Diese Frau lässt Schiffe bauen

An Petronella Jacobs ist nicht nur der Name ungewöhnlich. Die Wahl-Düsseldorferin mit bayerischem Akzent besitzt eine eigene Schiffswerft. Über 100 Schiffe wurden im vergangenen Jahr bei der "Neue Triton GmbH" in Duisburg auf Vordermann gebracht oder vom Stapel gelassen.

Sie ist der Goldfisch im Karpfenteich, auch wenn sie's mit dem Element Wasser im Allgemeinen und dem Schwimmen im Besonderen gar nicht so hat. Umso erstaunlicher, dass eine eigentlich wasserscheue Kauffrau ausgerechnet beim Schiffsbau anheuert. Die Wahl-Düsseldorferin Petronella Jacobs startete ihre außergewöhnliche Karriere mit 21 Jahren als Angestellte in der Würzburger Reederei Kaufer. Und fand gleich Gefallen an der Binnenschifffahrt. "Da ist man in einer großen Familie", schwärmt sie bis heute. "Es hat noch so einen Hauch von Freiheit und Individualität". Sie wurde schließlich Chefassistentin. Ein Job, der ihr genauesten Einblick in die Branche vermittelte. Und so war nach ihrer Zeit bei Kaufer klar, dass sie dem Schiffsbau treu bleiben wollte. "Ich hatte immer schon im Kopf, mich selbstständig zu machen", erzählt sie.

"Man muss den Markt kennen"

1986 tauchte sie als Maklerin für Schiffsreparaturen und Schiffsbauten weiter in die Materie ein. Sie vermittelte den Werften europaweit Aufträge, war ständig unterwegs zwischen Aachen, ihrem damaligen Wohnort, Antwerpen, Duisburg und Rotterdam. Und sie fiel auf. Als Frau in einer Männerbranche. Als Frau, deren Mann die Kinder hütet. Als Frau, die weiß, was sie will. "Ich habe überall sofort Termine bekommen", erinnert sie sich an die ersten Jahre ihrer Selbstständigkeit. "Viele waren einfach neugierig auf mich." Und um im großen "Männer"-Becken mitschwimmen zu können, redete Petronella Jacobs eben weniger über die Technik als über die kaufmännischen Belange. "Man muss den Markt kennen", sagt sie. Wissen, wer die besten Preise macht, wo die Schiffe am schnellsten wieder fahrtüchtig gemacht werden, über welche Wasserstraßen welche Werft am besten erreicht werden kann. Schließlich ist für eine Reederei nichts teurer, als wenn ein Schiff wochenlang auf dem Trockenen liegt.

2007 tat sich eine neue Chance für die umtriebige Schiffsfrau auf. Die Duisburger "Neue Triton GmbH" stand zum Verkauf. Zuletzt war die 1905 gegründete Traditionswerft von einem belgischen Unternehmer geführt worden, jetzt konnte Petronella Jacobs sich einen ungewöhnlichen Traum erfüllen: eine eigene Binnenschiffswerft. Ihr Arbeitsplatz befindet sich in einem ziemlich schlichten eingeschossigen Bürotrakt direkt neben einem Hafenbecken, aus dem die Schiffe gezogen werden, wenn sie repariert werden müssen. Sechs havarierte oder renovierungsbedürftige Schiffe liegen derzeit in ihrer Werft, drei Tankmotorschiffe, ein Motorschiff, ein Passagierschiff und eine Yacht. Im Sommer 2010 wurde ein neuer Container-Schubleichter, der gemeinsam mit der Neue Triton-Schiffswerft geplant und realisiert wurde, in Duisburg vom Stapel gelassen. Ein Fest für Petronella Jacobs und ihre rund 50 Mitarbeiter. "Der Schubleichter soll jetzt in Serie gehen." Was nach großen Fischen klingt, bleibt dennoch jeden Tag ein "knochenharter Job", weiß die Werftbesitzerin. Auch weil die Binnenschifffahrt in den vergangenen Jahrzehnten sehr gelitten hat. "Viele Werften gingen verloren", erzählt sie. 1967 gab es in Duisburg noch 14 Betriebe, heute sind es mit der "Neuen Triton" noch drei.

Doch Petronella Jacobs hat sich vorgenommen, Farbe in die für Außenstehende eher grau und trist wirkende Branche zu bringen. An die Rückseite des Büro-Komplexes hat sie ein buntes Graffiti malen lassen. Sie selbst mag's ebenfalls farbenfroh. In ihre rötlich-blonden Haare hat sie sich zwei knallrote Strähnen färben lassen. Die korrespondieren mit ihrer knallroten Brille und den knallrot lackierten Fingernägeln. "Ich fühle mich wohl so", sagt Petronella Jacobs selbstbewusst, "habe meinen eigenen Stil."

Dazu gehört auch, dass sie mehr Frauen für die Männerdomäne Schiffsbau begeistern will. "Einen Schiffsbaukurs für Mädchen schreiben und verlegen", gehört zu ihren Plänen. Einen Schwimmkurs zu belegen, hingegen eher nicht. Als Sechsjährige fiel sie mal in ein Becken, von da an wollte sie nicht mehr ins Wasser. Es geht auch ohne Badeurlaub, ist ihr Motto. Dann schon lieber in Düsseldorf am Rhein sitzen und die Schiffe vorbeiziehen lassen. "Das Schöne ist, die meisten kenne ich ja sogar."

(RP)
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