Wüstenreisen im Land des Weihrauchs

Die legendäre Rub al-Khali, das leere Viertel, wird jetzt von Wüstenfreun-den erschlossen. Dort zeigt sich Oman von seiner urwüchsigen Seite.

Salalah Weihrauch und Myrrhe, Kamele und Gewürze, Ozeane und Dhaus, Forts und Viehmärkte: So haben schon viele Reisende den Oman kennengelernt. Doch es gibt auch eine urwüchsige Seite des schönen Landes im Südosten der arabischen Halbinsel: die Wüsten. Kurze Abstecher in die Wahiba Sands von der Hauptstadt Muscat aus standen schon längere Zeit auf den Reiseprogrammen. Sogar Luxus-Camps und Vorzeige-Beduinenfamilien sind dort zu finden. Ursprünglicher ist allerdings die Rub al-Khali, übersetzt: "das leere Viertel".

Diese mit 650 000 Quadratkilometern größte zusammenhängende Sandwüste der Erde erstreckt sich über den Oman weit hinein nach Saudi-Arabien und in den Jemen. Desert-Reisen Frankfurt hat jüngst eine Pilotreise durch die omanischen Ausläufer der Rub al-Khali unternommen. Diese von dem algerischen Tuareg Abdelkader Touhami gegründete Reisegesellschaft ist auf Wüstenexkursionen unter weitgehend authentischen Bedingungen spezialisiert. So wird in Algerien mit den einheimischen Tuareg durch die Wüsten gewandert und unter dem freien Himmel geschlafen, im Tschad mit den dortigen Tubu-Nomaden mit Geländewagen die menschenleeren, archaischen Landschaften erkundet.

Die Rub al-Khali hat einen legendären Ruf. Doch so leer, gefährlich und unwegig, wie sie zu Zeiten des englischen Forschers Wilfried Thesiger war, ist sie zumindest in ihren Ausläufern im Oman schon längst nicht mehr. Thesiger hatte die Rub al-Khali Mitte der 1940er Jahre durchquert. Berühmt wurde er durch seinen Reisebericht "Arabian Sands" (deutsch: "Die Brunnen der Wüste"), ein Werk, das auch von den kunstvollen Fotos der Beduinen lebt. Denn diese gibt es heute nicht mehr. Wüstenreisen, wie jetzt die Pilottour in die Rub al-Khali, können bestenfalls noch von ehemaligen Beduinen begleitet werden. Denn die Omani der Neuzeit sind stolz auf die erreichte Entwicklung und betrachten ihre Beduinenzeit als rückständige Vergangenheit. Im Tourismus eigentlich zu Hause, erkennen die Omani aber langsam auch die Bedeutung ihrer Wüste, die gestressten Europäern eine Rückbesinnung auf sich selbst und ein unverwechselbares Schöpfungserlebnis zu bieten vermag. Den Stolz auf ihre eigene Wüste erlernt das ehemalige Beduinenvolk nun neu durch die Reisenden aus Europa.

Da der Oman aber als eines der Öl produzierenden Länder nicht arm ist, hat auch die Infrastruktur der Moderne vor der Rub al-Khali nicht Halt gemacht. Absurd: Pisten durch die Wüste werden sogar von Überholverbotsschildern gesäumt, manche von Wanderdünen verweht. Doch immer noch ist die Rub al-Khali auch ein Meer ohne Wasser, aber dafür mit unermesslich viel weichem Sand. Der wirft sich durch den steten Wind wellenförmig in kleinen Dünen und riesigen Dünenbergen auf. Abenteuerlich ist es, sich den Weg durch dieses Sandmeer zu bahnen; fantastisch die Nächte unter sternenklarem Himmel zu verbringen. Am Lagerfeuer, begleitet vom Duft des Weihrauches, der ausgangs der Wüste im Dhofar gewonnen wird, entdeckt dann auch das ehemalige Beduinenvolk wieder etwas von seinen Wurzeln. Und die Europäer erkennen voller Begeisterung, wie kurzweilig ein Abend am Lagerfeuer ist, wie gut sie im Freien schlafen, und sie staunen, wie abwechslungsreich "immer wieder Sand" zu den unterschiedlichen Tageszeiten sein kann.

Auch absolute Besonderheiten bietet die Rub al-Khali. Nur dort auf einer Ebene und am Sinai finden sich die vulkanischen Geoden. Das sind exakt rundgeformte Gesteine, die Gasblasen in der Lava gebildet haben und durch Erkalten entstanden sind. Klopft man sie auf, dann entfaltet sich ein Inneres aus strahlendem Kristall oder prachtvollem Achat.

Oft treffen die Reisenden auch Kamelherden in der Rub al-Khali an. Die Dromedare dort zeichnen sich durch ein schwarzes Fell aus. In einem Hirtenzelt wird der deutschen Gruppe Kamelmilch angeboten, ein nahrhafter, fetter, stärkender Trunk. Und Kamelfleisch gibt's dann am freitäglichen muslimischen Feiertag in einem schmackhaften Eintopf, scharf gewürzt mit der ganzen Palette der orientalischen Essenzen.

Einen Kontrast, der zugleich eine wunderbare Ergänzung ist, bieten dazu die Abstecher an die Küstenstrände bei Muscat und im Süden bei Salalah. Meer und Wüste beeindrucken und berühren mit ihrer Naturgewalt und -schönheit gerade die Stadtmenschen aus den westlichen Hemisphären immer wieder tief. Im Schlafsack mit Blick auf den klaren Sternenhimmel zu liegen, dem Meeresrauschen zu lauschen, den salzigen Duft einzuatmen, zuvor frischen Ozeanfisch am Lagerfeuer grillen und genießen: Das sind Erholung und auch Erlebnis pur.

Städtereisenden ist der Oman seit langer Zeit bekannt, auch die durch Straßen gut erreichbaren Berge und Bergdörfer. Die Wüsten und insbesondere die Rub al-Khali sind es wert, von den Einheimischen wiederentdeckt und von einem sanften, der Umwelt auch zahlenmäßig angepassten Tourismus entdeckt zu werden.

Der sollte dann aber auch tunlichst das Überholverbot in den Wanderdünen beachten.

(RP)
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