Mein grünes Wohnzimmer, Teil1 Der Balkon - ein Sommerabendtraum

Düsseldorf · Ohne ihn ist eine Wohnung nur schwer zu vermieten oder zu verkaufen, denn vor allem für Städter ist er ein kleines Stück vom grünen Glück. In unserer neuen Serie widmen wir uns dem Balkon.

 Der Balkon zählt zu den liebsten Aufenthaltsorten der Deutschen.

Der Balkon zählt zu den liebsten Aufenthaltsorten der Deutschen.

Foto: Shutterstock.com/ Yulia Grigoryeva

Klaus Rodenkirchen weiß, was ein Zuhause haben muss. "Eine Wohnung ohne einen Balkon ist keine Wohnung", sagt der Makler, der dem Vorstand im Bezirksverband Düsseldorf des Rings Deutscher Makler (RDM) angehört. Denn seiner Erfahrung nach spielt heutzutage der Balkon beim Kauf oder bei der Vermietung einer Immobilie mit die größte Rolle. "Eine Wohnung ohne die Möglichkeit, einmal an die frische Luft zu kommen und vor die Türe zu treten, bekommen Sie nur ganz schwer los." Auf die Größe und die Ausrichtung des Balkons legen die Wohnungssuchenden gar nicht so viel Wert. "Eine Tiefe von einem Meter sollte es natürlich schon sein, damit man draußen auch sitzen kann", stellt Rodenkirchen fest. Wenn Altbauten modernisiert würden, bekämen sie in der Regel auch einen Balkon. Die Deutschen lieben Parkett und hohe Decken, aber nichts lieben sie so sehr wie den Balkon.

Denn er ist der Traum des Sommerabends, wenn der Tag langsam abkühlt, die Stickigkeit aus der Wohnung zieht und die müden Augen statt auf grauem Beton auf Blumenkästen voller Geranien ruhen oder auf einer gepäppelten Hortensie oder Kamelie. Laut einer Umfrage besaßen 2014 mehr als 56 Millionen Menschen im Land einen Balkon oder eine Terrasse. Die Deutschen sind keine Stubenhocker. Sie bleiben gerne draußen - und dabei ist es egal, ob es sich bei dem Freisitz um einen Balkon handelt, um eine Terrasse, eine Loggia oder auch nur um ein stabiles Dach eines Nebengebäudes, auf das man durch ein Fenster der Wohnung gelangt.

Die Grundfläche des Balkons wird in der Regel nur zur Hälfte bei den Quadratmetern einer Wohnung berücksichtigt. Doch verdoppelt sich das Glück über ein neues Zuhause, wenn die Quadratmeter der Freiluftfläche zweistellig sind. Und wenn der Grundriss dann noch eher ein Quadrat statt einen Schlauch zeigt und der Blick gen Süden, Westen oder Osten geht - dann ist der Stadtmensch glücklich. Es ist das Tor zur kleinen Freiheit und die Erlaubnis, auf die Frage "Wo bist du?" antworten zu dürfen: "Draußen!"

In der luftigen Höhe des zweiten, dritten oder siebten Stocks entdecken Menschen ohne Garten ihren grünen Daumen. Sie ziehen Blumen und Erdbeeren, lassen Efeu und Wein ranken, bauen sogar Gemüse an. Seitdem Urban Gardening - das Gärtnern in der Stadt - ein Trend geworden ist, werden Tomaten gezogen, wachsen Gurken aus Hängeampeln, und in einem stabilen Jute- oder Plastiksack vermehren sich im Dunkeln Kartoffeln. Es reicht immer nur für eine kleine Ernte, aber es ist die eigene. Und der Frust ist groß, wenn es plötzlich Mitbewohner gibt, die nicht so schnell loszuwerden sind: klebrige Blattläuse auf Salat oder gefräßige Raupen in der Stockrose. Man will zwar einen grünen Dschungel, aber bitte ohne Raubtiere! Gerngesehene Gäste sind hingegen Bienen und Hummeln, die dank des blühenden Lebens auf vielen Balkonen ein reich bestücktes Büfett vorfinden. Die Großstadt brummt - und summt.

Deshalb widmen wir uns in der neuen Serie "Mein grünes Wohnzimmer" dem Balkon. Er kann Idylle sein in einer hektischen Stadt, ein Rückzugsort. Ein grünes Paradies und ein Ort, an dem man Gäste bewirtet und eng zusammenrückt, damit alle Platz finden. Und wer einen Balkon hat und auf ihm nur Getränkekisten lagert oder einen Schuhschrank aufgestellt hat, der hat das Potenzial nicht erkannt. Vielleicht bringt unsere Serie diese Leute auf Ideen, wie sich der Platz erfüllender nutzen lässt.

(RP)
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