Düsseldorf/Duisburg Bivsi ist zurück in Duisburg

Düsseldorf/Duisburg · Die 15-jährige Schülerin ist von Freunden und Bekannten am Düsseldorfer Flughafen empfangen worden. Sie war vor zwei Monaten mit ihren Eltern nach Nepal abgeschoben worden, nachdem man sie aus dem Unterricht geholt hatte.

Bivsi aus Duisburg wird am Flughafen Düsseldorf von Freunden empfangen
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Bivsi wird am Flughafen von Freunden empfangen

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Foto: Christoph Reichwein

Als Bivsi gestern Morgen gegen 7.45 Uhr mit ihrem Rollkoffer die Ankunftshalle am Düsseldorfer Flughafen betritt, fängt sie vor Freude an zu weinen. Freunde, Klassenkameraden, Lehrer und Unterstützer sind gekommen, um die 15-Jährige in Empfang zu nehmen. Es ist ein hochemotionaler Moment. Schüler der Klasse 9d des Duisburger Steinbart-Gymnasiums halten ein Transparent mit der Aufschrift "Willkommen zurück Bivsi" hoch. Manche haben Luftballons und Teddybären zur Begrüßung mitgebracht. Als erstes umarmt Bivsi ihren Bruder Biswash (22), der anders als seine Schwester in Nepal geboren und aufgewachsen ist und seit Kurzem in Deutschland lebt. Es folgen innige Umarmungen mit ihren Klassenkameraden. "Ich bin sehr glücklich, ich kann es immer noch nicht fassen, dass ich wieder hier bin", sagt Bivsi dann in die vielen Fernsehkameras, von denen sie umringt wird.

Ihre Rückkehr besiegelt das vorläufige Ende eines rund achtwöchigen Martyriums der Duisburger Familie Rana, das am 29. Mai mit der Abschiebung des im sauerländischen Lüdenscheid geborenen Mädchens und ihrer Eltern begonnen hatte. Mitarbeiter der Stadt Duisburg hatten Bivsi aus dem Unterricht geholt und sie gemeinsam mit ihren Eltern in einen Flieger nach Kathmandu gesetzt, der rund 7000 Kilometer von Duisburg entfernten Hauptstadt von Nepal - und damit einen bundesweiten Proteststurm ausgelöst.

Bivsis schnelle Rückkehr wurde durch ein sogenanntes Schülervisum ermöglicht. Damit kann sie in Duisburg ihr Abitur machen. Anschließend kann sie einen Folgeantrag stellen, um in Deutschland auch eine Berufsausbildung zu machen oder ein Studium zu beginnen. Ihre Eltern dürfen aus humanitären Gründen für die Dauer ihrer Ausbildung in Deutschland bleiben. Für sie besteht in der Zeit eine Arbeitserlaubnis. Sie würden wieder eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten, mit der sie ihr Leben ganz normal fortsetzen könnten, sagte der Anwalt der Familie.

Bivsis Eltern waren 1998 aus Nepal, wo zu der Zeit Bürgerkrieg herrschte, nach Deutschland geflohen. Die Abschiebung der Familie vor zwei Monaten war rechtmäßig und auf Veranlassung der Ausländerbehörde erfolgt. Vor vier Jahren war ihre Aufenthaltsgenehmigung ausgelaufen. Seitdem kämpfte die Familie für ihren Verbleib in Deutschland. Ihr Asylantrag war vor der Abschiebung in allen Instanzen abgelehnt worden - auch vor der Härtefallkommission des Landes, in der unter anderem Vertreter von Kirchen und des Flüchtlingsrats NRW sitzen.

Bivsis Eltern hatten 1998 bei ihrer Einreise nach Deutschland falsche Angaben zu ihrer Identität gemacht. In einer "WDR"-Reportage hatte ihr Vater erklärt, dass er das damals aus Angst vor späterer politischer Verfolgung gemacht habe. Ansonsten habe er sich in Deutschland immer an Recht und Gesetz gehalten. Die Familie galt als gut integriert und Bivsi als sehr beliebt. Ihre Mitschüler organisierten nach ihrer Abschiebung eine Demonstration, sammelten Unterschriften. Ein Benefizkonzert zu ihren Gunsten brachte 12.000 Euro ein.

Unterstützung gab es auch aus der Politik. Der Petitionsausschuss des Düsseldorfer Landtags sprach sich umgehend für eine Rückkehr des Mädchens aus. Nordrhein-Westfalens neuer Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) setzte sich persönlich für sie ein. Er sagte, dass es sich bei ihr und ihrer Familie um einen sehr komplizierten Einzelfall handele, der sich nicht verallgemeinern lasse. Stamp appellierte an den Bund, für gut integrierte Menschen wie die Ranas eine verlässliche Bleibeperspektive zu schaffen. Auch Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link (SPD) kritisierte die Gesetzeslage: "Für die Zukunft muss der Bund endlich Gesetze schaffen, die Kommunen nicht dazu zwingen, Familien wie die Ranas abzuschieben." Der Sprecher der Duisburger Grünen, Felix Banaszak, der sich für die Rückkehr der Familie eingesetzt hatte, forderte die zuständigen Behörden auf, Bivsis Eltern ein dauerhaftes Bleiberecht auszustellen. "Alles andere wäre absurd. Die jetzige Situation kann keine Dauerlösung sein", sagte er. "Wer hier geboren ist, für den ist Deutschland die Heimat."

Nun - nach ihrer Rückkehr - möchte Bivsi erst einmal in Ruhe abschalten und das Erlebte verarbeiten. Nach den Ferien wird sie wieder in der zehnten Klasse des Steinbart-Gymnasiums einsteigen. Ihr Zeugnis aus dem vergangenen Schuljahr hatte man ihr nach Nepal nachgeschickt, wo sie bei ihrer Tante in einem kleinen Dorf an den Ausläufern des Annapurna-Massivs, 200 Kilometer westlich von Kathmandu, lebte. Nun darf sie mit ihren Eltern zurück in ihre alte Wohnung in Duisburg. Das sei schön, sagt sie.

(csh)
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