Demonstration in Kerpen „Hambi bleibt! Hambi bleibt!“

Kerpen · Die Aktivisten im Hambacher Forst haben am Wochenende Unterstützung von Demonstranten bekommen. Viele Menschen wollten an der Kante zum Tagebau neue Bäume pflanzen. Der Protest blieb weitgehend friedlich.

(RP) Am Sonntag soll der Protest gegen den Braunkohleabbbau im Hambacher Forst „Wurzeln schlagen“: In Tüten und Töpfen schleppen zahllose Menschen junge Bäume zur Tagebaukante. Ein Aufforstungsprogramm der eher verzweifelten Art. Die Demonstranten wollen Hunderte von Jungbäumen in bereits gerodetem Gebiet pflanzen. Die kleinen Bäume sollen zwischen die Waldgrenze und die Tagebaukante gesetzt werden.

Tausende Umweltschützer demonstrieren gegen die geplante Rodung des uralten Waldes westlich von Köln und fordern einen schnellen Ausstieg aus der Kohleverstromung. Eine Kapelle macht Musik, vorneweg schreitet ein Tubabläser. Es gibt Kaffee und Kinderschminken. „Hambi bleibt! Hambi bleibt!“, rufen die Demonstranten.

Was alle hier verbindet, ist die Sorge ums Klima. „Ich bin hier, weil ich finde, dass Kohle nicht mehr abgebaut werden sollte“, sagt Patricia Strohmaier, eine junge Kunsthistorikerin aus Köln. „Dieser Energieträger hat ausgedient, und ich verstehe auch nicht, warum man deshalb einen sehr alten Wald abholzen muss.“ Für Greenpeace spendet sie schon länger, aber das reicht ihr nicht mehr. „Man muss der Politik auch zeigen, dass man nicht einverstanden ist.“ Die Aktivisten, die seit Jahren für den Erhalt des Waldes kämpfen und deren Baumhäuser seit Tagen geräumt werden, bekommen Unterstützung aus der Mitte der Gesellschaft. Sie selbst leisten weiter erheblichen Widerstand, ketten sich zum Beispiel mit Fahrradschlössern fest.

Wie die Aachener Polizei als Einsatzleitung bestätigt, gelingt am Nachmittag rund 200 Teilnehmern, in den abgesperrten Wald vorzudringen. Zwischen der Polizei und Umweltaktivisten kommt es teilweise zu Handgreiflichkeiten und Rangeleien. Laut Polizei hätten Personen an mehreren Stellen versucht, zum Teil unter Anwendung massiver Gewalt, die polizeiliche Absperrung zu durchbrechen. „In einigen Fällen mussten die Beamten körperliche Gewalt, Schlagstock und auch Reizgas einsetzen“, heißt es am Abend. Im Bereich der Siedlungen „Oaktown" und "Gallien" versuchten die Störer bis in den Abend hinein, zu den bereits geräumten Baumhäusern vorzudringen. Auch dort hätten Beamte körperliche Gewalt und Reizgas eingesetzt.

An die Demonstranten hatte die Polizei Aachen zuvor appelliert: „Begehen Sie keine Straftaten aus der friedlichen Demonstration heraus. Friedlicher Protest wird durch uns geschützt – Straftaten konsequent verfolgt.“ Außerhalb des gesperrten Bereichs bleibt es überwiegend friedlich.

Am Samstag hatte die Polizei nach mehreren Stunden die Blockade von Baggern und zwei Förderbändern im Braunkohlekraftwerk Niederaußem in der Nähe des Hambacher Forstes beendet. Der Betrieb des Kraftwerks zeitweise behindert.

 Ein Polizist auf einem Pferd reitet auf einen Demonstranten zu.

Ein Polizist auf einem Pferd reitet auf einen Demonstranten zu.

Foto: dpa/Jana Bauch
 Botschaft für Ministerpräsident Armin Laschet: „Armin Lasset“.

Botschaft für Ministerpräsident Armin Laschet: „Armin Lasset“.

Foto: dpa/Henning Kaiser
 Demonstranten versuchen, über einen Wall in den Wald zu kommen, und werden von der Polizei gestoppt.

Demonstranten versuchen, über einen Wall in den Wald zu kommen, und werden von der Polizei gestoppt.

Foto: dpa/Christophe Gateau

Andere Aktivisten setzen sogar ihr Leben aufs Spiel: Drei Tage haben zwei Menschen laut der Feuerwehr Kerpen in einem Tunnel ausgeharrt. Sie hatten Vorräte dabei und hielten sich in einem elf Meter tiefen Schacht auf. Am Sonntagmorgen geben sie auf. In dem Tunnel sei eine lebensbedrohlich hohe Kohlenstoffdioxid-Konzentration gemessen worden, sagt die Feuerwehr. Rettungskräfte hatten Luft in den Schacht gepumpt, die Grubenwehr Herne war nach Stunden zu den Aktivisten vorgedrungen. Zuvor mussten die Retter das instabile Tunnelsystem sichern.

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