Wohntrends Teetrinken auf ostfriesische Art

In der kalten Jahreszeit lassen sich viele Menschen gern einen heißen Tee schmecken. Die Ostfriesen zelebrieren den Moment mit Wölkchenlegen und Friesentorte.

Die Ostfriesen sind die Weltmeister im Teetrinken.

Die Ostfriesen sind die Weltmeister im Teetrinken.

Foto: Barbara Neveu/Shutterstock.com

<p>In der kalten Jahreszeit lassen sich viele Menschen gern einen heißen Tee schmecken. Die Ostfriesen zelebrieren den Moment mit Wölkchenlegen und Friesentorte.

In der kalten Jahreszeit lassen sich viele Menschen gern einen heißen Tee schmecken. Diesen Moment der Ruhe kann man nach norddeutscher Tradition mit Wölkchenlegen und Friesentorte zelebrieren.

Kalte Luft sorgt für rote Wangen, draußen wird es früh dunkel. Da steigt die Lust auf eine gemütliche Teestunde mit einer Kanne auf dem Stövchen und dampfendem Tee in der Tasse. Die Weltmeister im Teetrinken sind die Ostfriesen mit rund 300 Liter Tee pro Kopf und Jahr, gefolgt von Kuwait und Irland. Die Briten kommen auf Platz sechs mit rund 213 Litern jährlich. "Der Durchschnittsdeutsche trinkt rund 27 Liter im Jahr", sagt Monika Beutgen, Geschäftsführerin des Deutschen Teeverbandes.

Bei den Ostfriesen kommt Tee seit 400 Jahren nicht aus der Mode. Ihre eigene Mischung namens Ostfriesentee enthält stets mindestens 50 Prozent Assamtee – das kräftige, vollmundige Aroma passt zu Wind und tosendem Meer. "Die andere Hälfte sind Tees aus anderen Anbaugebieten wie etwa Sri Lanka", erläutert Beutgen.

Fünfmal am Tag eine Tasse Tee

Aufgebrüht wird das Heißgetränk zum Frühstück, dann gegen 11 Uhr als "Elführtje", gegen 15 Uhr, zum Abendbrot sowie oft auch vor dem Schlafengehen. Dabei wird erst eine Teekanne aus Porzellan heiß ausgespült und dann pro Person ein kleiner Teelöffel loser Tee hineingegeben – und immer noch ein Löffel zusätzlich. Darauf kommt ein wenig kochendes Wasser, so dass ein kräftiger Sud entsteht. Er wird nach fünf Minuten erneut mit kochendem Wasser übergossen. "Und zwar eine Tasse pro Person, plus eine Tasse extra", erklärt Anke Zimmer, Führerin im Ostfriesischen Teemuseum in Norden.

In dünne Porzellantässchen legt nun jeder ein Stück "Kluntje" – ein dickes Stück hellen Kandiszucker. Er knistert, wenn er mit heißem Tee übergossen wird. Dann folgt eine echte Ostfriesendisziplin: ein Wölkchen legen. Das passende Werkzeug ist der "Rohmlepel", der Rahmlöffel –ein kleiner Metalllöffel mit tiefer Kelle. "Auf ihn gibt man etwas Sahne und lässt sie am Tassenrand von links oben nach links unten in den Tee laufen", erläutert Anke Zimmer.

Wölkchen legen - eine ostfriesische Kunst

So fällt die Sahne erst auf den Tassenboden, steigt dann auf – und sieht aus wie ein Wölkchen. "Dass die Sahne links herum in den Tee gefüllt wird, entspricht dem Anhalten der Uhr. Schließlich ist die Teetied eine Pause", erklärt die Expertin. Wer Tee, Sahne und Kluntje umrührt, gilt als Banause. Denn dieser Genuss ginge verloren: Beim Trinken benetzt erst die kühle Sahne den Gaumen, es folgt der kräftige Tee, das furiose Finale bildet die Süße.

Auch die Nordfriesen haben gern "einen im Tee": Sie geben in ihren Tee einen Schuss "De geele Köm", ein Kräuter-Gersten-Destillat aus Deutschlands Norden. Alternativ darf es Rum sein. Ihre Teetied ist ohne Friesentorte nicht komplett, einen Hüftschmeichler aus Pflaumenmus und Schlagsahne zwischen zwei Schichten Blätterteig. "Auf den Blätterteig-Boden gebe ich etwas Mürbeteig, da das Mus den Boden sonst aufweichen würde", rät Christian Portée, Küchenchef des "Benen-Diken-Hof", einem Traditionshotel in Keitum auf Sylt.

Das Blätterteigdach schneidet er vorab in Dreiecke, damit die Torte beim Anschneiden nicht zu Matsch wird. Friesenwaffeln sind ähnlich gehaltvoll: Zu frisch gebackenen Waffeln reicht man Rote Grütze, Marmelade oder Pflaumenmus sowie mit Vanillezucker abgeschmeckter Schmand.

Löffel in Tasse - kein Tee mehr

Einfach ist die Zubereitung von Friesenkeksen. "Das sind runde Plätzchen aus Mürbeteig, für den Zucker, Mehl und etwas Ei verrührt werden", erklärt Portée. "Man kann zum Verfeinern Rum oder Vanille hinzugeben." Wenn es weihnachtlich sein solle, Zimt, Sternanis und Kardamom. Der Teig wird etwa zwei Finger breit zu einer Rolle geformt, diese in Scheiben geschnitten, auf ein Backblech gelegt und gebacken.

Die Friesen haben ihr eigenes Dekor für Geschirr: "Die ostfriesische Rose in Rot sowie das Strohblumendekor in Kobaltblau, auch Friesenblau genannt", sagt Anke Zimmer. Die Ostfriesen füllen die Tässchen meist dreimal, dann wird der Löffel in die Tasse gestellt – das Zeichen, dass kein weiterer Tee gewünscht ist. Bis zur nächsten Teetied.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort