Die Tonhalle als Talentschuppen

Am Tag nach der Enthüllung des Mendelssohn-Denkmals dürfen wir sagen: Der Meister ist dort am Hofgarten schwer zu fotografieren. Am Tag nach dem Festkonzert für Mendelssohn in der Tonhalle dürfen wir freilich sagen: Der Meister geht weiterhin leicht ins Ohr.

Das Haus war voll und summte vor Befriedigung, dass Bürgergeist das Denkmal ermöglicht hatte, doch lag kein diffuser Glanz des Repräsentativen über der Veranstaltung. Im Gegenteil, man fühlte sich wie im Talentschuppen. Mendelssohn war ja sehr jung, als er in Düsseldorf wirkte, und Jugend adelte auch das Konzert.

Vor allem imponierte die griechische Dirigentin Stamatia Karampini, eine handfeste junge Lady im Frack, die sich von den ausgebufften Düsseldorfer Symphonikern nicht ins Bockshorn jagen ließ, sondern ihre Wünsche freundlich und nachdrücklich deklarierte. Sie galten einer sehr straffen, unsentimentalen Lesart von Mendelssohns 4. Sinfonie, der "Italienischen", in der sie keinerlei Wind aus den Ecksätzen nahm und den zweiten Satz mit fast mitleidloser Melancholie spielen ließ. Karampini schlug sehr akkurat, leistete sich ein paar kleine Unklarheiten, aber weil sowieso nur minimal für dieses Konzert hatte geprobt werden könne, fiel manches auch im Orchester unter das Motto: so experimentell wie zu Mendelssohns Zeiten.

Großen Beifall bekam ein junges Klaviertrio (Serge Zimmer, Violine, Alexander Kovalev, Violoncello, und Soomija Park, Klavier), das zwei Sätze des Klaviertrios d-moll mit funkelndem Esprit bot. Diese kammermusikalische Einlagerung wirkte zuerst befremdlich, offenbarte aber den anstelligen Wunsch der Veranstalter, Mendelssohn als multiple Begabung zu zeigen.

Über den Rang des Violinkonzerts e-moll müssen wir nicht debattieren, er schien auch in der Interpretation von Noé Inui unvermindert auf. Der junge Mann hat Technik, Stil, Temperament. Wenn man trotzdem musikalisch etwas unterversorgt zurückblieb, lag es daran, dass dieses Konzert mit seiner serenen Eleganz nur allerbesten Musikern wirklich gelingt. Inui schlug sich tapfer.

Zum Einhören war die blasse Hymne "Hör mein Bitten, Herr" für Sopran, Chor und Orchester zwar geeignet. Karoline Rüegg (Sopran) und der Musikverein sangen solide. Doch lieber hätte man etwas aus dem "Sommernachtstraum" oder dem "Elias" gehört. So geriet der Abend als eine einzige Steigerung.

(RP)
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