Dormagen Dem Brandstifter auf der Spur

Dormagen · Bagger haben gestern begonnen, die durch ein gelegtes Feuer zerstörte Autobahnbrücke bei Dormagen abzureißen. Die Polizei ist zuversichtlich, den Brandstifter bald zu fassen. Die Ermittler vermuten, dass Jugendliche den Brand gelegt haben. Spurensucher des LKA sind eingeschaltet.

Dietmar Wixfort steht auf dem Dorfplatz in Nievenheim neben einem Café und verteilt mit seinen Kollegen 500 Fahndungsplakate an die Bevölkerung. Der Chefermittler der Polizei bittet um Hinweise auf Menschen, die sich seit dem Brand unter der Autobahnbrücke der A 57 bei Dormagen auffällig verhalten haben. "Wir suchen Schüler oder junge Männer, die durch Schulschwänzen oder Fernbleiben vom Arbeitsplatz aufgefallen sind, die womöglich einen erhöhten Alkoholkonsum an den Tag legen", sagt Wixfort.

Die Polizei hat gestern mit einer öffentlichen Informationsveranstaltung in Nievenheim die Fahndung nach dem Brandstifter intensiviert. Wixfort, der auch vor zwölf Jahren den Sprengstoffanschlag an der Düsseldorfer S-Bahnstation Wehrhahn untersuchte, ist optimistisch, den oder die Täter bald zu bekommen. Von einer heißen Spur möchte er zwar offiziell noch nicht sprechen, räumt aber ein, bereits einige vielversprechende Hinweise erhalten zu haben: "Wir sind uns sicher, dass wir die Tat bald aufklären werden."

Der erfahrene Kriminalkommissar vermutet die Brandstifter im direkten Umfeld des Unglücksortes. "Wir konzentrieren unsere Ermittlungen besonders auf die Ortschaften rund um Dormagen und Neuss", sagt Wixfort. Um den Brandstifter möglichst schnell zu fassen, rekonstruiert die Ermittlungskommission "A 57" mit modernster GPS-Technik sämtliche Bewegungen rund um die Brücke – auch Aktivitäten und Bewegungsprofile am Tatzeitpunkt vor elf Tagen sind so nachzuweisen. Profiler des Landeskriminalamtes (LKA), Brandermittler und Brandsachverständige sind damit beschäftigt, Spuren abzugleichen und mögliche Verbindungen zu ähnlichen regionalen Fällen aus der jüngeren Vergangenheit zu finden. "Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der oder die Täter bereits Straftaten begangen haben – wie etwa Einbrüche, Vandalismus oder Brandstiftungen", sagt ein Polizeisprecher.

Zeitgleich zur Polizeiaktion – und damit deutlich früher als geplant – haben gestern Mittag auch die Abrissarbeiten an der durch den Brand zerstörten Brücke begonnen. "Das sind wir den Autofahrern schuldig. Wir wollen den Pendlern nicht länger als nötig Staus zumuten", sagt Bauleiter Joachim Minten. Er steht auf einem Acker direkt neben der beschädigten Brücke der Autobahn 57, während sich vor ihm ein 80-Tonnen-Bagger mit einer vier Meter großen Betonzange in die Fahrbahndecke frisst. "Wir arbeiten rund um die Uhr. Am Montagmorgen wollen wir mit dem Abriss fertig sein", sagt der Bauleiter. Das 67 Meter lange und etwa 1000 Tonnen schwere Bauwerk wird nicht gesprengt, sondern vollständig mit einem Raupenbagger abgetragen. 20 Kipplaster transportieren den Bauschutt ab.

Die Autobahn 57 ist seit der Massenkarambolage am 14. Februar zwischen Dormagen und dem Autobahnkreuz Neuss-Süd komplett gesperrt. Der Verkehr zwischen Köln und Düsseldorf wird seitdem über die Bundesstraße 9 umgeleitet. Bei der Karambolage war ein 29-jähriger Mann aus Jüchen ums Leben gekommen, 13 Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Eine 35-jährige Frau liegt nach wie vor in einem künstlichen Koma, soll aber nicht mehr in Lebensgefahr sein. Bei dem schweren Unfall fuhren 15 Autos und sechs Lastwagen ungebremst ineinander. Unter der Brücke waren Kunststoffrohre angezündet worden. Der dichte Rauch nahm den Fahrern die Sicht.

Der Massenunfall ist am kommenden Donnerstag auch Thema im Verkehrsausschuss des Düsseldorfer Landtags. Olaf Lehne, Verkehrsexperte der Union, wirft der Landesregierung Versagen im Krisen-Managment vor. "Die Ampelschaltung auf der Umleitungsstrecke ist eine Zumutung", so der Politiker. Auch bei der Ausschilderung der Umleitung lasse Verkehrsminister Voigtsberger (SPD) die Pendler im Stich.

Nachdem die Brücke abgetragen worden ist, werden in der kommenden Woche zwei vorgefertigte Behelfsbrücken in die Lücke eingesetzt. Dafür muss noch ein Fundament gegossen werden. Über das Provisorium soll der Verkehr spätestens wieder ab Ostern in beide Fahrtrichtungen fließen, jedoch eingeschränkt und mit verengten Spuren. Der Neubau der Brücke kostet geschätzte fünf Millionen Euro. Es wird mit einer Bauzeit zwischen eineinhalb und zwei Jahren gerechnet. "Erst dann wird der Verkehr auf der A57 wieder so rollen wie vor dem Unglück", sagt Minten.

(RP)
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