b.future-Festival in Bonn Wie Journalismus konstruktiver werden kann
Bonn · Das Festival des Bonn Institutes gab am Wochenende Einblicke in konstruktiven Journalismus. Was das genau bedeutet und welche Lösungen Medienschaffende vorschlagen.
Krisen, Kriege und Klimawandel sind mediale Dauergäste. Wie kann Journalismus konstruktiv darüber berichten? Und wie wird die Gesellschaft bestmöglich miteinbezogen? Mit diesen Fragen beschäftigten sich Journalisten beim zweitägigen b.future-Festival in Bonn.
Das Festival wurde erstmals vom Bonn Institute veranstaltet, zu dessen Gründungsgesellschaftern die Rheinische Post gehört und das sich dem konstruktiven, also lösungsorientierten Journalismus verschrieben hat. Viele Vorträge der Veranstaltung in der Bonner Innenstadt waren Interessierten frei zugänglich.
Mit dabei: die Journalistinnen des Instagram-Kanals „Migratöchter“. Was mit einem Kanal für eine türkisch und kurdische Zielgruppe anfing, hat sich mittlerweile vergrößert. Heike Zahn, Melis Içten-Löffler, Kübra Idi und Özge Kabukçu vom Südwestrundfunk (SWR) widmen sich jenen Themen, die Frauen mit Migrationsgeschichte beschäftigen. Sie beleuchten kulturelle Vielfalt und Diskriminierung, wollen stärken und motivieren, erzählen sie in ihrem Vortrag im LVR-Landesmuseum. Die Journalistinnen arbeiten Jahrestage wie den des Anschlags in Hanau 2020 auf oder geben mit Kochvideos Einblicke in verschiedene Kulturen. Viele der Themen kämen in der deutschen Medienlandschaft noch zu kurz, ergänzt Zahn, die den Kanal mit mittlerweile über 30.000 Followern ins Leben gerufen hat.
Wie wichtig ein sensibler Umgang mit traumatisierten Personen ist, erklärte Irene Caselli vom Dart Center für Journalismus und Trauma in ihrer Präsentation. Menschen können unterschiedlich auf Stress reagieren. In einem Interview sei es demnach wichtig, sich Zeit für die traumatisierte Person zu nehmen, stets nach dem Konsens zu fragen und Trigger zu vermeiden.
Dass Nachhaltigkeit schon im Redaktionsalltag anfängt – etwa bei der Mülltrennung oder der Dienstreise – zeigte ein Vortrag über Klimaverantwortung. „Die Maßnahmen bekommen häufig Kritik von Kollegen. Das aber sind Schritte, die wir gehen müssen“, sagt Sonja Schwetje, Chefredakteurin des Nachrichtensenders n-tv. Der „Veggie-Day“ etwa polarisiere immer wieder, wurde aber innerhalb des Unternehmens schneller akzeptiert als erwartet. „Es kostet zwar Mühe, aber der Erfolg spornt an“, sagt Donata Dröge von RTL News.
Zudem berichteten Journalisten aus ihrem Alltag und über ihren Werdegang. Darunter Clara Pfeffer von RTL/ntv, die laut einem Branchenmagazin zu einer der Top 30 Journalisten unter 30 Jahren zählt. Im Gespräch erzählte sie, wie sie es mithilfe von Praktika, freier Mitarbeit und Volontariat bei RTL zu einer erfolgreichen Karriere als Journalistin geschafft hat. Dabei betonte sie auch, wie vielfältig die Wege sein können. „Jeder kann diesen Job erlernen“, sagte Pfeffer. Wichtig sei es, offen für den Kontakt mit Menschen zu sein und herauszufinden, was einem liegt. „Man lernt in diesem Beruf sehr viel über sich selbst“, sagte sie.
Die Wirtschafts- und Klimaredakteurin sprach aber auch über Herausforderungen. Beispielsweise, dass viele Menschen heute aufgrund zahlreicher Krisen und Kriege die Berichterstattung nicht mehr ertragen und daher abschalten. Doch wie reagiert man als Medienschaffende darauf? Für Pfeffer sei die journalistische Suche nach Lösungen, auch im Kleinen, ein gutes Ventil mit dieser gefühlten Ohnmacht umzugehen. „Es gibt kein Problem, zu dem es nicht auch eine Lösung gibt“, sagte Pfeffer.
Dem Thema widmete sich auch Spiegel-Redakteurin Susanne Amann im Gespräch mit Daniel Kraft (Bundeszentrale für politische Bildung), Ulla Fiebig (SWR) und Gordian Fritz (RTL). Ein immer größerer Teil der Gesellschaft vermeide es gelegentlich, Nachrichten zu schauen, sagte Amann. „Zehn Prozent sogar oft.“ Es seien vor allem junge Leser, die sich von Medien abwenden. In der Diskussion mit dem Publikum wurde klar: Viele Journalisten und auch Leser plädieren für eine positivere Berichterstattung, bei der auch sogenannte „Good News“ Platz finden.
Wie man überhaupt den Einstieg in den Journalismus findet, darüber informierte die Journalistenschule der Rheinischen Post. Einige Interessierte hatten sich vor dem RP-Zelt versammelt und stellten den angehenden Redakteuren Fragen: Was ist euer größtes journalistisches Ziel? Wie war euer Weg in den Journalismus? Und, ganz konkret: Wie läuft denn das Bewerbungsverfahren? Julia Rathcke, Leiterin der Journalistenschule, konnte bereits verraten: Die nächste Bewerbungsphase der Journalistenschule beginnt zum Jahresende.