Planungspolitik Linnes Zwischenruf

Krefeld · Krefelds früherer Planungsdezernent Martin Linne, der ins Rathaus nach Duisburg gewechselt ist, wirft Krefeld vor, seit Jahrzehnten in der Siedlungspolitik zu zögern und zu zaudern. Duisburg ist anders, sagt er und will von Krefelds Kurs profitieren.

 Jens Voss

Jens Voss

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Man hört schon, wie Martin Linnes Kritik an der Wohnungsbaupolitik Krefelds abgeschmettert wird: Jetzt habe er gut schimpfen, – hätte er mal früher dafür gekämpft, als er noch Verantwortung in Krefeld hatte, und so weiter. Doch so einfach sollte man es sich nicht machen.

Zunächst: Linne, der bekanntlich in diesem Jahr als Planungsdezernent von Krefeld nach Duisburg wechselte, hat sehr wohl gekämpft, als er in Krefeld Verantwortung trug. Er hat versucht, Flächen in die Entwicklung zu bringen. In Forstwald etwa oder im Bereich Neuer Weg am Kaiser-Wilhelm-Park. Er stieß aus unterschiedlichen Gründen auf Vorbehalte. Jedenfalls: Er muss sich nicht den Vorwurf gefallen lassen, er habe es nicht versucht.

Sodann: Linne sagt sehr dezidiert, dass Duisburg offensiv Flächen entwickeln und dabei auch von Krefelds Zurückhaltung profitieren werde. Damit hat Krefeld schon zwei Städte in der Nachbarschaft, die erklärtermaßen offensive Wohnbaupolitik betreiben: Duisburg und Mönchengladbach. Denn in Gladbach hat die Verwaltung erst in diesem Monat aufgrund eines Wohnungsmarktberichts vorgeschlagen, soviel neuen Wohnraum zu schaffen, dass die Bevölkerung der Stadt bis 2038 von 262.000 auf 280.000 Bewohner wächst. Wichtig dabei: Gladbach will „qualitativ“ wachsen, also gut ausgebildete Menschen mit sicheren Jobs gewinnen und so die Mittelschicht in der Stadt stärken. Beide Städte, die wie Krefeld von hoher Arbeitslosigkeit geplagt sind, wollen also Wohnungsbaupolitik als Instrument für Sozial- und Strukturpolitik nutzen. Krefeld will zumindest nicht über das jetzt definierte Maß hinaus neue Flächen ins Auge fassen.

So schält sich folgendes Bild heraus: Duisburg und Mönchengladbach setzen jetzt alles daran, vom Überfluss an Menschen im Rheinland zu profitieren – Krefeld tut das Nötigste. Damit zeichnet sich auch jetzt schon ab, wer in zehn Jahren Gewinner der Zuwanderung ins Rheinland sein wird. Krefeld jedenfalls nicht.

Die Krefelder Verwaltung hat geltend gemacht, dass man gar nicht mehr Baugebiete entwickeln könne als die, die schon in der Planung seien; man habe auf Jahre alle Hände voll zu tun. Nun, Linne hält dem entgegen, es ginge doch -– wenn man es nur mit Verve betreibt. Stimmt’s? Das ist von außen schwer zu beurteilen. Soviel lässt sich sagen: Gladbach und Duisburg wollen ein hohes Tempo vorlegen, Gladbach will immerhin um rund 20.000 Menschen wachsen.

Fragt man sich: Was ist in deren Rathäusern und Räten anders als in Krefeld? Ist es am Ende doch eine Frage der Verve? Jens Voss

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