Berührender Tanz aus Südkorea

Am einfachsten ist es, wenn man es schafft, den Kopf abzuschalten. Wenn man sich frei macht von der ständigen Suche nach Erklärungen. Dann erlebt man mit der Eun-Me Ahn Company und dem Tanztheater "Das Leben der Prinzessin Bari" beim Altstadtherbst einen rasanten, berührenden, mitreißenden und ein wenig verrückten Abend.

Die südkoreanische Choreografin Eun-Me Ahn nennt ihr Tanzspektakel auch "Eine Sinfonie der Künste" – ein Motto, das die Intendanten des Altstadtherbstes Christiane Oxenfort und Andreas Dahmen übernommen und dem gesamten Festivalprogramm voran gestellt haben. "Sie werden vieles sehen, was was so in Deutschland noch nicht gezeigt wurde", sagte Andreas Dahmen zur Eröffnung des Festivals vor ausverkauftem Zelt. "Das Leben der Prinzessin Bari" beruht auf einem koreanischen Märchen über eine vom Vater verstoßene Prinzessin, die bei Fischern aufwächst, ein hartes Leben führt und schließlich durch all das Leid zur Göttin erhöht wird. Mit diesem Gerüst im Kopf wird der Zuschauer hineingesogen in einen Mix aus fremder und westlicher Kultur, in einen Wirbel aus Musik und einen Strudel aus Tanz.

Sprünge, Salti, Stürze – Körper fliegen über alle Ebenen des Raumes, die Trommeln steigern sich bis zur Raserei. Mitreißende Tanzszenen wie diese werden jedoch immer wieder gebrochen durch poetische Momente. Dann stimmen die Sänger gemeinsam mit traditionellen Instrumenten wie der koreanischen Langzither oder der Fiedel Trauerlieder an, und auch, wenn man die Worte nicht entschlüsseln kann, so versteht doch jeder das Klagelied der Mutter, der man das Kind, ein unerwünschtes Mädchen, nimmt.

Eun-Me Ahn setzt prachtvollen koreanischen Roben quietschbunte Sommerkleidchen gegenüber, Anrührendes wird sofort gebrochen durch Komisches. Etwa wenn Prinzessin Bari, dargestellt von einem Mann, Luftballons gebiert, die beim Zerplatzen goldene Aliens als "Kinder" hervorbringen. Die Compagnie-Chefin glänzt in exzentrischen Auftritten etwa als buntes Kunstgeschöpf: roter Hut, roter Schleier, blaue Maske, rote Stilettos, bunte Bänder und blanke Brüste – so tanzt sie mit einem kleinen, pelzigen Dämon zum Klang einer Schelle. Das haben die meisten im Zelt tatsächlich noch nicht gesehen. Am Schluss großer Applaus für eine sympathische Tanztruppe – die einen kurzweilige, spannenden, manchmal sicher auch befremdenden Einblick in eine andere Kultur gegeben hat. Extra-Klatscher (auch zum Wieder-Warmwerden, die Kälte kriecht unerbittlich durch die Zeltwände) für die Musiker.

(RP)
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