Festnahmen in Bayern: Spione sollen für Russland US-Einrichtungen ausgespäht haben
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Aachen Sieben Festgenommene am Abend wieder frei

Aachen · Ein SEK-Einsatz in Alsdorf endete gestern ergebnislos. Bei den Verdächtigen erwies sich ein Terrorverdacht als unbegründet.

Aachen: Sieben Festgenommene am Abend wieder frei
Foto: Vera Weber

Die Menschen in Alsdorf bei Aachen werden den gestrigen Tag wohl noch lange in Erinnerung behalten. Gegen 9.30 Uhr am Morgen fahren mehrere Einsatzwagen der Polizei vor, die Scheiben abgedunkelt, im Schlepptau Notarzt- und Krankenwagen. Polizisten des Sondereinsatzkommandos mit heruntergezogenen Sturmhauben und Maschinenpistolen steigen aus. Vor dem Jobcenter werden zwei Frauen und ein Mann mit ausländischen Pässen festgenommen. Nach einem Zeugenhinweis soll die Polizei die drei zuerst observiert haben. Dann griffen sie vor dem Jobcenter zu. "Die Personen leisteten keinen Widerstand. Sie schienen mir völlig überrumpelt zu sein", sagte eine Anwohnerin.

Später wiederholt sich das Prozedere in einem anderen Stadtteil. AuDort werden in einem Mehrfamilienhaus vier Menschen festgenommen. Sie hatten sich auf dem Speicher versteckt. Der Verdacht: Alle sollen etwas mit den Anschlägen von Paris zu tun haben, möglicherweise befindet sich der mit internationalem Haftbefehl gesuchten Salah Abdeslam unter ihnen, der Bruder eines der Selbstmordattentäter von Paris. Am Nachmittag aber gibt Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) Entwarnung: Einen "engsten Zusammenhang" zu den Tätern von Paris gebe es nicht, erklärte er. Kurz darauf wurden alle Verdächtigen freigelassen. "Wir haben keine Erkenntnis, dass die Personen mit dem Anschlag in Verbindung stehen", sagte ein Polizeisprecher.

Die Verkäuferin eines Discounters soll, so kursiert es, den mit internationalem Haftbefehl gesuchten Salah Abdeslam erkannt haben; sie informierte die Behörden. Der Gesuchte befindet sich aber nicht unter den Festgenommenen. Abdeslam war vor rund zwei Monaten in Deutschland und Österreich. Der 26-Jährige sei am 9. September aus Deutschland kommend mit zwei Begleitern nach Oberösterreich eingereist, sagte gestern ein Sprecher des österreichischen Innenministeriums. Abdeslam soll den VW Polo gemietet haben, mit dem die Attentäter zur Pariser Konzerthalle "Bataclan" fuhren, wo sie fast 90 Menschen töteten. Sein Bruder Brahim Abdeslam hatte sich am Freitag in einem Pariser Café in die Luft gesprengt. Salah Abdeslam hat seinen Wohnsitz in Brüssel.

De Maizière betonte, es bestehe weiter die Sorge, dass einer der Täter in Nachbarländer Frankreichs fliehe. Daher sei es richtig, verstärkte Grenzkontrollen weiter aufrechtzuerhalten. Die Behörden gehen derzeit jedem Hinweis nach. In diesem Zusammenhang ist auch die Festnahme eines 39-jährigen Algeriers Samstagnacht in einer Flüchtlingsunterkunft in Arnsberg zu sehen. Er soll mit Insiderwissen über die Pariser Attentate geprahlt haben. "Der Algerier hat uns gegenüber vor ein paar Wochen erzählt, dass er früher schon drei Jahre in Aachen gelebt habe", sagte Hans Wulf, Leiter der Flüchtlingseinrichtung. Unklar ist, warum der Mann dann zuletzt in einem Arnsberger Flüchtlingsheim unterkommen konnte. Wulf: "Das gibt es schonmal, dass Ausländer, die längst in Deutschland leben, jetzt im Flüchtlingsstrom untertauchen." Der Arnsberger Oberstaatsanwalt Werner Wolff sagte gestern: "Der Algerier befindet sich nach wie vor in Haft, und wir haben gegenwärtig auch keinen Anlass, die Aufhebung des Haftbefehls gegen ihn zu beantragen." Er sei inzwischen mehrfach verhört worden. Mit welchem Ergebnis, wollte die Staatsanwaltschaft nicht sagen.

Der Algerier war ins Visier der Strafverfolgungsbehörden geraten, nachdem zwei Syrer aus derselben Unterkunft von dessen Einlassungen zum Pariser Terror berichtet hatten. Nach Auskunft des Arnsberger Heimleiters Hans Wulf gibt es inzwischen weitere Zeugen, die ausgesagt haben, dass der Algerier das Pariser Attentat schon Tage im Voraus angekündigt habe. "Wir werden auch das dem Staatsanwalt zur Kenntnis geben", kündigte Wulf an.

In Alsdorf rückten die SEK-Beamten am Abend wieder ab. Zurück blieben die Menschen im Viertel, zum Teil bedrückt, manche auch verstört. Einige mussten ihre Wohnungen verlassen, etliche Straßen waren stundenlang gesperrt. In der Kneipe von Harald Porter trafen sich am Nachmittag viele der Vertriebenen. "Es herrschte eine unheimliche Stimmung, alle hatten ein mulmiges Gefühl. Niemand konnte glauben, dass einer aus unserer Nachbarschaft etwas mit den Anschlägen zu tun haben soll", sagte Porter. Er sollte recht behalten.

(RP)
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