Duisburg "Adolf, frag bitte nicht nach"

Duisburg · Der ehemalige Duisburger Oberbürgermeister verteidigte seine Verwaltung im Loveparade-Prozess.

Der ehemalige Duisburger Oberbürgermeister verteidigte im Loveparade-Prozess seine Verwaltung.

Im Vorfeld der Loveparade soll niemand Druck auf die Stadt Duisburg ausgeübt haben, die Technoveranstaltung im Kulturhauptstadtjahr 2010 unbedingt zu genehmigen. "Es gab keinen politischen Druck. Weder von einer Partei noch von einer Person. Und auch von keiner anderen Seite", sagte der ehemalige Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) gestern am zweiten Tag seiner Zeugenvernehmung im Loveparade-Prozess. Bei der Katastrophe waren am 24. Juli 2010 21 Menschen gestorben; 650 waren verletzt worden.

Der 62-Jährige, der nicht zu den zehn Angeklagten gehört, verteidigte vehement seine damalige Verwaltung. "Ich bin bis heute felsenfest davon überzeugt, dass die Stadt Duisburg bei der Genehmigung der Loveparade keine Fehler gemacht hat", sagte Sauerland. Es sei nach Recht und Gesetz entschieden worden. Die Fehler seien an anderer Stelle im Veranstaltungsablauf gemacht worden.

Sauerland bekräftigte erneut, dass er selbst in das Genehmigungsverfahren nicht direkt eingebunden gewesen sei. Das sei Angelegenheit der Fachlichkeit, der zuständigen Dezernate gewesen. "Ich habe mich nicht aus Feigheit rausgehalten." Vielmehr habe ihm die nötige Fachkompetenz gefehlt, um sich einzumischen. "Es bestand für mich nie ein Grund, an den Aussagen meiner Beigeordneten zu zweifeln." Auch nicht in dem Fall, als sein Rechtsdezernent und Loveparade-Koordinator Wolfgang Rabe ihn zu einer Nachfrage zu den erwarteten Besucherzahlen sagte: "Adolf, frag bitte nicht nach. Ich kann dir aber versichern, alles ist korrekt." Damit habe er sich zunächst begnügt.

Später erklärte Rabe Sauerland, dass die Stadt eine Verschwiegenheitsklausel unterschreiben musste, in der sie dem Veranstalter Lopavent zusicherte, öffentlich nichts über die Besucherzahlen zu sagen. So verkündete der Veranstalter, dass man mit einem Millionenpublikum rechne, obwohl man intern wusste, dass es vermutlich nur 250.000 Besucher werden dürften. "Dass die Diskrepanz so groß war, hätte ich nicht gedacht", sagte Sauerland.

"Es tut mir leid für alle, die ihre Kinder verloren haben und die bis heute darunter leiden", sagte er zu dem Vater eines Todesopfers. Auf die Frage, warum er sich nie entschuldigt habe, meinte er: ""Eine Entschuldigung ist nicht adäquat für dieses Ereignis." Ein Nebenklage-Anwalt fragte, ob er sich persönlich für die Katastrophe verantwortlich fühle. "Diese Frage beantworte ich nicht", so Sauerland.

Opferanwalt Julius Reiter, der viele Hinterbliebene vertritt, kritisierte Sauerland dafür, dass er so wenig Kenntnis über den Genehmigungsprozess gehabt haben will. "Das ist unglaublich. Ich wundere mich, dass er sich mit so wenig Kenntnis überhaupt so lange als Oberbürgermeister halten konnte."

(csh)
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