Christa Roth-Sackenheim "Dem Täter geht es meist um Macht"

Laut der Psychiaterin muss man von krankhaften Neigungen ausgehen.

Höxter (jeku) Sie sollen Menschen gefangen gehalten und so gequält haben, dass diese starben. Doch was treibt die mutmaßlichen Täter dazu? Christa Roth-Sackenheim, die Vorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Psychiater, versucht zu erklären, wie sie ticken.

Die mutmaßlichen Täter sollen die 41-Jährige zwei Monate lang festgehalten und misshandelt haben. Kann man sagen, was solche Menschen zu so einer Tat motiviert?

Roth-Sackenheim Man muss davon ausgehen, dass bei solchen planvollen Versklavungen eine krankhafte Neigung bei den Tätern besteht, anderen Menschen sadistische Erniedrigungen und Verletzungen zuzufügen. Das ist etwas, was sich oft schon in der Kindheit oder Jugend manifestiert. Oft beginnt es damit, dass zum Beispiel Tiere gequält werden. Es kommt vor mit dem Ziel der sexuellen Befriedigung, es kann aber auch ohne sexuelle Motive einhergehen.

Und was ist dann das Motiv der Täter?

Roth-Sackenheim Letztendlich geht es um Macht. Das Unterwerfen des Opfers geschieht durch körperliche oder sexuelle Gewalt, aber auch durch psychologisches "Brechen" der Persönlichkeit.

Das Ex-Ehepaar soll mit der Frau auch auf der Straße gesehen worden sein. Ist das ein Zeichen dafür, dass sie erwischt werden wollten, oder eine Machtdemonstration?

Roth-Sackenheim Nein, eher nicht. Es ist eine Form der Erniedrigung. Das Opfer steht unter der Annahme, ich werde mich nicht befreien können, und soll das sozusagen auch nach außen hin akzeptieren.

Wir haben zwei mutmaßliche Täter, den Mann, der bereits wegen Körperverletzung verurteilt wurde, und seine Ex-Frau. Gibt es in solchen Fällen in der Regel einen Anstifter und einen "Mitläufer"?

Roth-Sackenheim Grundsätzlich muss man davon ausgehen, dass es eine "Szene" für das Entführen und Versklaven von Menschen gibt. Josef Fritzl und Natascha Kampusch sind solche Fälle und wohl eher die Spitze eines Eisbergs. Es gibt häufig eine treibende Kraft, der andere wird zum "Helfer". In welchem Ausmaß zwei Täter beteiligt sind, ist nicht bekannt.

Der Mann soll bereits 1995 zusammen mit einer Komplizin seine damalige Ehefrau geprügelt, gequält und mit Säure verätzt haben. Hätte damals bereits absehbar sein können, dass er noch weiter gehen könnte?

Roth-Sackenheim Unter Umständen ja, wenn man genau hingeschaut hätte.

(RP)
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