Die Stimmen der Marionetten

Das Düsseldorfer Marionetten-Theater bringt am 16. Oktober erstmals Michael Endes "Die unendliche Geschichte" auf die Bühne. Damit die Puppen sprechen können, leihen ihnen Schauspieler ihre Stimmen. Und die trafen sich jetzt alle gemeinsam im Tonstudio.

"Hihihihihi" – Kerstin Kramer kichert und lacht. "Wir machen Spaß und hören niemals auf", quietscht sie. Sie reißt die Augen auf, fuchtelt mit den Armen. Kerstin Kramer spricht den Text einer der komischen bunten Clownsmotten "Schlamuffen" aus der "Unendlichen Geschichte". Doch die Schauspielerin steht nicht auf der Bühne, sondern im Tonstudio der Fachhochschule Düsseldorf. Einen Kopfhörer auf den Ohren, Mikrophon und Textständer direkt vor sich. Gemeinsam mit anderen Schauspielern und Sprechern ist sie heute ins Studio gekommen, um die Bühnenfassung der "Unendlichen Geschichte" für das Düsseldorfer Marionetten-Theater einzusprechen.

Und natürlich sind alle bekannten Figuren vertreten: Da ist Atréju, frech und witzig gesprochen von Birgit Karla Krause, die Schildkröte "Uralte Morla", der Sigrid Bode eine brüchige, müde Stimme gibt. Gänsehaut erzeugt Bernt Hahn mit seiner tiefen, ruhigen Art, den "Alten vom wandernden Berge" zu interpretieren. Den Affen "Argax" spricht Schauspieler Winfried Küppers, Schauspieler am Düsseldorfer Schauspielhaus, und regelmäßig für das Marionetten-Theater im Einsatz.

Auf der anderen Seite der großen Glasscheibe sitzen die angehenden Toningenieure der Fachhochschule an unzähligen Reglern und Schaltern. Sie achten auf die Klangqualität der Aufnahmen, während Anton Bachleitner, Leiter des Marionetten-Theaters, und Dramaturgin Sandra Zydek eher auf Betonung und Aussprache hören. Gemeinsam haben sie den Roman Michael Endes in eine Bühnenfassung für das Puppentheater umgeschrieben. Bachleitner drückt am Mischpult auf einen Knopf. So können ihn die Sprecher im Studio hören. "Bitte noch mal ein Hihihi", sagt er. Und schon heben das Gekicher und Gelächter auf der anderen Seite wieder an.

Die Szenen der "unendlichen Geschichte" nimmt das Marionetten-Theater-Team nicht chronologisch auf. Außerdem werden die Dialoge mehrfach aufgezeichnet, einzelne Sätze wieder und wieder. "Wir werden sie uns nachher anhören. Daraus werden wir später die mit der besten Qualität zusammenschneiden", sagt Anton Bachleitner. "Das ist noch eine Menge Arbeit. Denn auch Musik und Geräusche kommen dazu. Die endgültige Fassung entsteht dann erst viel später, während des Spiels mit den Puppen." Wie die Figuren einmal aussehen werden, denen sie ihre Stimme geben, konnten die Sprecher in der Fachhochschule auf großen Postern mit Zeichnungen sehen. An den echten Holzfiguren, die mit viel Liebe geschnitzt und angekleidet werden, arbeitet das Team des Marionettentheaters noch. Kerstin Kramer steht vor der Zeichnung eines Mädchens in langen Gewändern. Sie spricht nicht nur eine der Schlamuffen, sondern vor allem die kindliche Kaiserin. Einer ihrer Sprechpartner ist Martin Baltscheit, er interpretiert die Hauptrolle "Bastian Balthasar Bux". Für beide ist es der erste Einsatz beim Düsseldorfer Marionetten-Theater.

"Mir tut der Bauch weh vom Lachen", sagt Kramer nach der "Schlamuffen"-Szene. "Ich habe eine kindliche Stimme und werde daher oft für Kinderhörspiele angefragt", sagt die Schauspielerin, die unter anderem in der ARD-Produktion "Verbotene Liebe" mitgewirkt hat. "Das Marionetten-Theater kannte ich bisher noch gar nicht. Aber ich habe die Augsburger Puppenkiste als Kind geliebt und mag auch die ,Unendliche Geschichte'. Und so war das eine sehr schöne Arbeit", sagt sie.

Der Düsseldorfer Autor, Illustrator und Sprecher Martin Baltscheit kennt das Marionetten-Theater natürlich: "Ich habe mir schon das eine oder andere Stück angesehen und bewundere die liebevolle Art, mit der das Team inszeniert. Das Schöne ist: Die Stücke werden richtig lange und immer wieder gespielt." Das Ergebnis: "So werden unsere Stimmen nun praktisch unsterblich", sagt er.

(RP)
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