Der neue Bühnencomic von half past selber schuld

Auf den Theaterbühnen machen sich seit geraumer Zeit formale Auflösungserscheinungen breit, aus denen wieder neue Formen hervorgehen. Bereits vor elf Jahren hat das Düsseldorfer Künstlerduo mit dem seltsamen Namen half past selber schuld den sogenannten Bühnencomic erfunden, worunter man sich eine krude Mischung aus greller Comic-Ästhetik und holzschnittartiger Revue vorzustellen hat.

In den FFT-Kammerspielen hat das Duo nun sein neues Stück "Die Weltmenschen erobern die Welt" herausgebracht. Im Hintergrund sitzt eine zweiköpfige Band, die zwischen Kurt Weill und Pop changierende Weisen anstimmt, auf der Bühne wuseln schwarz vermummte Spieler, die bizarre Puppen führen. Eine Conferencier-Puppe mit schiefem Eierkopf und Stöckchen-Beinen flitzt auf dem Holzfahrrad herein und stellt die Protagonisten vor: "Der kleine Mann, Spitzname Hänsel" – eine fette Puppe im Vogelkäfig mit lebendem Schauspielerkopf – "Die anonyme Masse, Spitzname Gretel" – eine gesichtslose Puppe mit Einkaufswagen – und "Der Kapitalismus, Spitzname Meister Metzger" – keine Puppe, sondern ein leibhaftiger, steif herumstapfender Darsteller.

Es geht um Kapitalismus-Kritik und Occupy, serviert wird das Ganze von elf Leuten als knallige Revue. Viel passiert dabei nicht, Hänsel bleibt träge in seinem Käfig hocken, der Metzger wetzt das Messer, ein singender Schweinekopf in der Metzgertheke amüsiert und Gretel konsumiert. Die Texte sind teils gewitzt, teils banal, die grobe Ästhetik erzielt grobe Wirkungen. Am Schluss wird es dann peinlich, wenn der Kapitalismus-Metzger sich in Hanns-Martin Schleyer als RAF-Geisel mit Pappschild verwandelt. Geistreich geht anders.

(RP)
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