionaler die Diskussion wird, umso weniger kommen die zu Wort, die rationale Problemlösungen anstreben. Es gibt schon Verschwörungstheorien, der israelische Geheimdienst hätte den Anschlag verübt, vielleicht auch die Amerikaner, Aliens oder die Pilotengewerkschaft... Das ist für Vernunftbegabte schwer zu verkraften.

Nach Paris verwahren sich nun auch viele Moslems öffentlich wahrnehmbar dagegen, dass Terroristen ihre Religion kapern. Wie wichtig ist das?

Nuhr Das ist das Allerwichtigste. Die allermeisten Muslime sind aufseiten der Vernunft. Es wird Zeit, dass sie das sichtbar machen. Dieser Terror geschieht in ihrem Namen. Dagegen müssen sie sich wehren.

Ist aufgeklärte Vernunft eine Waffe?

Nuhr Wenn wir deutlich machen, dass der Islamismus in seiner Irrationalität dem Faschismus ähnelt. Viele Motive stimmen überein: der Jude, der an allem Schuld ist; die Bewertung jeglicher Kritik als feindlichen Akt; die Behauptung, im Besitz einer ewigen Wahrheit zu sein; die Bereitschaft für die Ehre zu sterben; die Aufstiegsmöglichkeiten in der Hierarchie der Bewegung für Underdogs. Rassenwahn und Religionswahn sind erstaunlich ähnlich. Dem kann man nur mit der Vernunft des Argumentes begegnen.

Ist das jetzt die Stunde, in der Witze wichtiger denn je sind?

Nuhr Der Religionswahn ist lächerlich, diese Gestalten, die mit wutverzerrten Gesichtern der ganzen Welt mit dem Tod drohen, die müssen lächerlich gemacht werden. Da gilt das Gleiche wie auch für Nazismus, Linksradikalismus, Rassismus und so weiter. Man MUSS sich darüber lustig machen, um die Lächerlichkeit offenzulegen.

Müssen Sie Pointen künftig darauf scannen, ob Sie anschließend Personenschutz brauchen?

Nuhr Das mache ich schon seit Jahren. Wer nicht blind und taub war, hat seit Jahren gewusst, dass es Grenzen gibt, die man nicht überschreiten darf. Das ist eigentlich unerträglich und entsetzlich, aber real.

RALF JÜNGERMANN FÜHRTE DAS GESPRÄCH. EINE LANGFASSUNG STEHT UNTER WWW.RP-ONLINE.DE/PANORAMA

(RP)
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