Der Erfinder der "Gitarrone"

Nach 20 Jahren war Arne Harder mit seinem Instrument nicht mehr zufrieden. Der Musiklehrer, der auch an der Robert-Schumann-Hochschule unterrichtet, hat immer schon gerne über den Tellerrand geguckt. Man müsste eine Gitarre mit mehr Saiten haben, dachte sich der Niedersachse, der im Rheinland heimisch geworden ist. Eine, mit der man auch die Lautenmusik der Renaissance und des Barock spielen könnte. Monatelang tüftelte Harder daraufhin an der Umsetzung seiner Idee und entwickelte ein eigenes Musikinstrument – die Gitarrone.

"Ich kam schnell auf die Idee, meiner Gitarre eine höhere und mehrere tiefe Saiten hinzuzufügen", erklärt Harder. Zusätzlich verlängerte er das Griffbrett auf 31 Bünde und fügte zwei weitere tiefe Saiten hinzu. Der passionierte Musiker probierte solange herum, bis das Instrument in seinem Kopf fertig war. Anschließend suchte er einen Instrumentenbauer, den er schließlich in Reutlingen fand: Achim-Peter Gropius ließ sich auf das Musik-Experiment ein.

Gemeinsam mit dem Gitarristen entwickelte Gropius das neue Instrument, das mit seinen zehn Saiten einen ausgesprochen dicken Hals hat. Auch das Griffbrett ist um einiges breiter und länger, als bei einer normalen Gitarre. Deswegen musste Harder einen anderen Platz für das Schallloch finden. Eine Lösung war schnell gefunden: Er versetzte das Loch seitlich an den oberen Korpusrand und schnitt auf der anderen Seite den Körper ein, damit seine Finger alle zusätzlichen hohen Töne erreichen können. Anschließend suchten Gropius und Harder nach geeigneten Hölzern für ihre Musik-Neuheit – und entschieden sich für dunkle Zirikote. Das harte Tropenholz ziert den Boden und die Seite des Instruments. Für die Decke der Gitarrone wählten Harder und Gropius helle Haselfichte aus, die Leisten sind aus geflammtem Ahorn.

Das Besondere: Die Gitarrone kann einen Tonumfang von sechs Oktaven erreichen. Die klassische Gitarre hat nur dreieinhalb Oktaven. Besonders ist auch, dass die höchsten Töne klar und hart klingen, während die untersten weich und dunkel schwingen. Deshalb eigne sich die Gitarrone ideal zum Zusammenspiel mit anderen Instrumenten. Harder: "In der Gruppe ,Annwn', in der ich seit Kurzem mitspiele, kommt das Instrument bereits erfolgreich zum Einsatz."

In den nächsten Monaten will der Musiklehrer und Gitarrist seine Erfindung an der Robert-Schumann-Hochschule vorstellen. Mit einem Konzert, das alle Möglichkeiten der Gitarrone zeigen soll: alte Musik für Laute und Theorbe, Werke für Cembalo und Klavier sowie die klassischen Stücke für Sologitarre. Am meisten freut sich Harder allerdings darauf, Werke von Johann Sebastian Bach zu spielen, ohne sie auf den Umfang der Gitarre reduzieren zu müssen. Dass er dafür neue Fingertechniken – die für beide Hände gelten – einüben muss, nimmt er in Kauf.

Denn leicht wollte er es sich mit der Erfindung der Gitarrone ja schließlich nicht machen.

(RP)
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